Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung hat ausgerechnet, dass der deutsche Staat wegen der niedrigen Zinskosten seit Anfang 2010 um rund 100 Milliarden Euro beziehungsweise gut drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts entlastet worden ist. Diese Summe lasse sich zumindest teilweise direkt auf die Euro-Krise zurückführen: „Diese Einsparungen übertreffen die Kosten der Krise – selbst dann wenn Griechenland seine Schulden komplett nicht bedienen würde.“ Der deutsche Anteil an den bisherigen Rettungskosten für Griechenland wird auf rund 90 Milliarden Euro beziffert.
Im Zuge der Euro-Krise drifteten die Zinskosten im Euro-Raum extrem auseinander – zu Gunsten Deutschlands. Investoren trauten Deutschland stets zu, seine Schulden zu bezahlen, fürchteten aber um immer mehr Euro-Länder. Erst Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) machte dem Spuk am 26. Juli 2012 ein Ende. Auf seiner berühmt gewordenen Londoner Rede sagte er, dass die EZB alles in ihrer Macht stehende tun werde, um den Euro zu retten. „Und glauben Sie mir, es wird reichen“, fügte er für alle Investoren hinzu, die damals gegen den Euro-Raum wetteten.
Und es reichte. Die Renditen zehnjähriger Anleihen aus Spanien und Italien liegen aktuell bei nur noch bei etwas über anderthalb Prozent und die portugiesischer bei 2,5 Prozent. Vor Draghis Rede im Sommer 2012 lagen die Renditen zehnjähriger Anleihen aus Italien bei 6,5 Prozent, in Spanien waren es 7,6 und in Portugal sogar elf Prozent. Irland, Portugal und Spanien haben sich aus der Krise befreit, lediglich Griechenland ist noch auf Hilfskredite der anderen Euro-Länder angewiesen, und Investoren verlangen im Handel für zehnjährige griechische Bonds eine Rendite von 7,9 Prozent.
Dass die Renditen in den meisten Ländern so stark gesunken sind, liegt an Reformen in den Ländern und daran, dass Draghi seinen Worten Taten folgen ließ. Die EZB hat die Möglichkeit geschaffen, gezielt Anleihen einzelner Euro-Staaten zu kaufen. Dieses Programm musste sie aber gar nicht nutzen. Allerdings kauft sie über ein anderes Programm dennoch seit März 2015 Anleihen, und zwar von allen Euro-Ländern - aufgeteilt nach einem festen Schlüssel. Dazu kommen Käufe von gedeckten Bankenanleihen wie deutschen Pfandbriefen und Käufe von verbrieften Wertpapieren der Banken. Insgesamt 60 Milliarden Euro nimmt die EZB dafür jeden Monat in die Hand – und das wird noch bis mindestens März 2017 so gehen.