Börsen-Know-how So setzen Anleger gekonnt auf Anleihen

Wie Anleihen funktionieren, wie und wo Anleger sie am besten kaufen und was bei festverzinslichen Wertpapieren zu beachten ist.

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Wer in Anleihen investiert, sollte berücksichtigen, dass sich angesichts des aktuell sehr niedrigen Zinsniveaus rasch Kursverluste einstellen können. Je länger die Restlaufzeit der Anleihe ist, desto höher die Verluste, falls die Zinsen steigen sollten. So verliert etwa ein noch zehn Jahre laufendes Unternehmenspapier mit mittelmäßigem Rating etwa acht Prozent an Wert, wenn die Renditen für gleich lang laufende Bundespapiere um einen Prozentpunkt steigen. Diese Verluste sind jedoch nur temporär. Wer bis zum Ende der Laufzeit an seinem Papier festhält, bekommt den Ausgabewert wieder zurückbezahlt. Voraussetzung ist natürlich, dass der Emittent, also das Unternehmen oder der Staat, zahlungsfähig bleibt.

Kurzlaufende Anleihen minimieren dieses sogenannte Zinsänderungsrisiko enorm. Anleger ordern die Anleihen am besten über die Börse in Frankfurt oder über eine Regionalbörse wie Stuttgart, an der viele Anleihen rege gehandelt werden. Wichtig: Anleger sollten ein Kauflimit setzen und etwas Geduld mitbringen. Denn anders als Aktien werden Anleihen nicht im Minutentakt umgeschlagen, es kann durchaus auch mal Tage dauern, bis ein Limit zum Zuge kommt.

Prozenthandel

Dabei ist zu beachten, dass Anleihen nicht wie Aktien in Euro und Cent, sondern in Prozent gehandelt werden. Ihr Nominalwert jedoch lautet in Euro. Beispiel: Wer sich die Agfa-Gevaert-Anleihe mit der Kennnummer XS0218652906 kaufen möchte, zahlt zurzeit 101,10 Prozent (siehe Chartgalerie). Für 5000 Euro Nominalwert müssen Anleger also 5055 Euro hinblättern. Die Rückzahlung der Anleihe erfolgt dann am 2. Juni 2015 zu 5000 Euro.

Die tatsächliche Kaufsumme einer Anleihe liegt aber immer über der errechneten Summe aus Nominal- und Prozentwert. Das liegt daran, dass der Käufer der Anleihe zum – in der Regel jährlichen Zinstermin – die volle Zinszahlung für zwölf Monate erhält. Der belgische Druckspezialist Agfa-Gevaert etwa zahlt für die 2015er-Anleihe jeweils am 2. Juni 4,375 Prozent auf den Nominalwert, also 43,75 Euro auf 1000 Euro, was die kleinste erwerbbare Einheit wäre, oder eben 218,75 pro Jahr auf 5000 Euro. Wer nun beispielsweise am 2. April das Papier erwirbt, muss dem Verkäufer die Zinsen erstatten, die seit dem 2. Juni 2013 aufgelaufen sind, also eine Erstattung von zehn Zwölfteln für diese zehn Monate. Diese sogenannten Stückzinsen liegen per 2. April bei 36,46 Euro je 1000 Euro, also bei 182,30 Euro bei 5000 Euro Grundeinsatz.

Satte Gewinne

Die Kaufsumme der Anleihe erhöht sich demnach um diesen Betrag. Am Ende investiert ein Anleger also jetzt gut 5237 Euro um in 14 Monaten inklusive Zinsen insgesamt 5437,50 Euro aus der Agfa-Investition zu erzielen. Damit hätten Anleger immerhin rund das Dreifache der aktuellen Inflation von 1,2 Prozent erzielt – und den 15-fachen Ertrag eines derzeit üblichen Tagesgeldsatzes erzielt.

Wer seinen Sparerfreibetrag (801 Euro, 1602 Euro bei Verheirateten) ausgeschöpft hat, dem zieht der Fiskus 25 Prozent Abgeltungsteuer (plus Soli und Kirchensteuer) von seinen Zinserträgen ab. Die dem Verkäufer beim Kauf über die Börse gezahlten Stückzinsen dürfen Anleger aber steuerlich mit ihren Zinseinnahmen verrechnen (negative Stückzinsen). Zudem darf der Kursverlust der Anleihe von 55 Euro (5055 Kurswert zum Kaufzeitpunkt, 5000 Euro Rückzahlungsbetrag) am Ende der Laufzeit mit Spekulationsgewinnen aus Aktien oder auch mit Zins- oder Dividendeneinnahmen verrechnet werden.

Zudem fallen noch Kosten für den Anleihekauf an. Die Rückzahlung einer Anleihe bei Fälligkeit ist regelmäßig kostenlos. Bei Direktbanken, die Depots meist gratis führen, beginnen die Kosten je Order bei rund fünf Euro. Mehr als 20 Euro pro Order an Gesamtkosten (inklusive der geringen Börsengebühren) sollten Anleger auf keinen Fall akzeptieren, da sonst bei den Kurzläufer-Anleihen, die meist weniger als zwei Prozent abwerfen, die ohnehin schon geringe Rendite zu stark sinkt.

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