Elsässers Auslese

Die emotionale Dividende

Markus Elsässer Value Investor

Mit festen Zinseinnahmen ist vorerst nicht mehr zu rechnen. Mieteinnahmen und Dividendenausschüttungen sind nun angesagt. Die dritte Einkommenskomponente für mich: die „emotionale Dividende“. Sie ist zudem steuerfrei.

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So sparen die Deutschen
57 Prozent der Teilnehmer ihr Geld in ein Sparschwein Quelle: dpa
Girokonto Quelle: dpa
Sparbuch Quelle: dpa
Tagesgeld Quelle: dpa
Bausparvertrag Quelle: Fotolia
Lebensversicherung Quelle: dpa
Altersvorsorge Quelle: dpa

Ich weiß nicht, ob es Ihnen auch so ergangen ist. Von klein auf bin ich zur Sparsamkeit erzogen worden. Aufgewachsen bin ich in einer Zeit relativ stabiler Wechselkurse und fester Zinseinnahmen auf Sparguthaben. Hatte man sich größere Kapitalbeträge erarbeitet, waren Termingelder mit Laufzeiten von einem Monat bis zu einem Jahr eine herrliche Sache.

Da konnte man die Zinssätze für die verschiedenen Laufzeiten gegen einander abwägen und Einschätzungen zur weiteren Zinsentwicklung treffen. Das hat nicht nur Spaß gemacht, sondern einem auch schon während des Jahres Zinsgutschriften beschert. Diese konnte man dann gleich wieder anlegen. Der Zinseszinseffekt hat mir immer Freude gemacht.

Bei den Anleihen sah es ähnlich aus. Der Anleger konnte sich seine jährlich festen Zinsauszahlungstermine quasi selber aussuchen und sein Anleihen-Depot nach Laufzeiten im eigenem Stil staffeln. Die höchste Rendite brachten in der Regel die Anleihen mit zehnjähriger Laufzeit. Das war die Königsklasse.

Der Instrumentenkasten der EZB

Kluge und geduldige Anleger investierten jedes Jahr in eine neue Zehnjahres-Anleihe. Nach zehn Jahren war es dann soweit. Alle zehn Anleihen im Depot brachten den maximalen Zehnjahreszins. Gleichzeitig wurde aber ab dem zehnten Jahr jährlich eine Anleihe fällig und zur Rückzahlung gebracht. So, als hätte man in eine Anleihe mit nur einjähriger Laufzeit investiert. Man hatte also auf das gesamte Anleihen-Depot die hohe Zehnjahreszinseinnahme, ab dem zehnten Jahr aber kalkulierbare und beständige Kapitalrückflüsse, so als hätte man das Geld kurzfristig angelegt. Das brachte dem Anleger neben dem hohen Zins zusätzlich eine enorme Planungssicherheit über seine Kapitalbewegungen.

Mit den Zinseinnahmen ist es endgültig vorbei. Auf eine Trendumkehr zu setzen, ist naiv. Anleger müssen lernen, ihr Kapital vermehrt Risiken auszusetzen.
von Markus Elsässer

Diese Ära geht dieser Tage leider zu Ende. Alle weiteren Investitionen in alternative Anlageklassen, die einen Ertrag abwerfen sollen, bedeuten letztlich nun, sich einem echten Kapitalrisiko auszusetzen. Aktien und Immobilien mit ihren Bardividenden und Mieterträgen sind Schwankungen unterworfen. Und auch bei den Edelmetallen, die keinerlei jährlichen Ertrag ausschütten, muss der Anleger mit Wertschwankungen rechnen.

Der Schritt aus der Planungssicherheit und des gesicherten Werterhalts, wie ich ihn oben beschrieben habe, wird vielen Geldanlegern sehr schwer fallen. Gute Aktien, Immobilien und auch Gold sind eine aussichtsreiche Anlageklasse, ohne Frage. Aber ich halte es für grundverkehrt, dass Millionen von Sparer auf diesen Weg mehr oder minder nun „gezwungen“ werden sollen. Sie sind auf den Umgang mit Risiko nicht vorbereitet. Und auch gefühlsmäßig ist nichts gewonnen, wenn der Anleger nachts nicht mehr schlafen kann. Das auf und ab der Börsenkursbewegungen kann so mancher Mitbürger nicht ertragen. Und auch der Umgang mit Mietern und Hausverwaltern ist nicht jedermanns Sache.

Der Nullzins-Epoche ein Schnippchen schlagen

Es ist mir heute ein Anliegen, diesen Menschen beizustehen und für etwas zu plädieren, was ich die „emotionale“ Dividende nennen möchte. Was meine ich damit? Wenn sich die Zeiten des unkomplizierten Geldanlegens geändert haben, so ist das ja nicht die Schuld des einzelnen Sparers. Er hat sich das weder ausgewählt noch gewünscht. Zeiten radikalen Wandels erlauben auch eine Umkehr im eigenen Denken. Von daher geht es heute für den Geldanleger nicht einfach nur um Kapitalumschichtungen in ihm fremde und rein Rendite orientierte Anlageklassen, sondern um eine Standortbestimmung: Welche Bedeutung und Rolle soll eigentlich sein Kapital in seinem Leben spielen? Das ist die wirklich große Frage, um die es jetzt geht.

Auch mir fällt das Umdenken schwer. Aber ein Festhalten an dem alten Denkmuster, des Zinses und des Zinseszinses, des dauernden nominellen Wertzuwachses ist für sehr viele Geldanleger einfach nicht mehr realisierbar. Es ist eben nicht jeder zum Finanzgenie geboren. Da heißt es, auch bislang unantastbare Themen anzugehen, wie zum Beispiel den Verzehr seines Kapitals. Hier liegt die Herausforderung darin, das schlechte Gewissen abzulegen.

Wo die zufriedensten Bankkunden leben
Santander Quelle: REUTERS
Platz 31: Vereinigte Arabische Emirate Überaus unzufrieden scheinen auch die Bankkunden der Vereinigten Arabischen Emirate zu sein. Im Ranking belegen diese mit 66,6 Punkten, wie auch schon 2015, den vorletzten Platz. Quelle: dpa
Platz 30: MexikoFür das Ranking wurden 16.000 Kunden aus 32 Ländern befragt. Neben diesen Ergebnissen basiert der Report auf qualitativen Daten aus ausführlichen Interviews mit Bankmanagern. Mexiko liegt ebenfalls auf einem der hinteren Plätze. Quelle: REUTERS
Platz 29: JapanBei der Befragung des Vorjahres hielten die japanischen Banken die rote Laterne. 2016 sind die Kunden etwas gnädiger. Rund acht Punkte machen die Japaner gut und rücken damit auf Platz 29. Quelle: REUTERS
Platz 28: ArgentinienDrei Plätze runter geht's für die argentinischen Banken: auf Rang 28. Quelle: REUTERS
Platz 5: SchweizDie Schweizer Banken können im Jahr 2016 die amerikanischen Banken vom fünften Platz verdrängen. Mit 80 Punkten machen sie 6,3 Punkte gut. Quelle: REUTERS
Platz 4: GroßbritannienEin Zuwachs um 0,2 Punkte reicht für Großbritanniens Banken aus, um sich vor die Schweiz auf den vierten Platz zu positionieren. Quelle: REUTERS

Mein klares Plädoyer: Bevor Sie Ihr Kapital ohne innere Überzeugung und ohne Kompass auf Gebieten anlegen lassen, die Ihnen überhaupt nicht gefallen und auf der anderen Seite einfach keine Zinsen mehr zu holen sind, dann bemühen Sie sich doch darum, dass Ihr Kapital Ihnen andere, nicht pekuniäre Vorteile bringt. Ansonsten laufen Sie Gefahr, dass Sie von Ihrem Kapital einfach nichts haben.

Ziehen Sie also, was ich eine „emotionale Dividende“ nenne, aus Ihrem Kapital. Leisten Sie sich Dinge, die Sie noch bis vor kurzem verworfen haben. Machen Sie einen Schritt mit Ihrem Geld, den Sie sich bislang nicht getraut haben. Wenn es schon keine Zinsen gibt, dann stellen Sie doch zumindest etwas „Gescheites“ mit Ihrem Geld an. Warten Sie ursprünglich in zehn Jahren machen wollten, das erlauben Sie sich einfach jetzt schon.

Das Wohlgefühl, das Sie dabei erzielen werden, ist Ihre „emotionale Dividende“. Und diese ist steuerfrei! Das Spektrum der Möglichkeiten ist riesengroß. Je nach individuellem Zuschnitt kann das im sozialen Bereich sein. Fangen Sie an, gezielter „Gutes“ zu tun, für Mensch, Tier oder Umwelt. Die Befriedigung, mit dem Geld sich weg vom „Ich“ hin zum „Du“ zu bewegen, kann Ihr Leben verändern.

Wenn Banken Geld bei der EZB parken, müssen sie dafür mittlerweile einen Strafzins zahlen. Droht dieses Szenario auch normalen Kunden? Ein Bankenverband meint „Nein“ - schließt aber dafür höhere Gebühren nicht aus.

Aber alle Schattierungen sind für den freien Kapitalbesitzer zulässig und haben im heutigen Umfeld nichts mehr mit „alles auf den Kopf zu hauen“ zu tun. Befreien Sie sich von „Wertungen“ alter Schule. Kapital ist dazu da, dass Sie freier sein können und nicht, dass Sie in Verhaltensschemata gepresst werden.

Leisten Sie sich ganz egoistisch Momente der Lebensfreude: Eine teure Holzbrille, einen flotten Elektro-Sportwagen aus Amerika, ein Feriendomizil, an dem Sie Ihre Seele baumeln lassen, auch wenn Sie nur selten dort sein können.  Umgeben Sie sich mit mehr Qualität in allem, was Ihnen wichtig ist. Bessere Ernährung, schöne, erstklassige Kunstgegenstände, erleben Sie Persönlichkeiten unseres Zeitgeschehens wie zum Beispiel in Konzerten von bedeutenden Künstlern, auch wenn die Anreise weit und teuer ist. Reisen Sie erster Klasse, wenn es Ihnen danach ist.  All dies kann Ihnen Ihr Kapital ermöglichen. Es sind diese „Dividenden“, die keinerlei Buchführung bedürfen, die Ihr Leben bereichern werden.

Schlagen Sie der „Nullzins-Epoche“ ein Schnippchen. Viel Erfolg.

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