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Chefvolkswirt Deutschlands Inflationsrisiko

Die EZB musste einer akut drohenden Kreditklemme in Südeuropa entgegenwirken, sagt Norbert Braems, der Chefvolkswirt des Kölner Bankhauses Sal. Oppenheim. Aber Banken und Ölpreis bergen weiter Risiken.

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Der Schriftzug der Privatbank Sal. Oppenheim Quelle: dapd

WirtschaftsWoche: Herr Braems, die Gewerkschaften im öffentlichen Dienst fordern: die nächsten Milliarden für uns und nicht für die Banken. Die Bürger brauchen die Müllabfuhr mehr als die Strukturierungsabteilung von Banken. Ist die Forderung berechtigt?

Braems: Der Eindruck, dass Banken Gewinne einbehalten und Verluste auf die Gesellschaft abwälzen, könnte entstanden sein, und eine solche Situation wäre auf Dauer natürlich nicht tragbar. Grundsätzlich aber brauchen wir für eine funktionierende Volkswirtschaft auch funktionierende Banken. Die Frage ist, ob der Finanzsektor schon so weit umstrukturiert ist, dass von einzelnen Instituten keine systemischen Risiken mehr ausgehen.

Norbert Braems Quelle: PR

Und, sind die Großbanken ausreichend geschrumpft?

Offensichtlich ist nicht allein die Größe eines Instituts relevant, sondern die Vernetzung und Transparenz. In jedem Fall zeigten im November letzten Jahres die Indikatoren wieder eine erhöhte Stresssituation im Sektor an. Die EZB hat, indem sie den Banken im Dezember Kredite über 489 Milliarden Euro auf drei Jahre zu einem Prozent zur Verfügung gestellt hat, der einen oder anderen möglichen Schieflage im Bankensektor entgegengewirkt und zu einer Beruhigung der Lage beigetragen.

Der Schuldenschnitt Griechenlands wurde als Kreditereignis eingestuft. Drohen systemische Risiken, weil jetzt CDS, also Kreditausfallversicherungen auf griechische Anleihen, ausbezahlt werden müssen?

Ganz ausschließen kann man das nicht. Niemand weiß schließlich, ob sich trotz angeblich überschaubarer Nettoverpflichtungen irgendwo in der globalen Finanzwelt Risiken klumpen. Der CDS-Markt ist sehr nebulös und muss dringend transparenter werden. Aber in Griechenland saßen die großen Banken ja über Monate mit am Tisch. Eine Bank, die ihre Bücher bis zuletzt noch voll hatte mit CDS, muss etwas verpasst haben.

Wird der Preis für die Retterei Inflation sein?

Es gibt aktuell keinen Grund zur Panik vor einem inflationären Schub. Die geschaffene Liquidität bleibt ja überwiegend im Bankensektor und fließt sogar zur Notenbank zurück, weil die Banken nicht richtig funktionieren. Die EZB musste eine Kreditklemme verhindern, wie sie in einigen südlichen Regionen der Euro-Zone zum Teil schon sichtbar war. Die Geldmenge in der Euro-Zone, die relevant ist für Inflation, wächst nur moderat mit zwei Prozent. Das Kreditwachstum stagniert oder nimmt gar ab.

Den Ölpreis kann eine Notenbank nicht kontrollieren.

Das ist richtig. Über einen steigenden Ölpreis holen wir uns inflationäre Tendenzen herein.

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