Am Mittwoch hat Deutschland neue Bundesobligationen mit fünfjähriger Laufzeit auf den Markt geworfen. Trotz seines Status als "sicherer Hafen" muss die Bundesregierung ihren Gläubigern etwas höhere Zinsen bieten: Die durchschnittliche Rendite stieg im Vergleich zu einer Auktion Ende November um 0,12 Punkte auf 0,53 Prozent. Im längeren Vergleich kann sich Deutschland aber immer noch ungewöhnlich günstig refinanzieren. Mit den Schuldtiteln nahm der Bund unmittelbar knapp 4,1 Milliarden Euro auf.
Das besondere an der ausgegebenen Anleihe ist, dass sie die erste ausgegebene Obligation ist, die mit dem integrierten Gläubigerverzicht daher kommt. Seit Januar 2013 enthalten nämlich alle neu ausgegebenen europäischen Anleihen, deren Laufzeit die zwölf Monate überschreitet, eine sogenannte "Umschuldungsklausel", etwas weniger poetisch könnte man auch von einer Enteignungsklausel sprechen. Die Collective Action Clause (CAC), auf die sich die Euroländer vor gut einem Jahr geeinigt haben, soll es überschuldeten Staaten möglich machen, die Rückzahlung an die Gläubiger zu verhindern.
Wie die Collective Action Clause funktioniert
Die Collective Action Clause (CAC) soll den Umgang mit Staatsschuldenkrisen vereinfachen. Sie erlaubt es den Gläubigern eines Staates, bindende Änderung der Anleihebedingungen zu beschließen. So soll verhindert werden, dass ein kleiner Teil der Gläubiger eine Umschuldung blockiert.
Die Euroländer haben sich Ende 2011 auf die Collective Action Clause verständigt, weil Anleihenbesitzer die Umschuldung Griechenlands erschwerten. Ohne die CAC konnte ein Teil der Gläubiger sein Geld in vollem Umfang vom völlig überschuldeten Staat zurückverlangen, während das Gros der Investoren auf eine Rückzahlung verzichtete. Solche Forderungen machen auch Argentinien immer noch zu schaffen - und das mehr als zehn Jahre nach dem Bankrott.
Die Umschuldungsklausel gilt seit Januar 2013 für Anleihen aller Euroländer. Sie betrifft ausschließlich neue, also ab 1.1.2013 begebene Staatsanleihen mit einer Laufzeit von mehr als zwölf Monaten.
Wer Staatsanleihen kauft, muss damit rechnen, dass im Falle einer Pleite des Landes sein Geld weg ist. Sobald 75 Prozent der Anleihenbesitzer dafür sind, werden die Vertragsbedingungen des Papieres neu bestimmt. Das kann auch den Verzicht auf eine Rückzahlung beinhalten.
Jetzt ist, zumindest bei Deutschland, der Zahlungsausfall relativ unwahrscheinlich - bei der Griechenlandumschuldung hätte die Klausel dem Pleitestaat aber einige durchwachte Nächte erspart. Die CAC besagt, dass die Vertragsbedingungen einer Anleihe neu bestimmt werden können, wenn 75 Prozent der Anleihebesitzer dem zustimmen.
Warum die Klausel auch Kleinsparer trifft
Das heißt, sie können sowohl die ursprünglich festgelegte Laufzeit, als auch Nennwert oder Verzinsung des Papieres verändern. Laufzeitverkürzungen sowie Erhöhungen von Zins und Rendite sind dabei natürlich nicht geplant.
Prinzipiell könnte man meinen, dass die CAC nur die wenigsten betrifft, schließlich investiert "Otto Normalverbraucher" nicht in Staatsanleihen. Allerdings dürfen Anbieter von Renten- und Lebensversicherungen ihr Geld nicht in jede Zockerbude investieren, sondern müssen auf sichere Anleihen - mit derzeit katastrophaler Rendite - setzen. Fällt nun auch das Investment eines Versicherers der Enteignungsklausel zum Opfer, kommt das auch beim Sparer an, dessen Lebens- oder Rentenversicherung mit den Zinsen der Staatsanleihen refinanziert wird.