
WirtschaftsWoche: Der Goldpreis ist um 300 Dollar zurückgekommen. Ist das jetzt wieder eine Gelegenheit, um Gold zu kaufen?
Markus Bachmann: Gold gehört in jedes diversifizierte Portfolio, ja die Korrektur kann man nutzen. Ob der Preis mal zehn Prozent fällt, ist kaum relevant. Gold ist eine Versicherung für alles, was man noch nicht weiß und jederzeit liquide.
Warum hat der Goldpreis eigentlich so stark korrigiert?
Es ist naiv anzunehmen, dass es in einem Markt nicht auch Leute gibt, die von spekulativen Motiven getrieben werden. Das gilt für jedes ökonomische Gut, also auch für Gold und Rohstoffe. Nehmen Sie Kupfer. Der Preis ist binnen weniger Wochen zwischenzeitlich um fast 30 Prozent eingebrochen. Das war keine Folge einer stark sinkenden physischen Nachfrage oder einer plötzlichen Angebotsschwemme, sondern Folge dessen, dass die Terminbörsen einen höheren Spieleinsatz verlangt und ihre Margen erhöht haben. Und die physische Nachfrage nach Gold ist ja stark geblieben. Die Börsenbetreiber machen das ohne lange Vorankündigung und stellen die Händler vor vollendete Tatsachen. Viele kurzfristig orientierten Anleger mussten deshalb verkaufen. Da war das spekulative Element rasch raus aus den Märkten. Das Marktumfeld ist jetzt viel reiner.
Ist das spekulative Element ähnlich hoch bei Rohstoffen, deren Preise nicht über die Terminmärkte bestimmt werden?
Nein, da haben die Preise teilweise überhaupt nicht reagiert. Etwa im Bereich der Mineralsande, wozu zum Beispiel Zirkon gehört, liegen die Preise um 20 Prozent über Jahresanfang. Da zählt nur hartes Angebot und harte Nachfrage. Es herrschen unterschiedliche Dynamiken in Märkten, in denen Grundbedürfnisse den Preis definieren gegenüber Märkten, wo die Preise mehr über Derivate definiert werden.
Dann schließt man das Rohstoff-Kasino an den Terminmärkten eben.
Das ist illusorisch und hätte auch Nachteile für viele Produzenten und Abnehmer von Rohstoffen. Man muss mit diesen spekulativen Elementen leben. Wer spielen will, der soll meinetwegen spielen, wenn er den Spieleinsatz aufbringen kann. Wir sind nicht an den Terminbörsen aktiv, sondern fokussieren uns auf das Handwerk einer soliden Fundamentalanalyse von Rohstoffaktien.
Rohstoffaktien laufen nicht unabhängig von den Preisen des jeweiligen Rohstoffs.
Richtig. Aber ich lasse mich nicht aus dem Konzept bringen von einer hohen kurzfristigen Volatilität. Schlussendlich ist der Preis mittel- bis langfristig immer eine Funktion von Angebot und Nachfrage.
Sind die Ausschläge größer geworden an den Rohstoffmärkten, weil immer mehr Gelder in die Märkte geflossen sind?
In alle Märkte ist mehr Kapital geflossen, weil die Zinsen so tief waren und sind. Deshalb funktioniert das Capital Asset Pricing Model (CAPM), das in der Portfoliotheorie gelehrt wird, nicht mehr.
Hat das jemals funktioniert?
Eigentlich hat es noch nie richtig funktioniert. Schauen Sie all diejenigen an, die wie blöde Griechenbonds gekauft haben, weil sie gedacht haben, das seien risikofreie Anlagen. Dasselbe passierte ja mit Subprime-Hypotheken, die mit AAA benotet wurden. Das zeigt: Risiko wird in diesen Märkten nicht mehr richtig gemessen, weil Geld zu billig ist.