
Was ist da denn los? Plötzlich fallen die Kurse der als ultimativer Hort der Sicherheit geltenden deutschen Staatsanleihen. Seit ihrem Tief Mitte April hat sich die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen verachtfacht; die damit einhergehenden Kursverluste haben vor allem Hedgefonds die Suppe versalzen, die ihre Wetten auf steigende Kurse mit geliehenem Geld aufgeblasen hatten. Auslöser waren die Kommentare einiger Anlagegurus. Noch am 17. April hatte eine zehnjährige deutsche Staatsanleihe gerade mal 0,049 Prozent Zins pro Jahr eingebracht; die Renditen kürzer laufender Bonds sind negativ. Das sei nicht auf Dauer durchzuhalten, meinte Ex-Pimco-Chef Bill Gross und folgerte, mit Wetten auf fallende Kurse könne man das „Geschäft seines Lebens“ machen. Jeffrey Gundlach von DoubleLine Capital sprach gar vom „Leerverkauf des Jahrhunderts“. Mit Leerverkäufen von geliehenen Papieren wetten Anleger auf fallende Kurse.
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Laut Gundlach winkt bei einem Leerverkauf von zweijährigen Bunds, deren Rendite bei minus 0,2 Prozent liegt, ein sicherer Gewinn von 20 Prozent – wenn man das eigene Geld mit dem 100-Fachen an Fremdkapital hebelt; bei kurzfristigen, relativ ausfallsicheren Papieren ist es nicht so abwegig, dass man dafür Kredite bekommt. Denn dass die Anleihe bis zu ihrer Fälligkeit in zwei Jahren genau diese 0,2 Prozent an Kurswert verlieren wird, ist eine Gewissheit, schließlich wird sie zu 100 Prozent zurückbezahlt.
Was Investoren für die lukrativste Geldanlage halten
Das Meinungsforschungsinstitut Forsa befragt einmal jährlich im Auftrag von pro aurum die Deutschen nach ihren Anlagestrategien. Hier die Ergebnisse vom Juni 2015 - im Vergleich zu den Vorjahren. Zuerst wurden den Bürgern fünf Geldanlagen genannt, mit der Bitte, anzugeben, welche davon aus ihrer Sicht derzeit am besten als langfristige Geldanlage mit mindestens drei Jahren Laufzeit geeignet ist.
Gold platziert sich zum fünften Mal in Folge an erster Stelle, diesmal allerdings deutlicher vor Aktien, die seit 2011 Zuwächse erzielten, aber aktuell in der Anlegergunst gesunken sind: 30 Prozent der Bürger würden sich heute für Gold entscheiden, weil sie vermuten, dass diese Anlage nach mindestens drei Jahren Laufzeit im Vergleich zu den vier anderen Geldanlagen den meisten Gewinn bringt. Gold konnte somit um zwei Prozentpunkte zulegen.
Nur noch 23 Prozent halten Aktien für besonders lukrativ, wenn es um langfristige Geldanlagen geht. Im Vorjahr hatte dieser Wert mit 27 Prozent offenbar einen Gipfel erreicht.
Es folgen Fondsanteile mit zwölf Prozent. Fonds sind in der Gunst der Anleger wieder leicht gegenüber dem Vorjahr gestiegen. 2013 hatte dieser Wert mit 13 Prozent noch ein Hoch erreicht, war aber 2014 auf elf Prozent zurückgefallen.
Fest- beziehungsweise Termingeld hielten sieben Prozent der Befragten für die lukrativste langfristige Geldanlage. Seit 2011 ist diese Anlageklasse deutlich ins Hintertreffen geraten, damals glaubten noch 22 Prozent der Befragten, Termin- und Festgelder würden auf drei Jahre betrachtet den meisten Gewinn abwerfen.
Drei Prozent nannten Anleihen als aussichtsreichste Anlageklasse, im Vorjahr waren es nur zwei Prozent. Anleihen spielen somit für Privatanleger praktisch keine Rolle. Ernüchternd: Knapp jeder vierte Bürger (24 Prozent) kann nicht sagen, welche dieser Anlagen am besten geeignet wäre, um langfristig möglichst viel Gewinn zu erzielen. Die Angaben "weiß nicht" oder "keine davon" kamen bereits in den Vorjahren ähnlich häufig vor.
Jedenfalls gilt das in normalen Zeiten. Aber vielleicht sind deutsche Staatsanleihen nicht der Schutzhafen, für den die Anleger sie seit 2008 halten? Investoren, die US-, britische oder japanische Staatsanleihen kaufen, wissen, dass diese zum Ende der Laufzeit zu 100 Prozent des Kaufpreises in Dollar, Pfund oder Yen zurückgezahlt werden. Wie viel Inflation bis dahin die Anleiherendite real entwertet, steht auf einem anderen Blatt, aber die Rückzahlung 1:1 ist sicher. Bei Euro-Staatsanleihen ist das nicht ganz so trivial. BCA Research schätzt das Risiko eines Euro-Zerfalls bis 2020 auf 20 Prozent, was nach wenig klingt, aber nicht vernachlässigbar ist. Eine neue D-Mark würde angesichts des Produktivitätsvorsprungs der deutschen Wirtschaft um etwa zehn Prozent gegenüber dem Euro aufwerten, meinen die BCA-Analysten, eine neue Lira um zehn Prozent abwerten.