
Die Welt wandelt sich, nicht nur wegen Donald Trump. Mario, was bringt 2017?
Mario Gabelli: Unser Land wurde von Leuten geführt, die keine Ahnung hatten, wie man Geschäfte macht. Sie wussten nicht, wie man für sich das Beste rausverhandelt. Aber wie Nobelpreisträger Bob Dylan sagte: „The times they are a-changin’“ – die Zeiten ändern sich. Trumps Sieg bringt eine Wiedergeburt des Kapitalismus. Die USA bleiben ein Ort, wo Kapital geschätzt wird. Die Republikaner werden mit ihrer Kongressmehrheit Regulierungen abbauen. Eine Steuerreform wird die Wettbewerbskraft von US-Unternehmen stärken. Geldpolitische Stimuli enden, fiskalische Ausgabenprogramme kommen, etwa in Infrastruktur und Militär. Im ganzen Land macht sich Optimismus breit. Die Frage ist: Wie weit steckt das in den Aktienkursen schon drin?
Brian, Sie nicken.
Brian Rogers: Ich stimme Mario in vielem zu. Paul Ryan, der Sprecher des Repräsentantenhauses, ist jetzt der wichtigste Mann. Er wird federführend sein bei der Ausgestaltung und Umsetzung einer Steuerreform. Weniger Steuern fördern das Wachstum. Firmenvermögen, die im Ausland liegen, könnten in die USA fließen.
Felix Zulauf: Wird die Steuerreform schon 2017 greifen?
Rogers: Ich gehe davon aus, dass viele Änderungen schon 2017 betreffen. Das Umfeld zum Jahresauftakt ist günstig, aber Aktien sind mit einem durchschnittlichen Kurs-Gewinn-Verhältnis von 17 nicht günstig. Mal sehen, wie weit die Kurse noch steigen.
Oscar Schafer: Als Ronald Reagan Präsident wurde, stiegen die Kurse zwischen Wahltermin und Amtseinführung im Januar 1981 um neun Prozent. Dann fielen sie bis August 1982 um 30 Prozent. So muss es nicht kommen, aber es gibt derzeit viel Euphorie.
Bill Priest: Aktienrenditen werden von drei Komponenten bestimmt: Dividenden, Gewinne und dem KGV. Der MSCI-Weltaktienindex legte in den letzten fünf Jahren 87 Prozent zu. Davon gingen 74 Prozentpunkte auf Steigerungen des KGVs zurück. Die Gewinne sanken um zwei Prozentpunkte, die Dividenden stiegen um rund 15 Prozentpunkte. Die Kurse gingen nach oben, weil „Quantitative Easing“ die Renditen gedrückt und damit den Abzinsungssatz auf Gewinne und Cashflows reduziert hat. Jetzt steigen die Anleiherenditen. Dadurch wird das KGV eingebremst. Das lässt sich durch beschleunigtes Gewinnwachstum auffangen. Dazu kann eine Steuerreform beitragen.
Scott Black: Der Effekt niedrigerer Steuern ist vielleicht nicht ganz so toll wie angenommen. Unternehmen, die auf das Inland ausgerichtet sind, profitieren von Steuersenkungen. Doch die Unternehmen im S&P 500 machen viel Geschäft im Ausland. Apple und Alphabet etwa zahlen heute schon wenig Steuern – deutlich unter dem Satz von 25 Prozent, der vielleicht eingeführt wird.
Meryl Witmer: Trump redet von 15 Prozent, nicht von 25 Prozent.
Abby Cohen: Trump mag sich eine Menge vorgenommen haben, doch vieles davon muss vom Kongress gebilligt werden, teilweise mit qualifizierter Mehrheit. Manche Maßnahmen werden das Defizit massiv nach oben treiben. Es könnte sich bis 2020 auf fünf Prozent der Wirtschaftsleistung verdoppeln. Die Wirtschaft wächst nicht schnell genug, um diese Lücke zu stopfen.
Black: Ich bin kein Makroökonom, aber von der industriellen Revolution an bis etwa 2006 wurden Produktivitätssteigerungen durch Wellen technologischer Innovation ausgelöst. Heute wird Risikokapital in soziale Medien gesteckt. Das erhöht die Produktivität nicht.





Im Gegenteil.
Black: Wir brauchen eine neue Innovationswelle in der Technologie. Aber wir stecken fest im langsamen Wachstum. Trump mag Gutes tun, etwa in Sachen Deregulierung. Aber das ist keine Garantie, dass Amerika zurückfindet zu früherem Wachstum.
Gabelli: Vergessen Sie nicht den psychologischen Effekt: der Gedanke, dass Erfolg nicht mehr kleingemacht wird.
Witmer: Für Unternehmen sind niedrigere Steuern und weniger Regulierung himmlisch. Wenn der Unternehmenssteuersatz auf 15 Prozent sinkt, warum sollte man dann irgendwo anders unternehmerisch tätig sein? Wenn die Wirtschaft expandiert, wie ich es erwarte, brauchen die Unternehmen mehr Arbeitskräfte. Es gibt viele unterbeschäftigte Menschen, die gern Arbeit hätten. Es könnte auch mehr legale Einwanderung geben.
Black: In den Prognosen schwingt viel Euphorie mit.
Witmer: Ich erwarte keinen Höhenflug, aber wenn es der Kongress nicht verbockt, dann werden langfristig auch die Börsen gut laufen. Es ist faszinierend, dass Trump durch simples Twittern so viel erreicht.