Deutsche haben Geldsorgen Für die Reparatur der Waschmaschine fehlt Geld

Auf einmal ist das Auto kaputt oder die Waschmaschine streikt. 28 Prozent der Deutschen können sich unvorhergesehene Reparaturen nicht leisten. Fast die Hälfte kann für solche Notfälle nicht vorsorgen.

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Die unzuverlässigsten Schuldner der Welt
Die Euro-Krise setzt Italien bereits seit Jahren zu. Nach mehreren politischen Führungswechseln versucht das südeuropäische Krisenland nun wieder Fuß zu fassen. Unter dem neuen Premier Matteo Renzi sind die Entwicklungen jedoch weiterhin nur marginal. Bei der Analyse der Zahlungsmoral kommt der Kreditversicherer Euler Hermes zu einem ähnlich schwachen Ergebnis. Die Inkasso-Komplexität in Italien ist hoch. Von Vorteil ist, dass Italien zur Europäischen Union zählt. Innerhalb der Europäischen Union gelten einheitliche Richtlinien. Diese Standardisierung macht sie zu einer insgesamt geschäftsfreundlichen Zone und vereinfacht den Handel sowie das innereuropäische Inkasso erheblich – Inkasso-Schwierigkeitsgrad: 53 (Es gilt: Je höher der Inkasso-Schwierigkeitsgrad, desto schwieriger ist es für Unternehmen, nicht gezahlte Rechnungen einzutreiben; Maximal-Schwierigkeitsgrad: 100). Quelle: dpa
Die türkische Wirtschaft gehört zu den am stärksten wachsenden Ökonomien im europäisch-asiatischen Raum. Trotz dieser Entwicklung ist die Zahlungsmoral des Landes alles andere als zufriedenstellend. In den vergangenen drei Jahren hat die Zahl der unbezahlten Rechnungen zugenommen. Kritisiert wird auch die mangelnde Unabhängigkeit der Gerichte, die im Falle nicht gezahlter Rechnungen nicht unbeeinflusst entscheiden würden. Inkasso-Schwierigkeitsgrad: 53 Quelle: dpa
In der größten Volkswirtschaft der Welt wird die Zahlungsmoral immer schlechter. Eine allgemeine Regelung bei Zahlungsverzug gibt es zudem nicht. Die Zahlungsbedingungen sind bei Geschäften in den USA meist nur ein Vertragspunkt. Das erhöht die durchschnittliche Dauer von Zahlungseingängen dramatisch. Inkasso-Schwierigkeitsgrad: 53 Quelle: AP
Auch Polen profitiert wie Italien davon, Mitglied der Europäischen Union zu sein – obwohl die Zahlungsmoral zu wünschen übrig lässt. Sechs der zehn wichtigsten Handelspartner deutscher Unternehmen verzeichnen maximal ein „erhebliches Risiko“ in Bezug auf die Inkasso-Komplexität. Die Vorteile einer einheitlichen Regelung in der EU beeinflussen die Platzierung von Ländern mit einer schlechten Zahlungsmoral wie Italien oder Polen positiv – Inkasso-Schwierigkeitsgrad: 54 Quelle: dpa
Tschechische Firmen zahlen in der Regel ihre Rechnungen recht zuverlässig. Allerdings kritisiert Euler Hermes das komplexe Rechtssystem und den Mangel an Transparenz. Problematisch wird es für die Rechnungssteller zudem, wenn ein Schuldner insolvent wird – Inkasso-Schwierigkeitsgrad: 58 Quelle: dpa
Unternehmen aus der Slowakei schneiden bei der Analyse besonders schlecht ab. Im EU-Vergleich werden Rechnungen von slowakischen Firmen nur sehr spät beglichen. Als problematisch wird auch das mangelnde Vertrauen in das Rechtssystem eingestuft – Inkasso-Schwierigkeitsgrad: 66 Quelle: dpa
In der zweitgrößten Volkswirtschaft haben Gläubiger es besonders schwer: „China ist für viele deutsche Exporteure ein wichtiger Wachstumsmarkt – die Zahlungsfristen sind dort jedoch weiterhin übermäßig lang, verspätete Zahlungen nicht effizient geregelt und Gerichten mangelt es an Transparenz. Zudem sieht das Gesetz beispielsweise keinerlei Beschränkungen für einen chinesischen Händler vor, eine neue Gesellschaft zu gründen – obwohl er ein Unternehmen in die Insolvenz getrieben und seine Schulden noch nicht beglichen hat“, sagte Ludovic Subran, Chefökonom der Euler Hermes Gruppe. – Inkasso-Schwierigkeitsgrad: 76 Quelle: AP

Viele Deutsche haben finanzielle Sorgen. Das zeigt der aktuelle European Consumer Payment Report 2015 des Kredit-Management-Services Intrum. Demnach können 28 Prozent der Deutschen unvorhergesehene Ausgaben nicht bezahlen. Trotzdem beschreiben 25 Prozent der befragten 1200 Deutschen ihre wirtschaftliche Situation als gut, vier Prozent sogar als sehr gut. Nur 18 Prozent sagen, dass es ihnen wirtschaftlich schlecht geht.

Trotzdem: "23 Prozent der Menschen in Deutschland befürchten, dass ihr Geld bis zum Monatsende nicht reicht, wenn alle Rechnungen bezahlt sind", sagt Jürgen Sonder, Geschäftsführer der Intrum Justitia. Viele Haushalte kämpfen jeden Monat darum, ihr Konto nicht weiter zu überziehen. Die Hauptursache von finanziellen Schwierigkeiten in Deutschland sind nach Ansicht der Befragten vor allem die hohen Benzin- und Energiepreise.

Entsprechend legen nur 56 Prozent für die kleinen finanziellen Notfälle Geld zur Seite. 44 Prozent sagen, dass sie sich das schlicht nicht leisten können. Dabei sollte jeder Haushalt monatlich etwas zurücklegen, auch wenn es nur ein kleinerer Betrag ist. "Das würde die finanzielle Situation entlasten und einige Ängste nehmen", sagt Sonder.

Demnach sollte man Ausgaben in Höhe eines halben durchschnittlichen Monatseinkommens bezahlen können, ohne sich Geld bei Bekannten oder der Bank leihen zu müssen. Für Deutschland liegt dieser Betrag bei 1.100 Euro. Im europaweiten Vergleich stehen die Deutschen jedoch ganz gut da: 38 Prozent aller Europäer schaffen es nicht, solche ungeplanten Rechnungen aus eigener Kraft zu bezahlen.

Die Deutschen sind jedoch trotz aller Geldsorgen verlässliche Schuldner: 85 Prozent sind der Meinung, dass es wichtig ist, Rechnungen stets pünktlich zu bezahlen. Diesem moralischen Anspruch lassen viele Taten folgen: Im Durchschnitt zahlen deutsche Verbraucher ihre Rechnung nach 13 Tagen. Die durchschnittliche Zahlungsfrist, die Konsumenten gewährt wird, liegt bei 14 Tagen. 39 Prozent haben jedoch zugegeben, eine oder mehrere Rechnungen in den letzten zwölf Monaten nicht rechtzeitig bezahlt zu haben. 32 Prozent aus Geldmangel, fast 70 Prozent hatten die Rechnungen schlicht vergessen.

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