Zudem sind Diamanten als Kultobjekt wie geschaffen: Selbst die Reichen und Schönen holen sie oft nur zu großen Anlässen aus dem Tresor, ihre Härte und Langlebigkeit inspiriert Musik und Werbeslogans, man kann eine Wissenschaft aus ihrer Vielfalt machen und sie haben einen hohen Geheimniskrämerei-Faktor. In der Tat wussten – im Gegensatz zu Gold und Silber – bis vor kurzem nur wenige Menschen, wo der Diamantpreis gerade steht.
Die 1978 erstmals veröffentlichte Rapaport Price List bekommen nur zahlende Mitglieder zu sehen. Das Handelsnetzwerk des Unternehmens listet pro Tag etwa eine halbe Million Diamanten auf – weltweit. Dass überhaupt eine Preisliste in Umlauf kam, gleicht heute noch einer Revolution.
Doch im August 2011 geht Martin Rapaport noch einen Schritt weiter: Er veröffentlicht erstmalig den Diamantenindex RAPI, den sich auch die Finanzwelt anschauen kann. Rapaport, so sagt ein Diamanthändler, der nicht genannt werden möchte, habe nicht viele Freunde in der Branche.
Die bleibt lieber unter sich. Im eng gestrickten New Yorker Händlerkreis gilt ein Handschlag. Probleme werden erst recht nicht nach außen getragen, schon gar nicht vor Gericht; der 1931 gegründete Diamond Dealers Club setzt ein eigenes Entscheidungs-Komitee ein, wenn Händler streiten oder der Verdacht aufkommt, ein Mitglied handle Steine aus zweifelhafter Quelle.
In der 47. Straße geht man zum Handeln in den Diamond Dealers Club. Das klingt glamouröser, als es ist: Die Räume der Diamantenbörse im zehnten Stock ähneln denen der Stockbroker. Sie sind aber durchaus auch ein beliebter Treffpunkt: Alle loben das Essen des Cafés am Ende des Gangs.
„Ich komme öfter hier hoch“, sagt ein Ladenbesitzer, der gerade den Rückweg durch die Sicherheitsschleuse antritt. „Wenn ich einen bestimmten Stein brauche, bringt mir das oft mehr als die Suche am Computer.“ Insiderwissen ist in dieser Branche eben kein Vergehen.
Aber andere Verbrechen bieten Diskussionsstoff. Auf einer altmodischen Pinnwand sind Bekanntmachungen nach Themen sortiert. In der Abteilung „Security“ hängt ein Fax aus Antwerpen: Dort wurden Diamanten gestohlen, auf einer Liste werden diese Steine in Fachbegriffen beschrieben. Sie könnten ja in New York auftauchen.
Und ob man es glaubt oder nicht: Auch unter „Lost and Found“ hängt ein Zettel. Es sei ein Stein im 7. Stock gefunden worden. Der Besitzer möge sich bitte mit einer genauen Beschreibung melden.