Anleihen Hybridpapiere bieten traumhafte Erträge

Wer bei der Geldanlage bereit ist, ein Risiko einzugehen, kann mit Hybridpapieren von VW oder Bayer noch richtig Zinsen abkassieren.

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Aspirintablette von Bayer Quelle: dpa

Die Gewinne sind traumhaft, die Adressen solide: Eine Anleihe, die Bayer begeben hat, wirft derzeit eine Rendite von gut drei Prozent ab, Volkswagen bietet aktuell 4,7 Prozent, der Energieversorger EnBW verspricht Anlegern sogar 6,8 Prozent.

Solche Superprofite gibt es in Zeiten der Tiefstzinsen naturgemäß nicht umsonst. Bei den drei Bonds handelt es sich um nachrangige Anleihen, sogenannte Hybrid-Anleihen. Inhaber dieser Zwitter-Bonds aus Anleihe und Aktie haften ebenso wie Aktionäre und Gesellschafter. Geht das Unternehmen pleite, bekommen die Gläubiger erst Geld aus der Konkursmasse, wenn die Forderungen der Banken und der Inhaber anderer Anleihen vollständig befriedigt sind. Meist ist dann nichts mehr übrig. Weil das Totalverlustrisiko mit drin ist, bieten Hybrids oft zwei- bis viermal so hohe Renditen wie normale Anleihen derselben Emittenten.

Wegweiser zum Zins

Die rentierlichen Zwitter-Anleihen sind für Privatanleger geeignet – sofern sie die nötige Erfahrung mitbringen, um Risiken angemessen beurteilen zu können. Skeptisch sollten die Investoren bei Hybrids von Banken sein: Da gab es in den vergangenen Jahren böse Überraschungen.

Überschaubar sind die Risiken hingegen bei Großunternehmen aus der Industrie mit erstklassiger Bonität. Von Bayer über Siemens bis VW begeben die Emittenten zunehmend Zwitter-Anleihen mit anlegerfreundlicher Stückelung von 1000 Euro. Nicht zuletzt dank der lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, die die Zinsen auf den Grenzwert null gedrückt hat, erleben die Hybrids derzeit einen steilen Aufschwung.

Emissionen europäischer Hybridanleihen

2015 haben gleich fünf deutsche Unternehmen Zwitter begeben – Bayer, Bertelsmann, RWE, VW und der Logistikspezialist VTG. Ausgestattet sind die Anleihen in der Regel mit ansehnlichen Zinskupons. Die drei Hybrids, die Bertelsmann, RWE und VW in den vergangenen Monaten begeben haben, werden – je nach Laufzeit der einzelnen Tranchen – jeweils mit bis zu 3,5 Prozent verzinst. Zum Vergleich: Bei normalen Firmen-Bonds müssen solide Emittenten meist nur Zinsen von rund einem Prozent über mehrere Jahre zahlen.

Warum aber zeigen sich die Unternehmen so großzügig? Die Antwort: Hybridanleihen werden von den Ratingagenturen teilweise als Eigenkapital anerkannt; üblich ist eine Quote von 50 Prozent. „Unternehmen können mit der Ausgabe solcher Bonds also ihre Bilanz verbessern“, sagt Klaus Fröhlich, bei Morgan Stanley für Global Capital Markets in Deutschland verantwortlich. Mit mehr Eigenkapital bekommen Unternehmen bei den Banken leichter Kredit und können normale Bonds günstiger begeben.

Höhere Zinsen als Entschädigung für das höhere Risiko

Im Gegenzug müssen die Emittenten bei Hybrids höhere Zinsen bieten, mit denen Investoren für das höhere Risiko entschädigt werden. „Die Höhe der Aufschläge hängt von der Laufzeit der Bonds und der Bonität der Emittenten ab“, sagt Ingo Nolden, Managing Director bei HSBC in London. Mit kräftigen Aufschlägen wird unter anderem das Insolvenzrisiko abgedeckt. In den vergangenen Jahren haben in Europa gleich drei Emittenten von Hybrids Bankrott angemeldet – der französische Elektronikkonzern Thomson sowie die deutschen Firmen IVG und Pfleiderer. Wer in Zwitter investiert, sollte unbedingt darauf achten, dass die Unternehmen eine gute Bonität haben.

Ein weiteres Risiko: Bei Hybrids können die Emittenten die Zahlung der jährlich fälligen Zinsen ausfallen lassen. Die Zahlung muss aber nachgeholt werden. In der Finanzkrise sind mehrere europäische Großbanken in den Zinsstreik getreten. „Dies geschah auf Druck der Aufsichtsbehörden, die so das Kapital der angeschlagenen Banken stärken wollten“, sagt Tobias Kessler, Hybridexperte bei HSBC Trinkaus. Bei Industriekonzernen ist Zinsaufschub aber selten. „Ein Ausfall der Zinszahlungen hat extrem negative Auswirkungen auf die Reputation des Emittenten an den Finanzmärkten“, sagt Miraji Othman, Analyst der BayernLB.

Anleger, die Zwitter-Anleihen kaufen wollen, sollten eine weitere Besonderheit beachten. Da Hybrids Eigenkapital-Charakter haben, sind die nominalen Laufzeiten äußerst lang. Bertelsmann, Merck und Siemens haben Bonds begeben, die erst nach 60 Jahren fällig werden. VW hat sogar Zwitter mit unendlicher Laufzeit aufgelegt.

Die Emittenten dürfen die Anleihen jedoch vorzeitig meist erstmals nach fünf bis zehn Jahren kündigen. Feste Zinsen werden nur bis zum ersten Kündigungstermin gezahlt, danach ist eine flexible Verzinsung üblich. Anleger müssen jedoch nicht befürchten, dass sie auf ewig in die variable Verzinsung hineinlaufen und ihr Geld erst in Jahrzehnten wiedersehen. Denn in der Regel sind die Unternehmen peinlich darauf bedacht, die erste Kündigungsmöglichkeit wahrzunehmen, die Anleihe also nicht unendlich laufen zu lassen. Andernfalls würden die Märkte die Neuemission weiterer Hybrids skeptisch sehen. Doch es gibt Ausnahmen. So kündigte Südzucker im Herbst an, dass ein Hybrid über 700 Millionen Euro nicht zum ersten Kündigungstermin am 30. Juni 2015 eingelöst werde. Binnen weniger Tage fiel der Kurs um zwölf Prozent. Als Ausgleich für die Nichtkündigung muss Südzucker aber demnächst höhere Zinsen zahlen.

Der Kurssturz von Südzucker ist eher ungewöhnlich. Normalerweise verläuft der Börsenhandel mit Hybrids in relativ ruhigen Bahnen. Die Kursschwankungen sind zwar größer als bei üblichen Firmen-Bonds, aber niedriger als bei Aktien. Kaum Sorgen machen müssen sich Investoren um die Liquidität am Hybridmarkt, die mittlerweile recht hoch ist. „An den europäischen Börsen werden derzeit 129 Hybrid-Anleihen von 84 Emittenten gehandelt. Die Bonds haben einen Nominalwert von insgesamt 91 Milliarden Euro“, sagt Investmentbanker Minor von RBS.

Aus der großen Auswahl lassen sich also leicht attraktive Beimischungen zu normalen Unternehmensanleihen und Staatspapieren finden, die ein ordentliches Renditeplus ins Portfolio bringen.

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