Die Tanker-Chroniken (III) „Vergiss den Tanker, kauf Dir eine Ölbohrinsel!“

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Der glückliche Tanker-Käufer: 60 Millionen auf einen Schlag

Leser Roman R. hat einen einfacheren Weg: Warum nicht einfach Tanker-Aktien kaufen? „Da bekommen Sie die Firmen noch unter ihrem Stahlwert. So hat Euronav vor kurzem einen 19 Jahre alten Tanker für mehr als den doppelten Buchwert verkauft.“

Also schaue ich mir Euronav an. Die Firma sitzt in Antwerpen, ist an der Euronext notiert und in New York an der Börse, Weltmarktführer im Tankergeschäft – und macht tatsächlich einen guten Eindruck. Mitte April meldete Euronav, sie habe ihr ältestes Schiff verkauft, die Suezmax Cap Diamant für 20,8 Millionen Dollar.

Suezmax, lerne ich, ist die Größenklasse von Tankern, die so gerade noch durch den Suezkanal passen: 20 Meter Tiefgang, maximal 77 Meter breit, die Tanker fassen alle um die 160.000 Tonnen. 8,5 Barrel sind eine Tonne, damit fasst der Tanker 1,36 Millionen Barrel.

Auf den Terminmärkten herrschte im April der Super-Contango. Contango nennt man die Situation, in der ein Rohstoff, der in Zukunft geliefert werden soll, teurer ist als aktuell. Ein Barrel Öl, das im Juli geliefert werden soll, kostete 20 Dollar. Ein Fass zur Lieferung im Mai zeitweise minus 40 Dollar. Wer Öl physisch abnehmen konnte, bekam also 40 Dollar obendrauf und konnte es gleichzeitig am Terminmarkt zur Lieferung im Juli zu 20 Dollar verkaufen. Macht 60 Dollar pro Barrel. Wenn der Käufer die Suezmax Cap Diamant gleich mit den maximal 1,36 Millionen Barrel Öl vollpumpte, nahm er 81,6 Millionen Dollar ein, minus 20,8 Millionen Dollar für das Schiff: bleiben 60,8 Millionen Dollar. Und Stand Mitte April war das Schiff schon an seine glücklichen neuen Besitzer ausgeliefert.

Drei Wochen später meldet Euronav sogar den Verkauf eines Supertankers, der Hellas, eines VLCC (very large crude carrier), doppelt so groß wie die Cap Diamant, für 38 Millionen Dollar. Mein chinesischer Tanker für 35 Millionen Dollar scheint mir daran gemessen nicht so günstig, zumal ich auf der Angebotsseite der Werft kein Schiff mit mehr als 50.000 Barrel entdecken kann. Warum ging die Hellas so günstig weg? Am Ende der Mitteilung steht es: Das Schiff wird seinen neuen Besitzern Ende Mai übergeben – nach Abschluss der laufenden Reise. Und Ende Mai kostete das Barrel nicht mehr minus 40, sondern 30 Dollar.

Alternative Aktienkauf

Die Euronav-Aktie sieht aber tatsächlich nicht schlecht aus. Von Anfang März bis Ende April hat sie mehr als 50 Prozent gewonnen, ist dann aber wieder, vermutlich parallel zum steigenden Ölpreis, der das Lagern von Öl wieder ein Stück unattraktiver machte, vom Hoch bei 11,50 auf zuletzt gut acht Euro gefallen. Zwei Milliarden Börsenwert, um die 75 große Tanker in der Flotte, 300 Millionen Cash auf der Bank, entnehme ich der Präsentation, die ausgiebig darauf eingeht, wie dringend Lagerkapazität nachgefragt wird. 130 Supertanker weltweit werden aktuell als Öllager genutzt.

Euronav behaupten aber nicht, dass es ewig so bleibt, sondern rechnet langfristig auch wieder mit Überkapazitäten im Frachtgeschäft. Aktuell aber ist die Lage für sie traumhaft: Im ersten Quartal haben sie 225 Millionen verdient, ein Jahr zuvor nur 19 Millionen. Schreibt man den Trend auf dieses Jahr fort, liegt das KGV um die zwei, billiger geht es nicht. Jeder Tanker der Flotte wäre, gemessen am Börsenwert, unter 25 Millionen Dollar wert.

Diese Anleger haben schon einen Tanker

Es gibt offensichtlich auch Anbieter von geschlossenen Fonds, die genau das machen, was ich mir so vorgestellt habe. In Dortmund an der Ruhrallee – nicht gerade der klassische Übersee-Standort –, sitzt die Salamon Fondsverwaltung. Vorstand Christian Salamon schreibt uns, dass es in Deutschland auch noch einige Tanker von Anleger-Kommanditgesellschaften gibt, die am Tanker-Boom teilhaben.

„Wir haben noch 6 Tanker – darunter auch zwei Großtanker der Suezmaxklasse. Und wie es denen geht, können Sie exemplarisch an diesem Rundschreiben, das heute versandt wurde, erkennen. Dieses Schiff, der MT Fedor, ist z.B. 17 Jahre alt, die Anleger haben es durch die schwere Krise nach Lehman gebracht und jetzt fahren wir die Ernte ein.“

Ich halte nichts von geschlossenen Fonds: Intransparent, man kann nicht schnell verkaufen und die Nebenkosten für Anleger sind meist unverschämt hoch. Aber der hier scheint Anleger zumindest zeitweise glücklich zu machen.

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