Büro, Hotel, Wohnung Welche Immobilienfonds in Pandemiezeiten die Nase vorn haben

Immobilien wie das Bürohochhaus in Frankfurt am Main bleiben bei Investoren beliebt, die einen Inflationsschutz suchen. Die Pandemiefolgen drücken die Preise noch nicht massiv. Das hilft auch den Immobilienfonds, in die Anleger Milliarden investieren.  Quelle: dpa

Trotz der Pleiten im Einzelhandel und dem Trend zum Homeoffice bleiben Immobilienfonds Verkaufsschlager, nicht zuletzt auch, weil Anleger Inflation und Börsenabsturz fürchten. Was Anleger dazu wissen müssen. 

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Die Sorge um Geldentwertung, also Inflation, treibt immer mehr Anleger um. Viele suchen nach Sachwerten, mit denen sie ihr entkommen könnten. Das ist einer der Gründe für den Verkaufserfolg von Immobilienfonds. Mehr als 8,3 Milliarden Euro flossen ihnen im vergangenen Jahr zu, auch von Privatanlegern. Statt auf Anleihen mit Minuszinsen oder Rentenfonds setzen diejenigen, die nach einer ruhigen und stetigen Performance suchen, lieber auf Immobilienfonds. In der Vergangenheit konnten sie die Inflation so zumindest ausgleichen. 

Crashgefahr abgewendet

Durch die Corona-Pandemie gab es bereits einen Preisrutsch in einzelnen Teilen des Immobilienmarktes. Insgesamt waren die Renditen der Immobilienfonds im Jahr 2020 auch bereits niedriger als im längerfristigen Durchschnitt. Doch der große Crash blieb bislang aus. Immobilienfinanzierer zeigten sich in einer Umfrage jüngst allerdings skeptisch: Sie rechnen mit weiteren Preisrückgängen.

Die letzte Krise der Branche ist noch nicht lange her: In der Finanzkrise waren Immobilienfonds auf breiter Front in Liquiditätsnöte geraten. Der Gesetzgeber reagierte und führte Kündigungsfristen ein. Anleger können ihre Immobilienfonds-Anteile nun nicht mehr so schnell verkaufen. Zudem bekommen die Fonds immer noch viel Geld von Anlegern, Liquidität haben sie also genug und Gebäude lassen sich am Markt weiterhin gut verkaufen.



Trotzdem sollten Anleger ihre Fonds beobachten. Eine Auswertung der Berliner Spezialisten von Scope Analysis bietet einen guten Einblick in die Anlageschwerpunkte der Fonds (siehe Tabelle). Üblicherweise investieren die größten Fonds etwa die Hälfte der Anlegergelder in Büroimmobilien. Einzelhandel, Hotel, Wohnen und Logistik sind weitere Investitionsfelder. Die Gefahr von dauerhaften Wertverlusten ist in manchen Segmenten des Immobilienmarktes höher als in anderen. Unternehmen geben ihre Büros nicht so schnell komplett auf, wie Einzelhändler ihre Läden. Auch Hotelbetreiber können langfristig angemietete Immobilien in Europa nicht einfach wieder dem Vermieter überlassen. Anleger, die wissen, ob ihr Portfolio stärker in Hotels oder in Wohnimmobilien investiert, können die Risiken des Investments besser einschätzen. Und wenn sie einen zweiten Fonds hinzukaufen möchten, wählen sie besser einen mit anderen Schwerpunkten. Jörg Benecke, Vorstand von CS Realwerte aus Wolfenbüttel ist ein Investor, aber auch ein sehr kritischer Beobachter der Immobilienfonds. Er hält die Crashangst für überzogen und zitiert die alte Anlegerregel: Bei den Fonds nie alle Eier in einen Korb zu legen, sondern das Vermögen auf mehrere Fonds zu verteilen. Und dann solle man hoffen, dass keine ganz faulen Eier im Portfolio versteckt seien.

Verzögerte Anpassung statt Aktiencrash

Immerhin: Die Fonds sind in die Pandemie mit wenig Leerstand und hohen Mieterträgen gegangen. Das hilft ihnen jetzt auch ganz gut über die Runden. Der Trend zum Homeoffice und die Pleiten im Einzelhandel werden aber Spuren hinterlassen. Nachverhandlungen bei den Mietpreisen, Stundungen oder Halteanreize für Mieter sind in der Branche derzeit üblich. Während die Aktien von Immobiliengesellschaften in der Pandemie teils sehr stark gefallen sind, gaben die offiziell von den Fondsgesellschaften festgestellten Preise der Fonds kaum nach. „Wie immer reagieren die Immobilienfonds mit der ihnen innewohnenden Verzögerung“, sagt Oliver Weinrich, Vorstand bei Drescher & Cie Immo Consult.

Die Aktienkurse großer Shoppingenterbetreiber im Vergleich

Die Mischung der Fonds aus verschiedenen Anlagen funktioniert. Beispiel Shopping: Die Aktien europäischer Shoppingcenterbetreiber Deutsche Euroshop, Unibail Rodamco oder der französischen Mercialys sind seit Jahren im Sinkflug. Üblicherweise zahlen sie aber ordentliche Dividenden und wenn die Center in Regionen mit kaufkräftiger Kundschaft stehen, können sie sich bestenfalls von der Krise schnell erholen - trotz der Online-Konkurrenz. Zuletzt gab es mit der Hoffnung auf ein Ende der Lockdown-Beschränkungen bei den Aktien leichte Aufwärtsbewegungen (siehe Chart oben). In den Kursen der Immobilienfonds allerdings kamen solche Bewegungen nie vor, obwohl der Einzelhandelsanteil etwa beim Milliardenfonds UniImmo:Deutschland 35 Prozent beträgt. 

Die offiziellen Werte, mit denen die Aktiengesellschaften die Immobilien in den Bilanzen haben, stoßen an der Börse auf Misstrauen. Die Börsenwerte der Unternehmen liegen weit unter dem Wert, den sie für ihre Immobilien offiziell angesetzt haben. Bei den Immobilienfonds, die Sachverständige vier Mal im Jahr bewerten, kommen Marktveränderungen immer mit einem zeitlichen Verzug in den offiziellen Kursen der Fondsgesellschaften an. Deshalb entwickeln sich die Kurse stetiger als die von Immobilienaktiengesellschaften. Der Vergleich eines ETF mit Immobilienaktien zeigt, dass der Aktienmarkt im Boom weit vorausläuft, in einer Flaute aber auch viel weiter abstürzt (siehe Chart unten). 

Kursverlauf eines offenen Immobilienfonds

Shopping: Nützliche Nahversorger 

Nur weil ein Fonds große Einzelhandelsflächen vermietet, muss er kein Super-Flop werden. Es kommt darauf an, wo die Immobilien liegen und wie sie ausgestaltet sind. „Im Einzelhandel leiden Shopping-Center und High-Street-Lagen. Hier sinken bereits die Mieten und die Objekte verlieren an Wert“, sagt Sonja Knorr, Leiterin Alternative Investments bei Scope Analysis. Das Berliner Unternehmen kennt wie kein anderes die Zusammensetzung der Fonds und die daraus resultierenden Vor- und Nachteile. Nahversorgungszentren mit Supermarkt, Friseur, Bäcker, Apotheke, Getränke- und Drogeriemarkt blieben gefragt und ihr Wert sei stabil, so Knorr.

Die milliardenschweren Fonds wie der Hausinvest von CommerzReal haben in den vergangenen Jahren am liebsten bei den Dickschiffen unter den Einkaufstempeln zugegriffen Die derzeit auch bei Investoren weiterhin gefragten Nahversorgungszentren waren vielen zu klein und kümmerlich. Mit ihnen allerdings machen Fonds wie der Swiss Life European Living and Working derzeit Punkte. Er bietet eine Kombination aus Büros, Nahversorgungszentren, Gesundheits- und Wohnimmobilien, die es, bevor der Fonds 2016 startete, zuvor nur für Großanleger gab. 

Manche der Fondsriesen haben allerdings ebenfalls den Trend zu Logistikimmobilien früh erkannt. Der Anteil liegt inzwischen bei bis zu 17,9 Prozent beim Grundbesitz Focus Deutschland. Für den Online-Handel nötige Logistikstützpunkte werden weiterhin benötigt, auch als Verteilungszentren für Impfstoffe dürften manche gefragt sein. 

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