
Eigentlich war der Dax in den vergangenen Monaten eine Art Indexo furioso. Immerhin hat der deutsche Leitindex zuletzt um mehr als ein Viertel gegenüber dem Vorjahr zugelegt und damit sein größtes Plus seit Jahren erreicht. Im Vergleich zu den chinesischen Indizes ist das allerdings gerade mal Mittelmaß. Fast 100 Prozent beträgt das Plus beim wichtigsten chinesischen Börsenindex Shanghai Composite.
Am Freitag übersprang der Index sogar erstmals die wichtige Marke von 4000 Punkten. Ähnlich gut lief es auch für den CSI 300, ein Index, in dem die 300 größten an den Börsen in Shanghai oder Shenzhen gelisteten Konzerne geführt werden.
Keine Frage, seit die Zentralbank in Peking die Geldpolitik deutlich gelockert hat, florieren die chinesischen Aktienmärkte. Erst vor knapp zwei Wochen stellte Zentralbankchef Zhou erneut billigeres Geld in Aussicht, die Märkte reagierten mit Kursgewinnen.
Die fünf großen Gefahren für Chinas Wirtschaftswachstum
Seit Jahren schießen die Immobilienpreise in Chinas Großstädten in ungeahnte Höhen - seit Monaten mehren sich jedoch Zeichen für einen Kollaps.
Neben den trägen Staatsbanken hat sich in China ein großer Markt von nicht-registrierten Geldinstituten etabliert, die der Staat bislang nicht kontrollieren kann.
Banken haben ohne genaue Prüfung Firmen immense Kredite für unproduktive und verschwenderische Investitionen gegeben.
Mit Subventionen der Regierung haben viele Branchen gewaltige Überkapazitäten aufgebaut, beispielsweise die Solarindustrie. Aber sie werden ihre Produkte nicht los.
Chinas Wirtschaft hängt vom Export ab. Geraten wichtige Abnehmerländer in Krisen, hat auch China Probleme.
Neben der Notenbankoffensive wirken zusätzlich Werbemaßnahmen seitens der Regierung. China will seine Finanzmärkte öffnen, und zwar in alle Richtungen. Auch für Ausländer wird der Zugang zu den Märkten auf dem chinesischen Festland immer einfacher, Banken werben um Investoren. Aber sollten Ausländer tatsächlich beim chinesischen Börsenhype mitmachen?
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Globale Streuung
Prinzipiell klingt der Schritt nach Fernost plausibel - hierzulande sind die Zinsen niedrig. Aktien gelten zwar als alternativlos, allerdings hat die Rally an den Börsen auch die Bewertungen hochgetrieben. Da ein breit gestreutes Depot umso wichtiger ist, macht es Sinn, auch auf anderen Märkten aktiv zu werden. „Anleger sollten dort investieren, wo Wachstum herrscht und die Verschuldung gleichzeitig gering ist“, sagt Guido Stiel, der für die Privatbank Hauck & Aufhäuser Portfoliomanager vor allem Aktien in Schwellenländern analysiert. China sei da geeignet, vor allem weil die private Verschuldung im internationalen Vergleich deutlich niedriger sei als in vielen Industriestaaten.
Allerdings kamen in den letzten Wochen immer größere Zweifel am Börsenboom made in China auf. Erst am Mittwoch warnte Mark Mobius, Schwellenländer-Guru und Chef der Franklin Templeton Emerging Markets-Gruppe, die Kurse seien viel zu schnell gestiegen. Zwar sei der Bullenmarkt noch "intakt", wird Mobius von der Nachrichtenagentur Bloomberg zitiert, allerdings sei Vorsicht angebracht, erneut hätten Investoren so viele neue Depots eröffnet wie noch nie. "Es ist ein bisschen zu weit und zu schnell gegangen", so Mobius. Demnach drohen China-Aktien nach dem rasanten Anstieg ein Absturz um 20 Prozent.
Aktienhandel statt Lektüre
Mobius ist nicht der einzige Zweifler angesichts des Booms. Das Hauptproblem sind die Investoren selbst. Die Regierung in Peking will Privatanleger an die Märkte locken. In einigen Medien wurde bei der chinesischen Bevölkerung gezielt für Aktieninvestments geworben. Der Erfolg davon ist allerdings zweifelhaft.
Zuletzt ergab eine Untersuchung des Branchendienstes "Bloomberg Brief", dass es nicht gerade Investmentprofis sind, die in China die Kurse treiben. Vielmehr sind es Teenager und andere unerfahrene Händler, die von der Regierung zum Aktienkauf angetrieben werden. Rund sechs Prozent der neuen Aktionäre sind der Studie zufolge sogar Analphabeten.