Digitaler Börsengang von Neufund Unternehmensanteile in der Blockchain - geht das?

Die deutsche Blockchain-Plattform Neufund will erstmals die Blockchain nutzen, um Anteile an ihrem eigenen Unternehmen an Investoren zu vergeben. Quelle: imago images

Das Start-up Neufund will seine Investoren erstmals per Blockchain direkt beteiligen - es wäre eine neue Art digitaler Wertpapiere. Doch die Finanzaufsicht ist kritisch. Sind die Tokens tatsächlich wie Wertpapiere?

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Die deutsche Blockchain-Plattform Neufund will erstmals die Blockchain nutzen, um Anteile an ihrem eigenen Unternehmen an Investoren zu vergeben. Hinter Neufund, das bereits von Kapitalgebern wie dem deutschen Frank Thelen finanziert wird, steht die Fifth Force GmbH aus Berlin. Sie will ab dem 27. November Equity-Tokens platzieren, die klassischen Wertpapieren ähnlich sein sollen.

Im Rahmen des Blockchain-Finanzierungsbooms sammelten seit 2017 weltweit tausende Projekte Geld von Anlegern im Volumen von mehr als 13 Milliarden Dollar ein und stellten ihnen digitale Anteilsscheine aus.

Die Finanzierungsrunden, ICOs, gelten als eine Art digitaler Börsengang. Mit dem Unterschied, dass sie abseits der üblichen Börsenplätze stattfinden. Stattdessen nutzen die Start-ups die Datenbanktechnologie Blockchain, in der Transaktionen dezentral, sicher und transparent gespeichert werden. Bislang gab es zudem den gravierenden Unterschied zu einem klassischen Börsengang, dass Anleger bei der Zeichnung eines Blockchain-Anteils nicht direkt an den Start-ups beteiligt waren. Denn wer in Deutschland Wertpapiere ausgibt, muss einen Prospekt veröffentlichen.

Darauf haben die Blockchain-Start-ups in den meisten Fällen verzichtet. Ihre digitalen Anteile, Tokens genannt, fungierten daher bislang eher als eine Art digitaler Gutschein, mit dem die Anleger künftige Dienstleistungen der Start-ups nutzen können sollten. Wirklich digitale Blockchain-Anteile, auch Security-Token oder Equity-Token genannt, gab es in Deutschland bislang nicht. In den USA gibt es mit dem Handelskonzern Overstock bereits ein Unternehmen, das Blockchain-Aktien über seine eigene Tochter tZero ausgegeben hat.

Unternehmensanteile in der Blockchain

Neufund war aber mit eben jenem Ziel auf den Markt gestartet, eine Finanzierungsplattform für die Blockchain zu bieten, über die Privatanleger und Profiinvestoren sich an Unternehmen beteiligen können. Das würden bedeuten, dass sie etwa über Gewinnausschüttungen von ihrem Geschäftserfolg profitieren.

Neufund hatte bereits in einer ersten ICO-ähnlichen Finanzierungsrunde 2017 Geld von Blockchain-Anlegern eingesammelt. Das investierte Geld sollen diese künftig für Beteiligungen an Unternehmen auf der Neufund Plattform nutzen sollen. Und jetzt soll der Zeitpunkt gekommen sein, um die Unternehmensbeteiligungen in der Blockchain erstmals zu testen. „Unsere Technologie für die Equity-Tokens ist fertig“, sagt Neufund-Gründerin Zoe Adamovicz. „Aber weil wir das erste Mal über unsere Plattform Anteile ausgeben, wollten wir unser eigenes Unternehmen als Testballon nutzen“, sagt sie.

Neufund-Mitgründerin Zoe Adamovicz. Quelle: Presse

Die genaue Summe, die Fifth Force über den neuen Equity-Token einsammeln will, wird das Unternehmen erst in der kommenden Woche zum Start der Platzierung veröffentlichen. Gründerin Adamovicz verrät nur so viel: „Selbst, wenn es nur zehn Investoren sind, von denen wir am Ende eine Million Euro einsammeln, werden wir zufrieden sein“, sagt sie. „Es geht uns vielmehr darum zu zeigen, dass die Platzierung in der Blockchain funktioniert.“ Mit den Einnahmen will Adamovicz Gehälter zahlen und die Produktentwicklung vorantreiben.

Ab nächster Woche will sie mit ihrem Team gezielt Investoren anrufen, „von denen wir wissen, dass sie an einer Beteiligung interessiert sind.“ Noch richtet sich das Angebot ausschließlich an Großanleger, die mindestens 100.000 Euro investieren können. Privatanleger können wohl erst im kommenden Jahr über die Equity-Tokens einsteigen.

Der Grund: Am Markt herrscht Verwirrung darüber, ob die Equity-Tokens von Neufund rechtlich auch wirklich als Wertpapier gelten können.

In seiner Pressemitteilung zur Platzierung schrieb Neufund „Wir stehen seit fast zwei Jahren mit der deutschen Finanzaufsicht Bafin in Kontakt zu unserem Projekt. […] Nun wurde Neufund in letzter Minute gebeten, seine Technologie überprüfen zu lassen. Für solch eine Überprüfung gibt es keine Grundlage in der bestehenden Finanzregulierung oder in Richtlinien der Bafin. Aufgrund dieser unerwarteten Anforderung müssen wir die Mindeststückelung für unser Equity-Token-Offering auf 100.000 Euro erhöhen.“

Diese Äußerung ist bemerkenswert, weil Neufund die Finanzaufsicht damit offen attackiert. Ursprünglich wollte Neufund Investoren den Equity-Token bereits ab einer Mindeststückelung von 500 Euro anbieten und hatte stets für Ende 2018 den Marktstart angekündigt. Nun änderte sich kurzfristig der Plan. Ein Kapitalmarktrechtler sagt hinter vorgehaltener Hand: „Wahrscheinlich bellen hier getroffene Hunde“.

Entsprechend direkt weist die Finanzaufsicht Bafin die Anschuldigungen Neufunds von sich.

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