Elsässers Auslese

Die wunderbare Welt der Schweizer Nebenwerte

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Wege aus der "Value"-Falle

In der Bilanz, ob Sie es glauben oder nicht, war der gesamte Maschinenpark der Fabrik samt Büroausstattung mit zwei Franken angesetzt: Ein Franken für die Maschinen und ein Franken für die Büroausstattung. Bei meinem Besuch vor Ort im Jahr 2001 konnte ich mich zu dem von der sparsamen Ausgabenpolitik des Managements überzeugen. Das ist jedoch ein abendfüllendes, eigenes Thema.

In den Jahren 2005 und 2006 besuchte ich die Generalversammlungen sowie das Management der „Zuckerfabriken Aarberg und Frauenfeld AG“, auf mehreren Reisen vor Ort in Frauenfeld, Aarberg und Bern. Das fusionierte Unternehmen hat quasi das Monopol zur Zuckerherstellung in der Schweiz und nennt sich heute Schweizer Zucker.

Der Kurs der Aktie stand damals auf etwa 16 Schweizer Franken. Alleine der Netto-Cash-Anteil pro Aktie belief sich auf etwa 13 Franken und der Buchwert, nach massiven Abschreibungen, lag bei 47 Franken pro Aktie. Die Marktkapitalisierung des gesamten Unternehmens machte gerade mal 27 Millionen Franken aus, bei einem Umsatz von 280 Millionen Franken. Das Eigenkapital notierte zu 80 Millionen. Der Versicherungs-Gesamtwert der AG – und jetzt kommt es – wurde mit 740 Millionen Franken ausgewiesen. Ich möchte es ausdrücklich noch einmal wiederholen: Die Marktkapitalisierung demgegenüber lag bei 27 Millionen Franken!

Allen diesen Werten ist eines gemeinsam: Der Weg zur Hebung dieser enormen Werte, die ja dem Aktionär zustehen, ist meistens unklar und ungewiss. Manchmal braucht es zehn oder zwanzig Jahre bis Bewegung in die Sache zu Gunsten der Aktionäre kommt. Und nicht immer gelingt es den Aktionären im Ziel anzukommen. Das nennen die Amerikaner an der Wall Street eine „Value Trap“, also eine Falle, in der die Value-Investoren lange feststecken können.

Inselglück für Aktionäre

Wenn ich allerdings als ultrakonservativer und vorsichtiger Investor unterwegs bin, dann hat das Einkaufen von Aktien zu einem Bruchteil vom wahren Wert schon seinen Charme. Während der Jahre des großen Finanz-Crash samt Lehman-Pleite 2008 und 2009 haben die Aktionäre von Schweizer Nebenwerten ruhig geschlafen. Ihre Depots haben in der Zeit des Schreckens kaum an Wert eingebüßt.

Es ist meist die singuläre Stellung innerhalb einer schmalen Branche, samt der angesammelten Substanz in einem unternehmerfreundlichen Umfeld, die diese Aktiengesellschaften schützt. So kenne ich eine schwäbische Unternehmerfamilie, die systematisch in Schweizer Bergbahnaktien investiert. Mir persönlich ist der Aspekt der Unkalkulierbarkeit des Wetters ein Dorn im Auge. Ich muss aber zugestehen, dass beispielsweise das Matterhorn sicher seine Attraktivität bei Millionen von Chinesischen und Indischen Touristen in den nächsten 50 Jahren nicht verlieren wird. Mit einer Monopolstellung an einem solchen Ort, kann ich sicher meine Aktien mit ruhiger Hand vererben.

Ob es nun Werkzeughersteller sind oder Bergbahnen, die Neue Züricher Zeitung , der Dynamitspezialist Ste.Suisse des Explosifs in Brig, die anthroposophisch geführte Kosmetik- und Pharma Aktiengesellschaft Weleda in Arlesheim oder das Kaufhausunternehmen Loeb AG in Bern, vielleicht lohnt sich ja doch ein Blick hinter die Kulissen beziehungsweise in die Bücher.

Der Aktienhandel kann meist über die Berner Börse oder den OTC-Handel der Berner Kantonalbank abgewickelt werden. Bevor Sie loslegen, denken Sie bitte immer an die Gefahr der „Value Trap“. Es wäre mir nicht recht, wenn Sie mit ihrem Kapital stecken bleiben. Dem Zauber der verborgenen Schätze und stillen Reserven ist schon so mancher Investor erlegen.

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