Derivatehandel Wie Zertifikate in die Irre führen

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Anleger wollen Sicherheit

Wenn sich für den Zertifikateanbieter die Frage stellt, unter welchem Namen das Produkt den Anlegern angeboten wird, geht der Werbeeffekt nicht selten vor Transparenz – ganz so wie auf anderen Märkten auch. Unter den überwiegend maschinell erstellten Derivaten finden sich daher neben ganz funktionalen, mitunter komplizierten Produktbezeichnungen wie „Open End Turbo Optionsschein Dax Put“ auch Wertpapiere mit illustren Namen wie „6.00% p.a. EUR Kick-In GOAL“ oder „Daimler Deep Barrier Aktienanleihe“. Klingt irgendwie gut, sagt aber wenig über die Funktionsweise des Zertifikats aus.

Dabei sind die konkreten Produkteigenschaften das alles Entscheidende bei Zertifikaten. Grundsätzlich müssen Anleger hier zwischen zwei großen Kategorien unterscheiden: Den Anlage- und den Hebelprodukten. Dabei sollen die Anlageprodukte grundsätzlich einen gewissen Schutz vor Verlusten bieten. Der DDV unterscheidet hier weiter nach Produkten mit 100 Prozent Kapitalschutz (etwa „strukturierte Anleihen“ oder „Kapitalschutz-Zertifikate“) und solchen mit weniger als 100 Prozent Kapitalschutz. In letztere Kategorie fallen nach dieser Systematik zum Beispiel auch Discount-, Bonus- oder Express-Zertifikate. Die weit spekulativeren Hebelprodukte werden in der Regel nur danach unterschieden, ob sie eine Knock-out-Schwelle haben (Knock-out-Produkte) oder nicht (Optionsscheine). Entscheidend ist hier, dass der Anleger mit dem Hebel die Kursgewinne und -verluste des Basiswertes vervielfachen kann.

Sicherheit und Garantien bevorzugt

Gemessen am investierten Volumen, stecken die Zertifikateanleger ihr Geld fast ausschließlich in die vermeintlich sicheren Anlageprodukte. Zwar bewegt sich das Angebot an Hebelzertifikaten mit weit über 400.000 Produkten in einer ähnlichen Größenordnung wie das der Anlageprodukte, dafür stecken 98,5 Prozent der investierten Summen in der letzteren Gruppe. Dass Anleger derzeit Sicherheit und Solidität bevorzugen, zeigen auch die Handelsumsätze mit Anlagezertifikaten an den Börsen in Stuttgart und in Frankfurt: Der Umschlag von Anlagezertifikaten nimmt zu, der von Hebelzertifikaten ging zurück. Rund 60 Prozent der Kundenorders an den Börsen entfielen im Juni auf Anlagezertifikate. Das Bedürfnis der Anleger nach Sicherheit ihrer Anlagen ist also ungebrochen.

Das Problem für den Zertifikate-Anleger: Selbst wenn ein Produkt Sicherheit verspricht, ist diese in der Konstruktion der Zertifikate oft nur ein Aspekt unter vielen. Die Risiken sind jedoch häufig deutlich größer, als die Bezeichnung der Finanzprodukte vermuten lässt.

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