Dispokredit oder Buy now pay later? Wenn der Weihnachtseinkauf zur Schuldenfalle wird

Sollten Geschenke auf Rechnung gekauft werden? Quelle: dpa

Mehr als jeder vierte Deutsche kann sich vorstellen, Weihnachtsgeschenke auf Pump oder zumindest auf Rechnung zu kaufen. Warum Angebote wie Buy now pay later boomen und welche Gefahren dadurch drohen.

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Auf der Homepage der Nassauischen Sparkasse (Naspa) leuchtet Besuchern ein üppig geschmückter Weihnachtsbaum entgegen. Darunter drapiert: unzählige kleine und große Weihnachtsgeschenke, hübsch verpackt mit Schleifen und allem drum und dran. Daneben erklärt die Sparkasse, wie die Finanzierung der Weihnachtsgeschenke am besten klappt.

Der Dispositionskredit, kurz Dispo, sei „flexibel“, aber dafür etwas teurer, heißt es da. Gute Alternativen seien „flexible Privatkredite“, unkompliziert zu bekommen und schon für vergleichsweise geringe Summen erhältlich. Bei der Naspa ab immerhin 2500 Euro. 

So viel Geld für Weihnachtsgeschenke? Und dann auch noch auf Pump?

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Tatsächlich zeigt eine Umfrage im Auftrag des Kreditvergleichsportals Smava, dass fast 20 Millionen Deutsche es für möglich halten, ihre Ausgaben für Weihnachtsgeschenke, Festtagsbraten und Tannenbaum in diesem Jahr per Kredit, Ratenkauf oder Zahlungsaufschub („Buy now pay later“) zu bezahlen.

Zwar wollen die Verbraucher angesichts der Inflation von zehn Prozent insgesamt weniger Geld ausgeben. Das Marktforschungsinstitut GfK rechnet gegenüber dem Vorjahr mit einem Umsatzrückgang von acht Prozent im Einzelhandel. Wer trotz gestiegener Preise großzügig schenken will, greift aber immer häufiger auf Kredite zurück oder verschiebt das Bezahlen in die Zukunft.

Generalprobe fürs Weihnachtsgeschäft

Aufgeschobenes Bezahlen liegt im Trend. Das zeigen auch Zahlen vom US-Markt. Laut Daten von Adobe wurden „Buy now pay later"-Angebote von Anbietern wie Klarna oder Afterpay rund um die Rabattschlachten-Tage Black Friday und Cyber Monday Ende November zirka 85 Prozent häufiger genutzt als in den Wochen davor. Der Trend dürfte mindestens bis Weihnachten anhalten. In Deutschland sieht es ähnlich aus: Auch hier wurden Zahlungsaufschübe laut Adobe in diesem Jahr 78 Prozent häufiger genutzt als bei den letztjährigen Rabatttagen im Herbst.

Grundsätzlich ist „Buy now pay later“ mit dem in Deutschland einst beliebten Rechnungskauf vergleichbar. Der Händler verschickt die Ware nach dem Kauf, der Verbraucher zahlt aber erst nach einer vorher festgelegten Frist – in der Regel nach 30 Tagen. Der Vorteil: Entspricht der gekaufte Pullover oder die neue Handtasche nicht den Vorstellungen, kann der Kunde die Ware noch vor Ende der Zahlungsfrist zurücksenden. Überflüssige Überweisungen fallen so gar nicht an.

Normalerweise wird das Geld, wenn es nicht zu einer Rücksendung kommt, nach Ablauf der 30-Tage-Frist automatisch per Lastschrift eingezogen. So ist es etwa bei PayPal, einem der in Deutschland am häufigsten genutzten „Buy now pay later"-Anbieter.

Oft ist die aufgeschobene Zahlung zunächst kostenfrei. PayPal zum Beispiel erhebt vorerst keine Gebühren. Auch bei Konkurrent Klarna wird es nur dann teurer, wenn auch nach Ablauf der Frist nicht bezahlt wird. Einziger Nachteil: Wer seine Zahlung verschieben will, muss damit rechnen, dass die Anbieter die Kreditwürdigkeit prüfen, sprich: diverse persönliche Daten abrufen.

Der Schritt zum Kredit ist klein

Trotzdem warnt der deutsche Bankenverband vor den „Schattenseiten“ des Online-Kaufs auf Rechnung. „Die Verlockung, Waren zu erwerben, die sich der Verbraucher oder die Verbraucherin nicht leisten kann, ist groß“, heißt es von dem Verband. Würden viele Rechnungen in die Zukunft geschoben, könnten sie sich schnell zu einem großen Batzen aufsummieren. 

Hinzu kommt, dass Anbieter wie Klarna nicht nur den Kauf auf Rechnung anbieten. Sie haben auch Ratenkredite im Angebot, die sie säumigen Zahlern gern andienen. Die sind dann auch nicht mehr kostenfrei. Wer bei Klarna den Ratenkauf wählt, zahlt einen Sollzins von 11,95 Prozent.

Während viele Deutsche jetzt kaum noch sparen können, fragen sich andere, ob sie wegen der hohen Inflation nicht sogar mehr Geld zurücklegen sollten. Etwas anderes ist allerdings noch wichtiger als die Höhe der Sparrate.
von Saskia Littmann

Die Warnung des Bankenverbandes scheint berechtigt. Laut einer Umfrage des Analysehauses Capterra nutzen Verbraucher „Buy now pay later“ vor allem, um die erste Zahlung hinauszuzögern. Aber schon 14 Prozent der Befragten gaben an, dass sie zum Zeitpunkt des Kaufs eigentlich nicht genug Geld hatten, um die geforderte Summe zu bezahlen. Wer häufig so verfährt, kann schnell mehrere Tausend Euro an Verbindlichkeiten anhäufen. Der Weihnachtseinkauf wird dann zur Schuldenfalle.

Verfahren wie „Buy now pay later“ werden vor allem für kleine und mittlere Summen genutzt. Zwar sind Konsumentenkredite, wie sie unter anderem von der Naspa beworben werden, auf den ersten Blick eine Alternative. Im Vergleich zum Ratenkredit, der oft auf ein verfehltes 30-Tage-Zahlungsziel folgt, fallen die Zinsen dort tendenziell niedriger aus. 

Wer sich beispielsweise 2000 Euro für zwölf Monate leiht, zahlt laut dem Vergleichsportal Verivox selbst bei bekannten Anbietern teilweise weniger als zwei Prozent Zinsen. Allerdings vergeben viele Banken solche Kredite erst ab einer bestimmten Mindestsumme. Für Kleinstbeträge sind Ratenkredite oft nicht geeignet.

Bleibt noch der Dispokredit. Das Konto zu überziehen ist allerdings oft die teuerste Bezahlvariante. Für den kurzfristig verfügbaren Kredit verlangen Banken derzeit bis zu 14 Prozent Zinsen. Insbesondere wer „Buy now pay later"-Angebote nutzt, sollte daher darauf achten, dass er nicht wegen Verzugs kurzfristig in den Dispo rutscht.

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Grundsätzlich gilt: Am schönsten schenkt es sich sorgenfrei – wenn alles, was unterm Baum liegt, auch schon bezahlt ist. Lieber reduziert schenken, als hoch verschuldet unterm Weihnachtsbaum zu sitzen.

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