Digitale Vermögensberater im Test Nach wenigen Fragen muss ich den Roboter das erste Mal anflunkern

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Fazit bisher

Liqid wählt daher einen anderen Ansatz. Hier haben die Anleger neben einer automatisierten Lösung auch die Möglichkeit, ihr Geld menschlichen Experten anzuvertrauen. Der Robo arbeitet dafür mit dem Family Office der Quandt-Familie zusammen. Die Besonderheit: Liqid will auch Privatanlegern den Zugang zu Hedgefonds bieten. Sie sollen, anders als normale Fonds, unabhängig von der Marktphase positive Rendite erzielen. Dafür können sie zum Beispiel auf fallende Kurse setzen. Die Beimischung von Hedgefonds soll mir auf Sicht von 15 Jahren 5,5 Prozent Rendite jährlich einbringen. Hier müsste ich aber 50 000 Euro auf den Tisch legen, um dabei zu sein. Dafür stellt Liqid anhand meiner Angaben ein Portfolio zusammen, in dem drei verschiedene Hedgefonds dabei sind. Immerhin knapp 15 Prozent machen sie an meinem Anlagemix aus, zwei Drittel Aktien-Indexfonds (ETFs) kämen hinzu. Doch Liqid wird der hohen Einstiegshürde wegen noch ein wenig auf mich als Kunden warten müssen.

Ich bleibe lieber erst einmal bei meinem Low-Budget-Robo Vaamo. Dort stelle ich beim Blick auf mein Depot erfreut fest, dass ich schon nach einem Tag gut ein Drittel im Plus liege. Ein Anlagewunder? Leider nicht. Von meinen anfänglich eingezahlten 100 Euro hat der Robo erst 72 tatsächlich in ETFs gesteckt. Die Differenz wird mir als „Wertentwicklung“ angezeigt, so kommt das satte Plus zustande. Die eigenwillige Renditeberechnung scheint wie die Sache mit „Video Ident“ eine der noch nicht auskurierten Kinderkrankheiten zu sein. Als in den Tagen danach das Geld Zug um Zug in weitere ETFs investiert wird, schmilzt mein schöner Gewinn auf 0,2 Prozent nach einer Woche. Damit liege ich hinter Aktienindizes wie dem Dax oder dem MSCI World, die im gleichen Zeitraum etwa ein Prozent zulegten. Aussagekräftig ist der Rückstand nach so kurzer Zeit aber nicht. Ein Zwischenfazit lässt sich frühestens nach einem Jahr ziehen.

Bis hierher bleibt ein Zwiespalt zurück. Das Registrieren ging einfach, der Anlagevorschlag ist nachvollziehbar, auch die App lässt sich gut bedienen. Nett auch, dass der Robo das Rebalancing des Portfolios übernimmt. Dafür wäre ich, Hand aufs Herz, wohl zu faul, wenn ich es bei einem ETF-Sparplan selbst übernehmen müsste.

Liqid: das Hedge-Depot

Andererseits ist die Vermögensverwaltung von Vaamo eben auch nicht viel mehr als ein besserer ETF-Sparplan, der aber höhere Gebühren kostet. Addiere ich das von Vaamo kassierte Geld zu den Kosten der jeweiligen ETFs, lande ich bei 1,1 Prozent der Anlagesumme. Setze ich einen solchen Sparplan selbst auf, komme ich mit den richtigen ETFs auf 0,3 bis 0,4 Prozent. Hinzu kämen Transaktionskosten für das regelmäßige Umschichten, sofern ich mich dazu aufraffen könnte. Stelle ich das Umschichten geschickt an, bekäme ich das aber auch günstig hin. Bei einem Sparplan klappt das etwa, indem ich nur in untergewichtete Anteilsklassen einzahle, bis deren Gewichtung wieder dem Ausgangsniveau entspricht.

Wer dafür keine Muße hat und trotzdem auf ein ausbalanciertes Portfolio setzen will, ist mit einem Anbieter wie Vaamo gut aufgehoben. Zumal die Anlagesystematik leicht zu verstehen ist. Ein Punkt, der mir beim Anlegen fast so wichtig ist wie die Rendite. Anbieter mit ausgefeilteren Modellen wie Scalable geben sich zwar Mühe, ihre Methode zu erklären. Doch was im Detail vor sich geht, ist für Anleger nicht nachvollziehbar. Letztlich geht es darum, ob all die schönen Modelle wirklich einen Börsenabschwung vorhersagen können. Andere Anleger scheinen mit dieser Unsicherheit, anders als ich, keine Probleme zu haben. „Die Kunden verlangen modernste Technologie“, sagt Mikhail Beketov, Robo-Experte bei der Unternehmensberatung Deloitte. Angebote, die mit besonders ausgefallenen Risikomodellen werben, zögen das meiste Geld an. Zu Recht, meint Beketov. „Moderne Algorithmen, die aktuelle Erkenntnisse aus Praxis und Forschung einbeziehen, können systematisch bessere Anlageergebnisse erzielen.“

Robo-Advisor in Deutschland: Nutzer

Für mich bleibt das Problem: Wie gut die Algorithmen tatsächlich sind, kann wegen ihrer kurzen Lebenszeit noch niemand sagen. Abschließend beurteilen lässt sich der Anlageerfolg nur über lange Zeiträume – und auch nur im Nachhinein. Ein Stück weit bleiben deswegen auch die aktiv gemanagten Robos ein Glücksspiel.

Berater aus Fleisch und Blut werde es in der Vermögensberatung trotzdem weiter geben, sagt Vermögensberater Oyen. „Technologie erleichtert dem Kunden den Zugang zur Vermögensverwaltung.“ Danach aber bleibe ein menschlicher Ansprechpartner wichtig. Etwa dann, wenn es an den Märkten kracht. „Entscheidend für den Anlageerfolg ist, wie der Anleger sich verhält – gerade wenn es mal schlecht läuft.“ Vor hektischen Verkäufen, die Rendite vernichten, meint Oyen, könne ein Mensch einen Kunden dann doch eher bewahren als ein Roboter.

Transparenzhinweis: An Liqid ist die DvH Ventures beteiligt. Die Handelsblatt Media Group ist Teil der DvH Medien, zu der auch DvH Ventures gehört.

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