Börse Bauern zocken mit Termingeschäften

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Finanzierungslücken vermeiden

Landwirt Miesen Quelle: Frank Beer für WirtschaftsWoche

Das ganze Jahr über bekommt Miesen deshalb täglich E-Mails mit jeweils aktuellen Preisdaten, die er auf dem PC prüft. Warum kein mobiles Internet? „Eine Woche lang Kartoffelstaub überlebt kein Smartphone.“

In diesem Jahr hat Miesen bisher alles richtig gemacht. „Als im Frühjahr die Preise noch mal anzogen, habe ich im Mai einen Teil der Weizenernte durch einen Vorkontrakt zum September bereits verkauft“, sagt er. Im Sommer fiel der Preis für eine Tonne Weizen von 220 auf 185 Euro. Wer zum falschen Termin verkauft – oder verkaufen muss – steht schnell vor einer Finanzierungslücke für das nächste Jahr.

Generell sieht Miesen den Einfluss der Börse eher positiv: „Es gibt nur wenige Abnehmer, an die ein Betrieb verkaufen kann. Da hat man als kleiner Anbieter immer einen Nachteil. Orientiere ich mich am Börsenpreis, kann ich das wieder ein bisschen ausgleichen, auch wenn wir dadurch mit dem Weltmarkt konkurrieren und nicht mehr mit dem Hof nebenan.“

Dank Futures 14 statt 7 Euro

Nebenan, eine Autostunde weiter südlich, bewirtschaftet Eberhard Peill sein Gut Ollesheim. Der 55-jährige Landwirt aus Nörvenich in der Nordeifel schließt nicht nur Terminkontrakte mit Händlern ab, er sichert sich direkt mit Futures auf Kartoffeln an der Börse ab. Sein Hof ist deutlich größer als der von Bauer Miesen. Für Peill lohnt sich der Gang an die Terminbörsen, weil er die entsprechenden Mindestmengen für Kontrakte aufbringen kann.

„Ohne Terminhandel würden mir die Marktschwankungen das Betriebsergebnis verhageln“, sagt Peill. Für die auf Gut Ollesheim bei Nörvenich gezogenen Kartoffeln hätte er im vergangenen Jahr bis zu 27 Euro je Doppelzentner (100 Kilogramm) bekommen. Seit Juli dieses Jahres sei der Preis bis auf sieben Euro eingebrochen. Zu diesem Preis hätte Peill Verlust gemacht. Gut, dass er einen Großteil seiner Ernte zuvor über Futures zu 14 Euro je Doppelzentner abgesichert hatte.

Peill sichert etwa die Hälfte der Ernte über Terminkontrakte mit einem Händler oder Futures an der Börse ab. 50 Prozent lässt er ohne Sicherheitsnetz, weil die Termingeschäfte sonst zu einem finanziellen Risiko werden könnten. Landwirte, die über die Börse Termingeschäfte betreiben, müssen dafür Sicherheiten bei der Bank hinterlegen. „Steigen die Preise, muss ich auch als Landwirt ständig Geld nachschießen“, sagt Peill.

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