Die neue WiWo App Jetzt kostenlos testen
Download Download

Automatische Handelssysteme Wie bequeme Anleger von Algorithmen profitieren

Computerprogramme geben Anlegern vor, wie sie investieren sollten. Internet-Anbieter greifen so das Geschäftsmodell der Vermögensverwalter an. Doch auch Automaten sind nicht unfehlbar.

  • Artikel teilen per:
  • Artikel teilen per:
Wo Maschinen menschliche Arbeitskraft ersetzen
1. BankkassiererWann haben Sie eigentlich das letzte Mal Geld am Schalter bei einem Bankkassierer abgehoben? Richtig, das ist lange her. Mittlerweile können Überweisungen, Auszahlungen und die Abfrage des Kontostands bequem am Automaten erledigt werden. Lediglich bei komplizierten Überweisungen oder spezielle Fragen zieht es die Kunden noch zu den Bankkassierern an den Schalter. Laut Mark Gilder von der Citibank können „mindestens  85 Prozent der Transaktionen, die am Schalter gemacht werden können, auch durch den Automaten übernommen werden.“ Und das ist noch nicht das Ende: Citibank experimentiert derzeit mit videobasierten Schaltern in Asien. Quelle: AP
2. KassiererWer in einem großen Supermarkt einkaufen geht, kann sie kaum übersehen: Die Selbstzahl-Schalter. Anstatt sich an der Kasse anzustellen, greifen viele Kunden schon jetzt auf die Möglichkeit der Zahlung am Automaten zurück. Selbst die Produkte aus dem Einkaufswagen einscannen und am Automaten bar oder mit der EC-Karte bezahlen. Rund 430.000 solcher Automaten sind weltweit bereits in Betrieb – mehr als das Vierfache als noch im Jahr 2008. Auch wenn Supermärkte wie Big Y und Albertson’s (USA) und auch Ikea nach Kundenbeschwerden ihre Selbstzahl-Automaten wieder zurückzogen geht der Trend doch eindeutig in Richtung elektronischer Bezahlung. Quelle: dpa
3. RezeptionistLange waren Rezeptionisten das "Gesicht" der Hotels und erste Anlaufstelle für die Gäste. Bald könnten auch sie durch virtuelle Arbeitskräfte ersetzt werden. In Japan wurde sogar schon mit Robotern experimentiert. Ob das den Kunden gefällt, ist jedoch eine andere Frage. Mit einem Automaten zu telefonieren, geht den meisten auf die Nerven, bei einem Roboter einzuchecken, macht ihnen Angst. Viele bevorzugen nach wie vor das persönliche Gespräch. Deswegen gute Nachricht für Rezeptionisten: Die Anzahl an Arbeitsplätzen in der Branche steigt derzeit um etwa 14 Prozent. Quelle: AP
4. TelefonistMenschen, die in einer lange Reihe vor Telefonen sitzen und Kundenanfragen bearbeiten, dieses Bild könnte bald schon der Vergangenheit angehören. Anrufbeantworter und computergenerierte Antwortprogramme ersetzen in diesem Bereich zunehmend die menschliche Arbeitskraft. Insbesondere Telefonumfragen, Tickethotlines und Informationsdienste von Firmen greifen bereits auf computergesteuerte Telefonannahmen zurück. Per Tastenkombination kann der Anrufer sich dann durch ein Menü klicken und auswählen, welche Informationen er abrufen möchte. Quelle: AP
5. PostboteDie E-Mail-Branche stellt Postunternehmen zunehmend vor finanzielle Probleme. Handgeschriebene Briefe werden immer seltener, wer sich etwas zu sagen hat, sei es privat oder im Job, der tut das meist per E-Mail. Immer weniger Briefe werden daher ausgetragen. Das Bureau of Labor Statistics sagt Postboten bis 2022 einen Arbeitsplatzrückgang von 28 Prozent voraus. Quelle: dpa
6. Reisebürokaufmann/-frauEs gab Zeiten, da existierte weder Expedia noch Orbitz. Um einen Flug zu buchen, musste man ins Reisebüro und sich von Reisekaufleuten beraten lassen. Heutzutage wird das für viele überflüssig. Anstelle von Katalogen und persönlicher Beratung vergleich sie im Internet die Preise und buchen ihren Urlaub direkt online. Das spart den Gang zum Reisebüro und kann bequem von zu Hause erledigt werden. Das  Bureau of Labor Statistics sagt der Branche daher einen Rückgang von gut zwölf Prozent bis 2022 voraus. Quelle: AP
8. MaschinenschreiberKönnen Sie sich vorstellen, wie der Geschäftsführer seine Sekretärin bittet auf der Schreibmaschine „einen Brief auf zusetzen?“ Das ist heute längst aus der Mode geraten. In Zeiten bloggender, twitternder Chefs und stimmenaufzeichnender Software, sind Maschinenschreiber längst überflüssig. In den nächsten acht Jahren wird die Anzahl der Arbeitskräfte in diesem Bereich laut Bureau of Labor Statistics noch um weitere sechs Prozent zurückgehen.   Quelle: dpa

Angst und Gier des Menschen gefährden den Erfolg jeder Geldanlage. „Mit Algorithmen lässt sich dieser Schwachpunkt ausschalten“, sagt Peter Kunze (Name von der Redaktion geändert). Der 55-jährige Stuttgarter hat deshalb vor einigen Monaten 40.000 Euro auf ein Konto beim Hamburger Vermögensverwalter HPM eingezahlt. Die werden nun automatisiert gemanagt – von einem Algorithmus, der je nach Marktlage und Kursentwicklung Kauf- und Verkaufssignale nutzt.

Solche Algorithmen sind Handlungsabfolgen, die anhand vorher definierter Kriterien blitzschnell analysieren und entscheiden. Sie handeln, ohne an ihrer Strategie zu zweifeln. Und sie sollen die Art revolutionieren, in der Anleger ihr Geld investieren. Nicht schneller, wie beim Hochfrequenzhandel, der auch auf Algorithmen setzt, sondern günstiger, transparenter und erfolgreicher als die menschlichen Vermögensverwalter. Start-ups wie Betterment und Wealthfront haben in den USA die Umwälzung angeschoben. Aktuell ziehen Investmentgrößen wie der Broker Charles Schwab und die Fondsgesellschaft Vanguard mit. Und auch in Deutschland haben Anleger schon einige Möglichkeiten, ihr Geld den Algorithmen anzuvertrauen.

Anlage über Algorithmen

Nicht mehr nur Millionäre sollen sich so strategische Anlageberatung holen. Im Internet bekommen Anleger für jeden Betrag das gute Gefühl, dass für sie eine ganz individuelle Strategie ausgearbeitet wird.

Alibaba und Co. greifen an

Die Branche der Vermögensverwalter steht unter Druck, ihre Mittelzuflüsse schrumpften zwischen 2009 und 2014 um rund 23 Prozent, zeigen Daten der Berater von Deloitte. Digitale Vermögensverwalter sollen in den USA bis Ende 2015 rund 60 Milliarden Dollar verwalten, schätzt das Analysehaus Aite Group. Gemessen am US-Markt für Privatkunden mit 1400 Milliarden Dollar wären das zwar gerade einmal vier Prozent, aber 44 Milliarden mehr als 2014.

Niedrige Zinsen verderben jede Geldanlage. Doch es geht auch anders. Die Strategien unterscheiden sich jedoch je nach Anlagebetrag deutlich. Wie Sie mehr aus Ihrem Vermögen machen, lesen Sie hier.

Analysten von KPMG sehen auch die Möglichkeit, dass Apple, Google oder Facebook auf diesem Markt mitspielen. In China signalisiert Alibaba bereits, wie das gehen könnte: mit der eigenen Bank Alipay und dem Fonds Yuebao. Die dazu übernommene Gesellschaft Tianhong Asset Management wurde prompt zum größten Vermögensverwalter Chinas.

„Unsere Branche muss sich kritisch mit der digitalen Revolution und neuen Anbietern auseinandersetzen, um nicht von Marktveränderungen überrollt zu werden“, sagt Andreas Grünewald, Chef des deutschen Vermögensverwalter-Verbands. Er sieht das, was die neue Konkurrenz als Vorteil herausstellt, aber eher als Defizit, Märkte würden ja tatsächlich von Emotionen getrieben: „Dass ein Algorithmus die bei der Anlageentscheidung angemessen berücksichtigen kann, ist nur schwer vorstellbar.“

So sparen die Deutschen
65 Prozent aller Westdeutschen sparen regelmäßig, im Osten sind es dagegen nur 56 Prozent Quelle: dpa
56 Prozent aller alleinstehenden Deutschen sparen regelmäßig Quelle: dpa
Die finanzielle Bildung hängt offenbar nicht mit der schulischen Bildung zusammen Quelle: dpa
Die Sparsituation hängt in Deutschland stark von der beruflichen Situation ab Quelle: dpa
Wer mehr verdient, der spart auch mehr Quelle: dpa
Wo wird fleißiger gespart: In Großstädten oder auf dem Land? Quelle: dpa/dpaweb
Bei den Bundesländern ist Bayern das Land der Sparer Quelle: dpa

Karl Matthäus Schmidt, Vorstandschef der Quirin Bank, sieht in den nächsten Jahren für die onlinebasierte Vermögensverwaltung dennoch einen Marktanteil von rund 30 Prozent in Deutschland. „Viele Kunden wollen keine persönlichen Berater mehr und stellen sich ihr Depot online zusammen.“ Bislang haben bei ihm 500 Kunden gut 17 Millionen Euro über das neue Digitalangebot Quirion angelegt. Zum Vergleich: Im klassischen Geschäft betreut Quirin 2,6 Milliarden Euro. Aber: „Das neue Anlagemodell ist absolut notwendig für die Zukunftssicherung unserer Bank“, sagt Schmidt.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%