Autofinanzierung Lohnt sich der Autokauf auf Pump?

Kaum jemand bezahlt sein neues Auto bar, die meisten finanzieren - und fallen oft auf vermeintlich günstige Konditionen rein. So behalten Sie beim Autokauf den Durchblick.

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Autokäufer haben die Qual der Wahl. Quelle: imago / geisser

Als unsere Eltern oder Großeltern vor Jahrzehnten ihren ersten VW-Käfer kauften, stand fest: Der Wagen wird bar bezahlt. Es wurde lange gespart, auf vieles verzichtet. Und als der große Tag gekommen war, ging die ganze Familie stolz zum Autohändler, um das gute Stück abzuholen.

Das Auto per Kredit finanzieren? Auf keinen Fall.

Doch diese Zeiten sind vorbei. Laut einer aktuellen Aral-Studie werden 56 Prozent aller Autos - egal ob neu oder gebraucht, per Kredit finanziert. Nur noch rund ein Drittel der Käufer zahlt bar.

„Noch nie gab es so wenige Barzahler im Autohaus wie im vergangenen Jahr“, bestätigte der Chef der Volkswagen Bank, Anthony Bandmann, bei der Präsentation der Jahresergebnisse. 2003 lag der Anteil der Barzahler noch bei 64 Prozent.

Cash ist zu teuer

Bei Neuwagen ist das Verhältnis noch deutlicher. Insgesamt fast 80 Prozent werden entweder finanziert oder geleast, nur ein Fünftel bar bezahlt. Oft ist die Cash-Variante schon aufgrund der hohen Preise ausgeschlossen – 2012 lag der Listenpreis der Neuwagen im Schnitt bei 26.446 Euro.

Doch der Trend wird noch durch einen weiteren Faktor beeinflusst: die Kredite.

Während die Niedrigzinsphase den Sparern den Blick auf ihr Depot trübt, frohlocken Kreditnehmer. Da sich die Banken günstig wie nie Geld beschaffen können, können sie es auch günstiger wieder verleihen. Niedrige Zinsen machen die Autofinanzierung also immer attraktiver. Und ein Ende dieser Phase ist nicht abzusehen, denn die Europäische Zentralbank (EZB) plant bereits die nächste Zinssenkung.

Hinzu kommt, dass der Markt immer umkämpfter wird. Dafür sorgen vor allem die Autobanken. Längst finanzieren die hauseigenen Finanzinstitute von Daimler, VW und Co einen großen Teil der Flotte. Die Mercedes-Benz-Bank beispielsweise finanziert mittlerweile jedes zweite Fahrzeug von Daimler, auch die Konkurrenz der VW-Bank oder der BMW-Bank hat wenig Grund zur Sorge. Insgesamt stieg das Vertragsvolumen der Autobanken im vergangenen Jahr um zwei Prozent auf 90 Milliarden Euro – obwohl der Automobilmarkt insgesamt um vier Prozent sank.

Das Spiel für die Autobanken ist derzeit relativ leicht. Viele von ihnen sammeln Einlagen in Form von Tagesgeld bei ihren Kunden. Zwar zahlen sie dafür oft höhere Zinsen als der Durchschnitt – bei der VW-Bank bekommen Anleger derzeit immerhin 1,4 Prozent Zinsen. Dafür sind aber auch die Zuflüsse entsprechend hoch, das Geld kann mit der entsprechenden Marge weiterverliehen werden.  

Leasen oder finanzieren?

Für Autokäufer ist das erstmal ein gutes Zeichen. Je mehr Wettbewerb, desto günstiger wird die Finanzierung des eigenen Flitzers. Allerdings wird auch der Vergleich zwischen den einzelnen Angeboten für Laien immer schwieriger - und die Fragen immer zahlreicher.

Das Auto per Kredit finanzieren? Mit einem normalen Ratenkredit oder dem neueren Drei-Wege-Modell? Ist leasen doch die bessere Wahl? Oder die Zahlung in bar?

Barzahlung lohnt

Fest steht: Cash ist meist die günstigste Variante. Zwar könnte man das Geld, das man bei der Einmalzahlung in bar auf einen Schlag ausgibt, bei Zahlung per Kredit zwischenzeitlich am Kapitalmarkt anlegen und damit Zinsen erzielen. Das Problem ist allerdings: Die Renditen sind derzeit mager. Wer attraktive Zinsen einfahren will, muss ein gewisses Risiko eingehen. Finanzierungsexperten raten daher zur Barzahlung, wenn die möglich ist.

Angesichts der Neuwagenpreise stellt sich die Frage allerdings in den seltensten Fällen. Bleibt die Abwägung zwischen den verschiedenen Finanzierungsangeboten und Leasing - Letzteres war früher vor allem ein Modell für die Geschäftswagenflotte der Konzerne. Mittlerweile nutzen es aber immer mehr Privatkunden. Gerade junge Leute, die sich nicht zu lange an ein Auto binden und möglichst wenig Ärger haben wollen.

Grundsätzlich gilt Leasing als etwas teurer als die Finanzierung per Kredit. Allerdings versucht die Branche oft, dieses Manko mit günstigen Angeboten zu vertuschen. Häufig gelten diese allerdings nur für eine relativ geringe Kilometerleistung. Experten warnen aber davor, diese zu unterschätzen. 10.000 Kilometer im Jahr klingen zunächst viel, sind aber schnell auf dem Tacho.

Teure Vertragswerkstatt

Hinzu kommt, dass beim Leasing der Besuch einer meist teuren Vertragswerkstatt erforderlich ist. So eine Klausel ist bei Finanzierungsverträgen mittlerweile nicht mehr erlaubt.

„Mit einem Leasingwagen muss der Leasingnehmer extrem pfleglich umgehen“, warnt Silvia Schattenkirchner, Finanzierungsexpertin beim ADAC. Zwar besage die Regel, dass eine normale Abnutzung mit im Tarif enthalten sei. Wie genau die normale Abnutzung aussehe, sei aber in der Praxis immer wieder umstritten.

Schwierige Kündigung

Zudem lässt sich der Finanzierungsvertrag im Gegensatz zum Leasing in der Regel leichter kündigen. Beim Leasing dagegen ist die Vertragsauflösung oft nur zu schlechten Konditionen möglich. Der Grund: Die Gesellschaften berechnen eine Art Gesamtentgelt, aus dem sie die Raten errechnen. Eine kürzere Laufzeit bedeutet aber keinen Rabatt.

Letztlich ist die Entscheidung eine Typfrage. „Wer sein Auto länger als drei Jahre fahren möchte, sollte ein Darlehen aufnehmen und nicht leasen“, sagt Schattenkirchner. Wer sein Auto am Ende der Finanzierung auch sein Eigen nennen wolle, der müsse finanzieren. Wer mieten möchte und alle drei Jahre ein neues Auto fahren will, kann sich für Leasing entscheiden.

Drei Wege zum Glück

So verschulden sich die Europäer
Wenn man Geld braucht und keines hat, dann hilft die Bank. Laut einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Ipsos im Auftrag der ING-DiBa nutzt jeder fünfte Deutsche seinen Dispokredit permanent oder mindestens einmal im Monat. In anderen Ländern werden hingegen überwiegend Ratenkredite in Anspruch genommen. Doch nicht nur Finanzinstitute werden angepumpt. In vielen Ländern haben Menschen Schulden bei Freunden und Familie. Vor allem in der Türkei und Rumänien wird auf das persönliche Umfeld gesetzt. Quelle: dpa
NiederlandeRatenkredit: Zehn Prozent Kreditkarte: Sechs ProzentDispokredit: 13 Prozent Kredit bei Freunden oder Familie: Fünf Prozent Quelle: REUTERS
DeutschlandRatenkredit: 20 ProzentKreditkarte: Sieben Prozent Dispokredit: 18 Prozent Kredit bei Freunden oder Familie: Sieben Prozent Quelle: dpa
ÖsterreichRatenkredit: 22 ProzentKreditkarte: Sechs Prozent Dispokredit: 16 Prozent Kredit bei Freunden oder Familie: Acht Prozent Quelle: dpa
BelgienRatenkredit: 20 ProzentKreditkarte: 14 Prozent Dispokredit: 14 Prozent Kredit bei Freunden oder Familie: Sieben Prozent Quelle: REUTERS
FrankreichRatenkredit: 26 ProzentKreditkarte: Acht Prozent Dispokredit: 15 Prozent Kredit bei Freunden oder Familie: Sieben Prozent Quelle: AP
LuxemburgRatenkredit: 38 ProzentKreditkarte: Neun Prozent Dispokredit: Neun Prozent Kredit bei Freunden oder Familie: Drei Prozent Quelle: dpa

Die Mercedes Benz-Bank erklärt auf Anfrage, sie sehe einen Trend zu „Nutzen statt besitzen“. Zudem gehe die Entwicklung hinzu Rundum-Sorglos-Paketen, die neben der Leasingrate auch Kfz-Versicherungen, Service- und Wartungspakete beinhalten.

Die Finanzierer haben auf diese Entwicklung mit neuen Finanzierungsmodellen reagiert, die sogenannte Drei-Wege-Finanzierung. Sie ist eine Mischung aus Leasing, Ratenfinanzierung und Kauf.

Zunächst leistet der Kunde eine Anzahlung, bei Neuwagen liegt die normalerweise bei rund 20 Prozent des Neupreises. Danach müssen monatliche Raten gezahlt werden, ähnlich wie bei der normalen Ratenfinanzierung. Anders als beim Raten-Klassiker geht das Auto in der Schlussphase der Drei-Wege-Variante aber nicht zwingend in den Besitz des Fahrers über.

Drei Möglichkeiten

Denn bei Vertragsende hat der Kunde drei Möglichkeiten: Entweder er gibt das Auto ähnlich wie bei Leasing einfach zurück. Die Autobanken nennen das verbrieftes Rückgaberecht. Das Auto muss dann zu dem Händler zurück, bei dem es gekauft wurde. Dieser begleicht dann die Schlussrate.

Als zweite Möglichkeit kann der Kunde die Schlussrate einfach weiter finanzieren und das Auto behalten. Oder er bezahlt die Rate komplett und wird Eigentümer des Wagens, ähnlich wie am Ende des klassischen Ratenvertrag.

„Privatkunden schätzen besonders die Flexibilität am Vertragsende“, erklärt ein Sprecher der Volkswagen-Bank. Rund drei Viertel der Kunden würden sich für die Drei-Wege-Variante entscheiden, nur noch ein Viertel wählt den klassischen Ratenkredit.

Finanzierungsexperten wie Silvia Schattenkirchner warnen allerdings davor, sich von der überschaubaren Anzahlung und den Raten blenden zu lassen. Denn die Anschlussfinanzierung nach drei Jahren muss nicht so günstig sein, sie wird sich nach der Entwicklung des Zinsniveaus richten. Wer zu der Zeit finanziell schlecht dasteht, muss das Auto abgeben.

Die Kaufentscheidung sollte daher langfristig durchdacht sein. Zu oft kommt es vor, dass die günstigen Finanzierungskonditionen zum Kauf eines Autos verlocken, welches man sich eigentlich gar nicht leisten kann. „Autokäufer sollten sich nicht von günstigen Finanzierungskonditionen blenden lassen und die verschiedenen Angebote genau miteinander vergleichen“, sagt Schattenkirchner. Oft würden die Konditionen von den Anbietern subventioniert. Dann seien zwar die Zinsen niedrig, möglicherweise gebe es aber keine Preisnachlässe mehr auf den Listenpreis.

Die extrem günstigen Finanzierungskonditionen können also einen Haken haben, bekanntermaßen sind ja gerade beim Neuwagenkauf teilweise gewaltige Rabatte erhältlich.

Letztlich ist die Finanzierung des Autos also eine Typfrage. In der Regel fahren Privatleute mit einer Finanzierung besser als mit Leasing.

Gleichzeitig gilt: Wer sowieso eine Auto kaufen will, der darf sich über die günstigen Finanzierungskonditionen freuen. Sich durch die niedrigen Zinsen zum Kauf eines (zu) teuren Autos verleiten zu lassen, ist langfristig riskant.

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