Ihre gemeinsamen Auftritte bei der jährlichen Hauptversammlung von Berkshire Hathaway sind legendär. Sie ähneln mehr einer unterhaltsamen Talkshow oder einem Volksfest, denn einem jährlichen Aktionärstreffen. Und das ist nicht nur dem weltbekannten Warren Buffett geschuldet, sondern auch seinem Partner Charlie Munger.
In den Medien, vor allem in den deutschsprachigen, ist es aber vor allem Buffett, der mit seinen markigen Sprüchen zitiert und ob seiner Anlageerfolge gefeiert wird. Dabei steht ihm Munger in nichts nach. Das zeigt auch ein neues Buch über den Vizepräsidenten von Berkshire Hathaway.
Charlie Munger ist eine Art „Alter Ego“ von Buffett, die graue Eminenz von Berkshire Hathaway. Die beiden arbeiten bereits seit fast 40 Jahren zusammen. Der heute 91-jährige Munger, studierter Jurist, übernahm den Posten des Vize-Geschäftsführers bei Berkshire Hathaway, nachdem seine eigene Investmentfirma 1978 von Warren Buffett gekauft wurde. Da wundert es wenig, dass der Superinvestor und sein Geschäftspartner ziemlich ähnlich denken – und natürlich dieselbe Investmentphilosophie verfolgen.
Das belegen auch die vielen Zitate, mit denen das Buch gespickt ist und die Autor Griffin analysiert. Munger ist extrem belesen, ein Verfechter der sogenannten Weltklugheit. „Man muss die großen Ideen der großen Fachrichtungen kennen und sie routinemäßig nutzen – alle, nicht nur ein paar davon“, wird Munger zitiert.
Alle Klugheit der Welt sei nicht in einem einzigen akademischen Fach zu finden. „Das ist der Grund, warum Literaturprofessoren in einem weltlichen Sinn im Großen und Ganzen so wenig klug sind. Sie haben nicht genug Modelle im Kopf.“ Aussagen wie diese zeigen, dass Munger kein Blatt vor den Mund nimmt.
Hauptsächlich geht es in dem Buch aber natürlich um den Investmentstil des Super-Duos. Und hier hämmert der Autor seinen Lesen fasst schon im Minutentakt ein, dass die beiden Value-Investing „nach Graham“ betreiben. Das hat man als aufmerksamer Leser nach ein paar Seiten begriffen und muss es nicht in 15 Zeilen fünfmal oder mehr lesen.Benjamin Graham ist der Vater des Value-Investings, Professor und Lehrmeister von Warren Buffett. Munger und Buffett haben seinen Stil allerdings weiterentwickelt und verfeinert. Nichtsdestotrotz wandeln sie auf den Spuren Grahams.
Auf den Spuren Benjamin Grahams
An mancher Stelle wünscht man sich ausführlichere Erklärungen. Das Verständnis vieler Fachbegriffe setzt der Autor voraus – Börsenneulinge dürfte er damit überfordern. Zwar gibt es ein Glossar, doch das geht oft nicht weit genug. Beispielrechnungen etwa zum inneren Wert eines Unternehmen wären hilfreich. „Wir müssen uns mit den Dingen beschäftigen, die wir verstehen können“, sagt schließlich sogar Munger selbst.
Und auch wenn es um die Qualität des Managements geht – für Munger ein wichtiger Punkt bei seinen Anlageentscheidungen – werden die Leser alleine gelassen. Wer Maßstäbe erwartet, die er als Anleger selber anwenden kann, wird enttäuscht.
Trotzdem ist das Buch lesenswert. Es enthält viele amüsante Anekdoten. Dem Autor geht es nicht nur um die Investmentstrategie Mungers, sondern auch um seine Denkstrukturen. Das Buch ist keine klassische Biographie, enthält aber viele biographische Elemente. Es ist auch kein klassisches Sachbuch, trocken, voller Zahlen und Formeln. Im Gegenteil. Es ist vor allem die Lebenserfahrung von Munger, die begeistert – und sein Bündel interdisziplinärer Denkmodelle und -ansätze aus Wirtschaft, Psychologie und Philosophie.
Seine Erfahrungen würden Munger zu einem besseren Anleger machen, so der Autor. Der 91-Jährige schaffe es, Emotionen und seine Anlagen strikt zu trennen und so die üblichen psychologischen Fallstricke zu meiden. „Die Unfähigkeit, richtig mit psychologischer Verleugnung umzugehen, ist ein verbreiteter Weg in die Pleite“, wird Munger zitiert. Oder anders ausgedrückt: „Die Idee, objektiv und leidenschaftslos zu sein, wird nie überholt sein.“
Ein gut lesbares Buch, gespickt mit vielen Anekdoten und noch mehr Zitaten. Letztere sind zwar etwas gewöhnungsbedürftig gelayoutet – die Quellenangabe ist größer gedruckt als das Zitat selbst –, aber grundsätzlich sehr unterhaltsam. Für Buffett-Fans ein absolutes Muss – und für leidenschaftliche Börsianer auch. Oder um es mit Munger zu sagen: „Was ist am wichtigsten: Leidenschaft oder angeborene Kompetenz? Berkshire Hathaway ist voll mit Leuten, die eine merkwürdige Leidenschaft für ihr eigenes Unternehmen hegen. Ich würde sagen, dass sie wichtiger ist als Intellekt.“