Edelmetalle Warum der Silberpreis steigen muss

In den nächsten Monaten ist mit einem starken Preisanstieg für das "Gold des kleinen Mannes" zu rechnen. Es gibt mehrere Gründe für eine Silber-Rally. Ein Gastbeitrag von Thorsten Schulte.

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Silberbarren Quelle: REUTERS

Seit Monaten werden Silberinvestoren auf eine harte Probe gestellt. Nach dem Preissturz vom Hoch bei fast 50 Dollar im April 2011 auf zwischenzeitlich 26 Dollar bewegte sich der Silberpreis lange Zeit seitwärts. Dabei kam er über Wochen gar nicht mehr über 28 Dollar je Feinunze hinaus. Sind Silberinvestments nicht mehr attraktiv oder gar hoch riskant? Platzte vielleicht im April 2011 bereits eine Anlageblase bei Silber wie Anfang der Achtzigerjahre?

Keine Blase in Sicht

Wohl kaum. 1979/80, wie zuvor schon 1974, war der Silberpreis ebenfalls steil angestiegen. Als Folge der Preisanstiege brach damals aber die industrielle Silbernachfrage zusammen. Eine vergleichbare Reaktion ist 2011 jedoch ausgeblieben. Das zeigt: Die strukturelle Verfassung des Silbermarktes ist heute ungleich stabiler als in den Siebzigerjahren. Doch es gibt weitere Argumente, die das Gerede von einer Silberblase entkräften. Das bis 1980 je aus dem Boden geholte Silber entsprach zum Höchstpreis von 50,36 Dollar pro Unze fast 15 Prozent des damaligen Weltfinanzvermögens, bestehend aus Anleihen, Bankeinlagen und Aktien. 2011 erreichte dieser Wert nicht einmal 0,7 Prozent.

Thorsten Schulte

Ein Zahlenspiel: Setzt man das Volumen aller weltweit ausstehenden festverzinslichen Wertpapiere ins Verhältnis zur Weltbevölkerung, dann entfallen auf jeden Erdenbürger 14.201 Dollar, bei Aktien sind es immerhin noch 7.129 Dollar pro Kopf. Wie sieht es bei Gold und Silber aus? Der Wert des je geförderten Goldes liegt bei über 1.300 Dollar pro Kopf, bei Silber sind es gar nur 223 Dollar. Wir wissen: Gold wird gehortet, Silber aber auch verbraucht. Etwa die Hälfte wurde in der Industrie verarbeitet oder ging anderweitig verloren. Also bleiben tatsächlich nur noch 117 Dollar pro Kopf übrig. Für Silber, das in Barren und Münzen gegossen wurde, wären es nach großzügigen Schätzungen gar nur rund zwölf Dollar pro Kopf – also noch nicht einmal eine halbe Unze. Blasen sehen anders aus. Schon eher blasenverdächtig wirken heute die hohen Börsenbewertungen von europäischen Lebensmittelkonzernen gegenüber dem Gesamtmarkt, ganz zu schweigen vom riesigen Berg von Anleihen, die Staaten, Banken und Unternehmen ausgegeben haben. So gesehen bleibt der Spruch „Fallen kann es, steigen muss es“ mit Blick auf Silber gültig.

Warum die Pessimisten überwiegen

Mittlerweile gibt es unter den nordamerikanischen Silberberatern so wenige Optimisten wie kaum zuvor. Der 20-Wochen-Durchschnitt der Optimistenzahlen fiel erstmals seit 2005 unter die Marke von 40 Prozent. Ein gutes Zeichen. (Zum Vergrößern bitte auf Grafik klicken.) Quelle: Marketvane, Silberjunge

Trotz des unverändert viel versprechenden langfristigen Ausblicks ist es jedoch für Anleger – wie kaum in einem einem anderen Markt – wichtig, antizyklisch in Silber zu investieren. „Sei gierig, wenn andere sich fürchten, und fürchte dich, wenn andere gierig werden“. Der Leitspruch von Warren Buffett gilt für jede Anlage, aber mit Blick auf die großen Preisausschläge besonders für Silber. Kaufpanik ist ein ebenso schlechter Ratgeber wie von Verlustangst getriebene Verkäufe.

Was in iPhones und Panzern steckt
Hybridauto von Porsche Quelle: rtr
Neodym Neodym ist Ausgangsstoff für starke Permanentmagnete, die in kleinen Mikrophonen und Lautsprechern – etwa in Apples iPhone – stecken. Sie machen auch moderne Audioanlagen erst möglich. Quelle: ap
Praseodym Auch Praseodym ermöglicht die Produktion kräftiger Magneten, die für die Herstellung kompakter Elektromotoren, aber auch von Generatoren für Windkraftanlagen verwendet werden. Quelle: ap
Samarium Samarium ist ebenfalls Ausgangsstoff für Permanentmagnete, die beispielsweise in militärischen Navigationssystemen stecken, wie die US-Armee sie im Kampfpanzer Abrams einsetzt. Damit endet die Vorstellung der ersten vier Vertreter aus der Gattung der „leichten seltenen Erden“, weiter geht's mit den sogenannten „schweren seltenen Erden“. Quelle: Reuters
Terbium Als grünlicher Fluoreszenzstoff hilft Terbiumden Herstellern von Lampen ohne Glühfaden, die Lichttemperatur einzustellen. So verbrauchen Energiesparlampen bei gleicher Helligkeit weniger Strom. Quelle: ap
Gadolinium In Kernreaktoren dient Gadolinium dazu, überschüssige Neutronen zu absorbieren - entweder für eine Schnellabschaltung oder in Meilern, die nur selten neu bestückt werden, etwa für Atom-U-Boote. Quelle: ap
Yttrium In Radargeräten dienen kristallische Elemente mit Yttriumanteil dazu, die zurückkommenden elektromagnetischen Wellen besser aufzufangen. Als nächstes folgen die seltenen Metalle. Quelle: Reuters

In den vergangenen Monaten hat sich die mediale Berichterstattung zu Silber spürbar abgekühlt. Die Zweifler, Nörgler und Gegner des Silbers bekamen deutlich Oberwasser. Silber ist, anders als Gold, nicht nur ein Edel-, sondern auch ein Industriemetall, das verbraucht und nicht nur gehortet wird. In guten Wirtschaftszeiten ist diese Eigenschaft ein besonderer Pluspunkt, bei drohenden Abschwüngen aber von Nachteil. Die zuletzt rückläufigen Inflationsraten und die sich abschwächenden Wirtschaftsdaten nähren den Pessimismus.

Silberförderung Quelle: Bloomberg, WFE, BIS, The Economist, McKinsey & Co., IMF, CPM Group, Silberjunge

Mittlerweile gibt es unter den nordamerikanischen Silberberatern so wenige Optimisten wie kaum zuvor. Der 20-Wochen-Durchschnitt der Optimistenzahlen fiel erstmals seit 2005 unter die Marke von 40 Prozent. Ein gutes Zeichen. Denn wer schwarz sieht, der hat schon verkauft und taucht nicht mehr als Verkäufer am Markt auf. Auch an der US-Warenterminbörse Comex, wo der 5.000 Unzen umfassende Silber-Future gehandelt wird, sank das Interesse der spekulativen Finanzanleger deutlich. Stattdessen stieg der Marktpessimismus mit Blick auf eine Vielzahl von Indikatoren massiv an. Vieles spricht dafür, dass der Silberpreis zwischen 26 und 28 Dollar eine tragfähige Unterstützungszone ausgebildet hat.

Geldflut kann Silberpreis treiben

Der nächste große Anstieg wird spätestens dann kommen, wenn die Notenbanken zur Abwendung einer globalen Rezession die Märkte mit noch mehr Geld fluten als bisher schon. Abgesehen von China können die meist überschuldeten Industriestaaten ihre Volkswirtschaften nämlich nicht mehr mit großen Konjunkturpaketen beleben wie 2008/09. Handlungsfähig sind nur noch die Zentralbanken. Deren Bilanzsummen werden sich durch Staatsanleihenkäufe und Liquiditätsspritzen an Geschäftsbanken weiter aufblähen. Die Bank of England etwa besitzt bereits 29 Prozent aller britischen Staatsanleihen. Das entspricht aktuell einer Forderungssumme von 346 Milliarden Pfund Sterling. Die allerdings ist von recht zweifelhafter Werthaltigkeit.

Erfolgreiche Silber-Investments

Gegenwärtig steckt Silber zwischen Hammer und Amboss. Die Schwächesignale aus China und die Unsicherheit in der Eurozone sind Beispiele dafür, dass es mit der Weltwirtschaft nicht mehr rund läuft. Gleichzeitig stehen die Notenbanken für neue geldpolitische Maßnahmen in den Startlöchern und einige haben diese bereits verlassen. Ersteres belastet den Silberkurs noch, Letzteres aber wird ihn auf lange Sicht weiter beflügeln – kurzfristige Schwächen hin oder her.

Die Länder mit den größten Goldreserven
Platz 10: Indien Quelle: REUTERS
Platz 9: Die Niederlande Quelle: REUTERS
Platz 8: Japan Quelle: REUTERS
Platz 6: Schweiz Quelle: AP
Platz 7: Russland Quelle: dpa-tmn
Platz 5: China Quelle: dapd
Platz 4: Frankreich Quelle: dapd

Derzeit glauben nur wenige daran, dass die Papiergeldpreise für Gold und Silber mit Blick auf die Anstiege der vergangenen Jahre noch über Luft nach oben verfügen. Doch Angst und Unsicherheit nähren jede Hausse. Das Umfeld stimmt also für die Geburt einer neuen machtvollen Aufwärtsbewegung, deren Startschuss in den kommenden sechs bis zwölf Monaten erfolgen wird.

Rückschläge zum Kauf nutzen

In den Siebzigerjahren bot Silber im Vergleich zu Gold, Rohöl und Aktien den besten Inflationsschutz, wie auch seit dem Tief der Aktienmärkte im März 2003. Physische Investments in Barren oder Münzen, börsengehandelte Fonds oder Aktien von Silberunternehmen wie Fresnillo, Silver Wheaton oder First Majestic sind Teile einer erfolgreichen Inflationsschutzstrategie.

Wer das erkannt hat, kann auch Rückschläge des Silberpreises als Chance zum Nachkaufen erkennen statt in tiefe Frustration zu verfallen. Wie sagte schon Aristoteles: „Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel richtig setzen!“

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