Zwar hat Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank, bisher sein berühmtes Versprechen „alles Erforderliche tun, um den Euro zu erhalten“ gehalten, aber selbst Super Mario könnte einmal die Luft ausgehen. Fünf Jahre nach der Rettung Griechenlands steht Athen wieder am Rand der Insolvenz. Zwischen den Forderungen der EU nach weiteren Reformen und der Regierung, die mit einer Wirtschaftsdepression konfrontiert ist, liegt nach wie vor eine breite Kluft. Früher hätten schwache Länder jetzt einfach ihre Währung verbilligt und sich so Schwung über ein besseres Exportgeschäft geholt. Wenn Griechenland im Euro bleibt, ist dieser Ausweg versperrt.
„Gross und Gundlach hätten den Zeitpunkt für ihre Spekulationen nicht besser wählen können“, sagt David Ader, Leiter Staatsanleihestrategie bei CRT Capital, „vielleicht hielten sie ja zufällig selbst schon eine klitzekleine Wette auf fallende Kurse und wollten sie mit ihren öffentlichen Erklärungen absichern“, sagt er sarkastisch. Etwas einfacher machen es sich die Analysten von RBC Capital Markets: „Was hoch gestiegen ist, muss auch wieder herunterkommen.“ Gefährlich sind die Äußerungen, weil sie geeignet sind, eine Kettenreaktion auszulösen.
Auch die Kurse anderer Staatsanleihen gaben nach, besonders die der von Öleinkünften abhängigen Staaten. Die Währungsreserven Saudi-Arabiens schrumpften in zwei Monaten um 36 Milliarden Dollar. Auch Russland soll einige Reserven verbrannt haben. Zuletzt gerieten die Kurse von US-Aktien unter Druck. Laut Louise Yamada, Chefin von Technical Research Advisors, ist der Anteil der S&P 500-Aktien, die über ihrem gleitenden 50-Tage-Durchschnitt notieren, auf unter 250 gerutscht. Das gilt als Zeichen nachlassender Aufwärtsdynamik. Nun liegen Branchen an der Börse vorn, deren Impulse zu schwach sind, als dass sie den Gesamtmarkt anschieben könnten.
Yamada betont, dass dies auch Zeichen einer gesunden Korrektur im Verlauf eines Bullenmarktes sein kann und nicht unbedingt schon eine Trendwende zum Schlechten bedeuten muss. Doch leider mehren sich auch die geopolitischen Risiken. Noch wurde keine Einigung über die Schulden Griechenlands erzielt. Und in Großbritannien finden Wahlen statt: Gewinnen die EU-Skeptiker, verlässt eine der wenigen Zugmaschinen des Bündnisses die EU vielleicht sogar noch vor dem Sorgenkind Griechenland.