Ansturm auf neue Fünf-Euro-Münze "Nehmen Sie die Brille ab und stellen Sie sich nochmal an"

Jeder nur eine Münze

Ansturm auf die Bundesbank-Filialen: Die neue Fünf-Euro-Münze mit rotem Plastikring ist beliebter als einst die D-Mark. Die hohe Nachfrage überrascht selbst Experten.

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„Jetzt sollte man sich beeilen“, sagt mir ein älterer Herr beim Verlassen der Bundesbank-Filiale in Düsseldorf. Gerade hat er ein Exemplar der neuen Fünf-Euro-Münze ergattert. Dass er dafür Schlange stehen musste und nur eine einzige Münze bekam, stört den passionierten Sammler nicht. „Ich habe schon fünf Exemplare in Spiegelglanz bei der VfS bestellt, für etwa 140 Euro“, sagt er noch. 140 Euro für Münzen im Nennwert von 25 Euro? Hört sich an, als wäre der neue „Heiermann“ ein lohnendes Geschäft. In der Bundesbank kann man allerdings nur die einfache Qualitätsstufe „Stempelglanz“ bekommen, dafür aber ohne Aufpreis.

Nun bringt die Bundesbank also die zweite Fünf-Euro-Münze der Reihe in Umlauf. Der Fünfer „Tropische Zone“ bildet zugleich den Auftakt der fünfteiligen Münzserie „Klimazonen der Erde“, die in einjährigem Abstand bis 2021 erscheinen sollen. Die Fünf-Euro-Münze mit Papagei und Tropenbäumen auf der einen und Bundesadler auf der anderen Seite besticht diesmal durch einen roten Polymer-Ring, passend zur Klimazone der Tropen und angelehnt an die Vorgängermünze „Planet Erde“ in blau. Und wie 2016 lockt das Geldstück jede Menge Sammler an.

Schon bei Schalteröffnung um 8:15 Uhr haben sich an diesem Donnerstag vor der Düsseldorfer Bundesbank-Niederlassung begierige Münzfreunde in Scharen versammelt, anfangs reichte die Schlange vom Schalter bis auf den Vorplatz der Zentralbank. Als ich gegen neun Uhr dort eintreffe, stehen die Interessenten immer noch bis ins Foyer. „Mein Eindruck ist, dass der Andrang diesmal noch größer ist als 2016“, sagt mir Bundesbankdirektor Uwe Irmscher später im Gespräch. „Das deuten auch die Nachrichten aus den sieben anderen Bundesbank-Filialen in Nordrhein-Westfalen an. In Essen haben demnach schon morgens um fünf Uhr die ersten angestanden, um sich die neue Münze zu holen.“


Sammler stehen Schlange für neue Fünf-Euro-Münze
Fünf-Euro-Münze "Tropische Zone" Quelle: Andreas Toller für WirtschaftsWoche
Rückseite mit Bundesadler Quelle: Andreas Toller für WirtschaftsWoche
Der rote Polymer-Ring leuchtet, wenn er gegen das Licht gehalten wird. Quelle: Andreas Toller für WirtschaftsWoche
Der neue Fünfer ist offizielles, gesetzliches Zahlungsmittel in Deutschland Quelle: Andreas Toller für WirtschaftsWoche
Vor allem Sammler der älteren Semester standen am Morgen des 27. April vor den Filialen der Bundesbank Schlange Quelle: Andreas Toller für WirtschaftsWoche
Ausnahmezustand an den Ausgabestellen Quelle: Andreas Toller für WirtschaftsWoche
Jeder nur eine Münze


Diesmal hatten die Bundesbanker mit der enormen Nachfrage gerechnet. Denn vor einem Jahr waren die Filialen der deutschen Zentralbank von der enormen Nachfrage nach der ersten Münze weltweit mit eingelassenem Kunststoffring überrascht worden. Im April 2016 konnten Interessierte das erste Geldstück mit blauem Polymer-Ring zum Nennwert von fünf Euro kaufen – oder besser gesagt tauschen.

Auch damals reichte die Warteschlage vor dem Ausgabeschalter in vielen Bundesbank-Niederlassungen bis auf die Straße und am zweiten Tag war die Neuheit bereits vollständig vergriffen. Sammlerexemplare in Spiegelglanz-Prägung waren durch Vorbestellungen schon vor dem Ausgabetermin nicht mehr über staatliche Stellen erhältlich.

Irmscher erwartet diesmal eine schnellere Abwicklung als vor einem Jahr. Statt nur einem haben die Düsseldorfer diesmal zwei Schalter nur für die Ausgabe der Sammlermünze vorgesehen. Außerdem wurde die Auflage nochmal leicht erhöht. 2,3 Millionen Stück werden bundesweit in Umlauf gebracht. Davon gehen zwei Millionen wie im Vorjahr an die Bundesbank, die Geschäftsbanken und den Münzhandel. In Spiegelglanz-Qualität gibt es mit 300.000 Stück aber 50.000 Exemplare mehr als 2016, um insbesondere die Nachfrage der Münzsammler besser zu bedienen.

„Die Auflagen der neuen Münzen sind heute deutlich höher als bei Neuerscheinungen zu D-Mark-Zeiten. Wir sind schon alle verwundert über die große Nachfrage“, betont Irmscher. „Auch die Banken haben über die Maßen die neue Münze bestellt. Am Ende konnten wir jeder Bank nur 30 Prozent der Münzen geben, die sie bestellt hatten.“ Eine ähnliche Zuteilungsquote gelte auch für den Münzhandel.

Dass nicht die ganze Nachfrage bedient werden kann, ist der Tatsache geschuldet, dass die Münze vor allem an Sammler gerichtet ist und damit auch in gewissem Maße eine Rarität bleiben soll. Vielmehr sollten der niedrige Nennwert und das ungewöhnliche Erscheinungsbild laut Bundebank den Münzsammlermarkt sogar neu beleben.

Das funktioniert offenbar so gut, dass nach „Planet Erde“ gleich die fünfteilige Münzserie „Klimazonen der Erde“ konzipiert wurde. Im kommenden Jahr erscheint „Subtropische Zone“ mit orangem Ring, 2019 die Gemäßigte Zone in Grün, 2020 die „Subpolare Zone“ in Türkis und 2021 schließlich die „Polarzone“ mit violettem Ring.


Sammelwütige mit Freunden und Familienmitgliedern

„Dass alle, die hierher kommen, nur eine Münze erhalten – selbst wenn sie extra eine lange Anreise auf sich genommen haben -  führt auch immer wieder zu Beschwerden“, erklärt Irmscher. Gelegentlich müsse dann der Sicherheitsdienst freundlich aber bestimmt für Ruhe sorgen. „Sogar Bundesbankpräsident Jens Weidmann bekommt deshalb mitunter erboste Mails von Kunden“, berichtet der Bundesbanker.

Dennoch läuft an diesem Tag zunächst alles friedlich ab. Nur die schwarzen Schafe geraten in den Fokus der Sicherheitsleute. „Guck mal der da, mit dem Käppi“, deutet ein Schalterbeamter dem Security-Mitarbeiter neben ihm, kurz bevor ich am Ausgabeschalter ankomme. „Der hat sich schon zum dritten Mal angestellt. Denn kannst Du mal rausschicken.“ Der grauhaarige Herr mit Baseball-Cap verlässt kurz darauf mit Unschuldsmiene, aber sichtbar enttäuscht den Schalterraum.


Die Welt in Blau und Silber
Am 14. April 2016 erscheint die erste deutsche Fünf-Euro-Münze "Planet Erde". Die Euro-Version des "Heiermanns" ist anerkanntes Zahlungsmittel, dürfte aber vor allem für Sammler interessant sein. Quelle: dpa
Die neue Münze soll nicht den Fünf-Euro-Schein ersetzen. Quelle: dpa
Die Erde mit Blauschimmer: Eine Seite der Münze zeigt eine stilisierte Ansicht der Erde, umgeben von den Planeten unseres Sonnensystems. Quelle: BADV/Agentur: leadcom.de
Der Entwurf des Bundesadlers basiert auf einer Vorlage der Designerin Alina Hoyer aus Berlin. Quelle: BADV/Agentur: leadcom.de
Besonders ist zweifelsfrei der lichtdurchlässige Ring aus Polymer, einem Spezialkunststoff. In den Kunststoffring sind kleine Kristalle eingearbeitet, die für mehr Leuchtkraft sorgen sollen. Quelle: BADV/Agentur: leadcom.de
Mit Hintergrundlicht leuchtet der integrierte Kunststoffstreifen in hellem Blau. Quelle: BADV/Agentur: leadcom.de
Die Randschrift der Münze lautet "Blauer Planet Erde". Quelle: BADV/Agentur: leadcom.de


Andere Sammelwütige rücken gleich mit Freunden oder Familienmitgliedern an, um sich mehrere Exemplare des Fünfers zu sichern. „Ich habe von der ersten, blauen Münze schon fünf Stück, aus jeder Prägeanstalt eine“, sagt etwa ein Mann um die 30 beim Verlassen der Bank. „Von der neuen Münze muss ich jetzt durch Handel und Tausch noch die übrigen vier Prägungen suchen.“

Das könnte aber teuer werden. Im Ebay-Handel wechseln die gewöhnlichen Stempelglanzexemplare erst ab 30 Euro den Besitzer, Spiegelglanzqualität – auch als polierte Platte bezeichnet – ist da schon leicht doppelt zu teuer. Die VfS hatte sie noch für knapp 16 Euro das Stück angeboten, ist jetzt aber ausverkauft.

Zumindest ist die Gefahr, im Handel ein gefälschtes Fünf-Euro-Stück angedreht zu bekommen, dank des sehr schwer fälschbaren Kunststoffrings nicht sehr groß.

Die ausgeprägte Sammelwut ist auch der Grund, warum die neuen Fünf-Euro-Münzen so gut wie nie im Portemonnaie oder der Ladenkasse auftauchen. Wer eine hat, gibt sie nicht her, es sei denn bekommt viel Geld oder einen andere Rarität dafür. Dennoch ist die Münze offizielles und gesetzliches Zahlungsmittel in Deutschland. Banken und Händler müssen die Münze akzeptieren – allerdings nur zum Nennwert von fünf Euro.

"Würden Sie mehr als fünf Euro für die Münze bezahlen?“, frage ich einen älteren Herrn, der sich gerade ein Exemplar für seine Sammlung geholt hat. „Einen Euro würde ich noch draufzahlen, aber nicht zehn“, sagt er. „Und wenn Sie schon eine haben: Nehmen Sie die Brille ab und stellen Sie sich nochmal an. Habe ich auch so gemacht“, schiebt er hinterher, bevor er sichtlich zufrieden von dannen zieht.

Ich halte es lieber wie ein anderer Herr, den ich vor der Bundesbank treffe. „Ich habe keine Sammlung“, sagt der. „Die verschenke ich zum Geburtstag.“ Mehr als eine braucht man dafür nicht.

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