Bargeld Deutsche wollen 500-Euro-Scheine loswerden

Obwohl Scheine und Münzen nicht abgeschafft werden sollen, herrscht Unsicherheit. Viele Sparer tauschen den Fünfhunderter. Eine Obergrenze für Barzahlungen ist zwar denkbar, aber verfassungsrechtlich höchst umstritten.

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Bargeld ist der Liebling der Deutschen. Quelle: Getty Images

Die Entscheidung, den 500-Euro-Schein langsam aber sicher abzuschaffen, ist erst einige Wochen her, zeigt aber schon ihre Wirkung. Es gebe Hinweise, dass Bürger ihre Fünfhunderter eintauschen würden, sagte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann auf einem Bundesbank-Symposium zum Bargeld. Sein für das Thema zuständiger Vorstandskollege Carl-Ludwig Thiele bestätigte, dass 500-Euro-Scheine "verstärkt" eingetauscht werden.

Anfang Mai hatte der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) beschlossen, die Euro-Banknote mit dem höchsten Wert schrittweise abzuschaffen. Frühestens Ende 2018 sollen keine Fünfhunderter mehr ausgegeben werden, die Scheine werden nicht mehr nachgedruckt. Gleichzeitig bleibt der Schein aber Zahlungsmittel und soll seinen Wert nicht verlieren. Als Grund nannte die EZB unter anderem die Terrorismusbekämpfung. Illegale Handlungen und Geldwäsche hingen hauptsächlich am 500-Euro-Schein und könnten mit dessen Abschaffung hoffentlich eingedämmt werden.

So richtig glauben die Sparer daran offenbar nicht. Anderenfalls würden sie den Fünfhunderter nicht bereits kurz nach der Entscheidung des EZB-Rats gegen eine kleinere Stückelung eintauschen. Dabei hatte die EZB betont, der Schein behalte seinen Wert und könne, ähnlich wie alte D-Mark-Noten, jederzeit eingetauscht werden. Ein "unbändiges Vertrauen in diese Aussage" bestehe offenbar nicht, so Thiele.

10 Fakten über den 500 Euro-Schein

Kein Wunder, dass die Bundesbank das Symposium nutzte, um die Gemüter zu beruhigen. "Das Vertrauen in eine Währung beginnt beim Bargeld", sagte Bundesbank-Präsident Weidmann. Auch der EZB-Rat habe sich trotz der Abschaffung des 500-Euro-Scheins klar zum Bargeld bekannt. Vorschläge, das Bargeld abzuschaffen, um den Zins noch weiter in den negativen Bereich absenken zu können, seien "die falsche, völlig unverhältnismäßige Antwort auf die geldpolitischen Herausforderungen an der Nullzinsgrenze", sagte Weidmann.

Keine Lockerungen erforderlich

Entsprechend warnte der Bundesbank-Präsident vor einer noch expansiveren Geldpolitik. "Das derzeitige geldpolitische Umfeld erfordert keine weiteren Lockerungen", so Weidmann. Es sei ausreichend Zeit, die Wirkung der bereits beschlossenen Maßnahmen auf die Preisentwicklung abzuwarten.


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Um die Inflationsrate weiter anzukurbeln, hatte die EZB Anfang März den Einlagezins auf minus 0,4 Prozent abgesenkt. Banken, die ihr Geld kurzfristig bei der EZB lagern, zahlen also einen Strafzins auf ihre Einlagen. Dieser negative Zins hat Folgen für die Bargeldhaltung. "Bargeld ist ein Wertaufbewahrungsmittel mit einem Nominalzins von null", erklärt Volker Wieland, Wirtschaftsweiser im Sachverständigenrat und Professor für Monetäre Ökonomie an der Goethe-Universität Frankfurt. Wird Bargeldhaltung mitsamt der Kosten für die Lagerung, beispielsweise in einem Tresor, günstiger als der Strafzins bei der Zentralbank, wird Bargeldhortung für Unternehmen und Sparer attraktiv.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen Obergrenze

Einige Unternehmen, beispielsweise der Rückversicherer Munich Re und die bayerischen Sparkassen, haben bereits angedeutet, künftig mehr Bargeld im Tresor horten zu wollen. Wieland warnt, gerade eine Einschränkung der Bargeld-Zahlung könne das Horten von Bargeld auslösen und begünstigen.

Diskutiert wird zwar keine Abschaffung von Scheinen und Münzen, aber immerhin eine Obergrenze für Barzahlungen. Im Februar war bekannt geworden, dass die Bundesregierung darüber nachdenkt, die Höchstgrenze für Zahlungen auf 5000 Euro zu legen. Kritiker meinen, das sei nicht genug und plädieren sogar dafür, nur bis 1000 Euro Scheine und Münzen zuzulassen. Der ehemalige Verfassungsrichter Hans-Jürgen Papier äußerte dazu große Bedenken auf dem Bundesbanksymposium.

So könne eine Begrenzung der Barzahlung gleich gegen mehrere Grundrechte verstoßen, unter anderem die Rechte auf Eigentums- und Vertragsfreiheit. Gleichzeitig sei es "verfassungsrechtlich nicht zulässig, wenn der Gesetzgeber unbrauchbare Maßnahmen ergreift, um Kriminalität zu bekämpfen", sagte Papier. Zudem sei nicht ersichtlich, wie der Staat die Einhaltung der Grenzen wirksam durchsetzen könnte.

Papier mahnte, vor der Einführung einer solchen Obergrenze müssen die Verhältnismäßigkeit überprüft, Schaden und Nutzen für das Gemeinwohl abgewogen werden. Insgesamt bestünden "erhebliche Zweifel" daran, dass eine Bargeldobergrenze verfassungsrechtlich überhaupt durchgesetzt werden könnte.

Das gelte insbesondere, wenn die Obergrenze seitens des Gesetzgebers beschlossen würde. Denn dann, so Papier, wäre das ein Eingriff in die Unabhängigkeit der Notenbank. Es sei "Recht der Zentralbank, Banknoten als Zahlungsmittel auszugeben", sagte Papier. Wenn überhaupt müssten also die Zentralbanken die Obergrenze selber einführen. Nur, wenn sich die Notenbanken selbst beschränken, sei das verfassungsrechtlich unbedenklich. "Man kann die Zentralbanken ja nicht vor sich selber retten", sagte Papier. Und erntete dafür Lacher der anwesenden Notenbanker.

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