Digitale Vermögensberater im Test Nach wenigen Fragen muss ich den Roboter das erste Mal anflunkern

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Lastschriftauftrag fürs Girokonto

Damit auch ich dabei sein kann, muss ich mich erst einmal authentifizieren – mithilfe meiner Laptop-Kamera via Internet („Video-Ident“). Das klappt aber nicht, die Verbindung bricht immer wieder ab. Also muss ich mit meinem Antrag und meinem Personalausweis zur Post und lasse mich dort identifizieren. Eine Woche dauert es nun noch, bis das Depot endlich eingerichtet ist.

In der Offlinewelt wäre das wohl schneller gegangen. Daniel Oyen ist Vermögensberater beim Düsseldorfer Family Office von Plettenberg, Conradt & Cie. Er sagt: „Heute dauert es wegen der viele Papiere zwei bis drei Stunden, bis ich mit einem Kunden ein Depot eröffnen kann.“ Da sei ein digitales Angebot im Vorteil. Eigentlich zumindest – wenn denn die Verbindung hält.

Das Depot, das ich nun eingerichtet habe, liegt nicht bei Vaamo selbst, sondern bei einer Partnerbank – der Fondsbank FFB. Dort ist das Kundenvermögen auch im Falle einer Pleite des Robos geschützt. Der FFB erteile ich auch einen Lastschriftauftrag für mein Girokonto, von dem die Anlagesumme dann eingezogen wird. Ich entscheide mich für bescheidene 100 Euro Startkapital und danach monatliche Raten von 50 Euro. Die Software hat vorgegeben, dass 80 Prozent in Aktien, 10 Prozent in Anleihen und 10 Prozent in Immobilien gehen sollen. Verändern sich im Lauf der Zeit durch Kursbewegungen die Gewichte einer Anlageklasse zu stark, passt Vaamo die Gewichtung an, sodass sie wieder dem Ausgangsniveau entspricht. So will der Robo verhindern, dass das Risikoprofil des Portfolios von meinen Einstellungen abweicht – also zum Beispiel nach einer langen Hausse zu viele Aktien im Depot sind. Diese automatische Justierung heißt „Rebalancing“. Meine Einzahlungen, so die Prognose, sollen mir nach 15 Jahren ein Vermögen von 12.164 Euro ermöglichen. Das wären 3,7 Prozent Rendite pro Jahr. Für ein offensives Portfolio ist das bescheiden – Vaamo will offensichtlich nicht zu viel versprechen.

Scalable: das Vorsichts-Depot

Andere Anbieter sind ambitionierter. Scalable Capital, einer der größten Spieler am deutschen Markt, verlangt zwar 10.000 Euro Anfangsinvestition. Dafür will er die Summe nach 15 Jahren mehr als verdoppeln. So käme ich auf 5,4 Prozent jährliche Rendite. Funktionieren soll das, weil Scalable beim Investieren einen anderen Ansatz verfolgt als Vaamo. Statt die Aufteilung nach Aktien, Anleihen und Immobilien immer wieder auf das Ausgangsniveau anzupassen, verändert Scalable die Gewichtung im Laufe der Zeit. Scalable berechnet dafür das Verlustrisiko des jeweiligen Kundenportfolios. „Um das Risiko zu berechnen, legen wir vor allem die Kursschwankungen und die Korrelationen verschiedener Anlageklassen untereinander zugrunde“, sagt Mitgründer Erik Podzuweit. Im Bankerjargon nennt sich die Methode „Value at Risk“. Signalisiert das System heftige Kursschwankungen und mehr Risiko als gewünscht, schichtet Scalable etwa von Aktien in weniger riskante Anleihen um. So arbeiten viele Anbieter, wie die Deutsche-Bank-Lösung Robin.

Auch bei Scalable klicke ich mich durch den Fragenkatalog. Für den Anfang schlägt mir der Robo anschließend ein Portfolio vor, das zu 53 Prozent aus Aktien und zu 32 Prozent aus Anleihen besteht. Das ist deutlich defensiver als die Vermögensaufstellung von Vaamo. Offenbar wittert Scalables Algorithmus Risiken am Aktienmarkt und lässt mich daher erst mal nur mit Halbgas fahren.

von Daniel Schönwitz, Sebastian Kirsch

Das Vermeiden schlechter Marktphasen mithilfe von Value at Risk führe langfristig zu höheren Renditen, wirbt das Unternehmen. „Die neuere Kapitalmarktforschung belegt, dass auf Risikoanalyse fokussierte Modelle verbesserte Rendite-Risiko-Profile ermöglichen“, sagt Podzuweit. Zu Deutsch: Wenn es kracht, soll der Anleger draußen sein. Das Scalable-System funktioniere wie ein Seismometer, das Vorbeben messe, um Anleger vor großen Verlusten zu schützen.

Der Berliner Robo Advisor Liqid traut der Methode offenbar trotzdem nicht. Auf dessen Website lese ich: „Ein Investmentansatz, der auf dem Value-at-Risk basiert, funktioniert prozyklisch und kann langfristig nicht mit der Rendite anderer Ansätze mithalten.“ Das Argument: Weil solche Systeme aus dem Aktienmarkt aussteigen, wenn die Kurse allzu heftig schwanken, drohen sie auch die Erholung zu verpassen.

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