Elsässers Auslese

Die wunderbare Welt der Schweizer Nebenwerte

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Die Substanzperlen der Börse

Oftmals hatte ich das Gefühl am Ende der Welt anzukommen, wenn der Weg einen in immer tiefere Bergtäler hineinführte. Die Gewissheit weit und breit der einzige Investor zu sein, der seit Jahren zu Besuch kam, war ein befriedigendes Gefühl.

Natürlich gibt es auch in anderen Ländern Substanzperlen an der Börse, die nicht richtig erkannt werden. Frankreich ist interessant. Dort untersuche ich zur Zeit eine Aktiengesellschaft, die mit weniger als 80 Millionen Euro an der Börse bewertet ist, aber ein Geschäftsvolumen in Milliardengröße abwickelt. Zudem ist die Firma seit Jahrzehnten ein konstanter Dividendenzahler.

Mein alter Geschäftsfreund Guy Wyser-Pratte hat einen seiner größten Börsenerfolge in Frankreich erzielt. Als er ein Aktienpaket der ehrwürdigen Champagner-Dynastie Taittinger im Jahr 1997 zusammenkaufte, gewährte man ihm Einblick in die Kellergewölbe, tief im Erdreich. Auf den ersten Blick wurde ihm klar, dass allein der Wert der Altbestände an Champagner guter Jahrgänge den Wert der gesamten Börsennotiz bei weitem überstieg. Er kam sich vor, wie im Schlaraffenland. Die Taittinger-Sippe hatte eben nie eine Veranlassung gesehen, über ihre Schätze im Kellerverlies in der Öffentlichkeit zu sprechen. Nicht weiter verwunderlich, konnte Wyser-Pratte im Jahr 2001 seine großen Börsengewinne einfahren.

Wo Strategen den deutschen Leitindex Ende 2016 sehen
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Schauen Sie auf den Brandversicherungswert

Manchmal ist es erforderlich solche Aktien, wie Briefmarken, behutsam und mit viel Geduld am Markt einsammeln. Anders geht es in solchen Fällen nicht. Die Gewissheit weit unter Wert einzukaufen, gibt dem langfristig orientierten Geldanleger ein beruhigendes Gefühl. Sein Kapital fließt in den richtigen Hafen.

So konnte ein anderer Geschäftsfreund Aktien einer bedeutenden Finanzinstitution als Paket über die Jahre zusammenschnüren und zwar zum Kurs-Gewinn-Verhältnis von zwei(!). Ich stand damals seiner Holding als Non-Executive Chairman vor und konnte das ganze Manöver mit Genuss verfolgen.

Warum eignet sich aber nun aus meiner Sicht die Schweiz ganz besonders für die Suche nach Substanzperlen? Die Antwort liegt im klein gedruckten Teil, weit hinten und gut verborgen in den Schweizer Geschäftsberichten der Aktiengesellschaften. Mittlerweile brauche ich öfters eine Lupe, um die Zahl zu finden, die mir den Schlüssel zum „Sesam-öffne-Dich“ liefert. Es ist der Brandversicherungswert, den die Schweizer Unternehmen in ihren Geschäftsberichten angeben. Das ist in den anderen Ländern nicht Pflicht und auch nicht die Usance.

Der Brandversicherungswert gibt mir den Hinweis auf den realen Zeitwert der Fabrik- und Bürogebäude sowie des Maschinenparks. Diese Realwerte vergleiche ich dann mit den Buchwerten in der Bilanz (die in der Schweiz traditionell radikal tief angesetzt und abgeschrieben werden) sowie mit der gesamten Marktkapitalisierung des Unternehmens an der Börse. Und da kommt oft Erstaunliches zu Tage. Je nach Branche und Sachlage muss man entsprechende Abschläge auf die Versicherungswerte ansetzen. Man darf sie also nicht eins zu eins „blind“ übernehmen!

Die Brandversicherungswerte sind für den ultrakonservativen Value-Investor wie die Leuchttürme in der Dunkelheit. Sie weisen den Weg zur stillen Reserve und den verborgenen Schätzen. Ich möchte Ihnen dazu exemplarisch zwei Beispiele aus meinem „Schweizer Wanderungen Tagebuch “ geben.

Zwischen 1997 und 2003 habe ich mich intensiv mit dem Hersteller von Präzisionswerkzeugen „Usines Metallurgiques des Vallorbe SA“ beschäftigt. Abseits von Genf, weit abgelegen von den Hauptrouten, in einem Bergdorf exportiert dieses mittelständische Unternehmen vor allem Präzisionsfeilen seit über 100 Jahren in die ganze Welt. Der Kurs stand damals bei etwa 6.000 Schweizer Franken pro Aktie. Den Substanzwert konnte man anhand des Versicherungswerts in Höhe von fast 32.000 Schweizer Franken pro Aktie erahnen.

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