Elsässers Auslese

Wie Sie Ihre Kinder auf ein großes Erbe vorbereiten

Markus Elsässer Value Investor

Die nachfolgende Generation auf ihr Erbe und den Umgang mit Finanzen vorzubereiten, ist eine schwierige Aufgabe. Sich darum zu drücken, ist aber keine Lösung. Eine Kolumne.

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Was Erben wissen sollten
Alleinerbe Der Alleinerbe erbt als einzige Person. Er tritt rechtlich „in die Fußstapfen des Verstorbenen“ und übernimmt dessen gesamte Rechte, aber auch Pflichten. Quelle: dpa
Gesetzliche Erbfolge Die gesetzliche Erbfolge greift immer dann, wenn kein Testament oder Erbvertrag vorliegt. Danach wird der Nachlass zwischen dem Ehepartner und den Verwandten des Verstorbenen aufgeteilt, wobei Kinder und Enkel des Erblassers Vorrang vor Eltern, Großeltern oder anderen Angehörigen genießen. Quelle: REUTERS
Annahme der ErbschaftWer in Deutschland erben will, muss dafür in der Regel nichts tun. Vor allem braucht er die Annahme des Erbes nicht zu erklären. Dieses Phänomen heißt im Juristen-Deutsch “Von-Selbst-Erwerb.“ Quelle: AP
Ausschlagung der Erbschaft Wer nicht erben will, kann (und muss) die Erbschaft innerhalb einer Frist von sechs Wochen ausgeschlagen. Die Zeit läuft ab dem Moment, in dem der Betreffende von der Erbschaft und deren Gründen erfahren hat. Nach Ablauf der Frist ist eine Ausschlagung in der Regel nicht mehr möglich. Lediglich in Ausnahmefällen besteht die Möglichkeit, die Annahme der Erbschaft anzufechten. Quelle: REUTERS
EhegattentestamentVerheiratete und eingetragene Lebenspartner können ein gemeinschaftliches Testament errichten. Eine weit verbreitete Form ist dabei das sogenannte Berliner Testament. Dabei setzen sich die Eheleute gegenseitig zu alleinigen Vollerben ein. Erst wenn beide Partner verstorben sind, werden auch die Kinder bedacht. Sie werden zu Schlusserben, also zu Erben des länger lebenden Ehegatten ernannt. Quelle: dpa
Pflichtteil Ein Erblasser kann bestimmte Personen von der Erbfolge ausschließen, aber nicht immer verhindern, dass diese Personen etwas aus seinem Nachlass erhalten. Grund: Der sogenannte Pflichtteil garantiert den nächsten Angehörigen des Erblassers also eine Mindestteilhabe an seinem Nachlass. Quelle: dpa
EnterbungHat er Erblasser einen oder mehrere gesetzliche Erben von der Erbfolge ausgeschlossen oder sie bei der Verteilung des Nachlasses nicht erwähnt, spricht man von Enterbung. Handelt es sich bei den fraglichen Personen um enge Angehörige, können sie oft zumindest seinen Pflichtteil verlangen. Quelle: obs

In meiner Kolumne am vergangenen Montag habe ich über die stark gestiegenen privaten Vermögen der Deutschen berichtet. Heute möchte ich auf die Problematik des Vererbens und Übertragens von Vermögenswerten auf die nächste Generation zu sprechen kommen. Mir geht es nicht um steuerrechtliche Aspekte. Dafür gibt es Steuerberater, Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer. Es geht um Wichtigeres.

Wohin ich schaue, stelle ich überwiegend Verunsicherung oder gar Hilflosigkeit fest, wenn es darum geht: „Wie und wann sage ich es meinem Kinde?“  Es geht darum, die nachfolgenden Generationen auf die größeren Geldsummen und Kapitalvermögen vorzubereiten, welche ihnen eines Tages zufallen werden. Die Herausforderung liegt auf zwei Ebenen: Zum einen, die jungen Menschen mit dem professionellen Umgang beim Thema Geld - im weitesten Sinne - vertraut zu machen. Und zwar losgelöst von der jeweiligen Berufswahl. Zum anderen, dafür zu sorgen, dass die Kinder - trotz des Erbes – ein eigenes, vernünftiges Leben aufbauen können. Beides unter einen Hut zu bekommen, ist gar nicht so einfach.

Kinder bleiben im Regen stehen

Die Eltern oder Großeltern sind allein gelassen. Patentrezepte gibt es nicht. Jede Familie hat ihre eigene Werteordnung und Weltanschauung. Und auch die Kinder bleiben in der Regel im Regen stehen. In der Schule und an den Universitäten bringt man ihnen nichts zu dem wichtigen Komplex der Finanzen bei. In der Öffentlichkeit ist das Thema Tabu. Und so kommt es, dass mit dem Heranwachsen der nächsten Generation die innere Verkrampfung und die Bauchschmerzen bei den Vermögensinhabern zunehmen.

Zur Person

Wann weihen wir unseren Sohn ein? Ab wann sollen wir unserer Tochter die konkrete Größenordnung der Zahlen offenlegen? Wird sie dann überhaupt noch selber sparen wollen, wenn sie um die hohen jährlichen Einkünfte aus Kapitalvermögen weiß? Wie wird sie sich gegenüber ihren Freunden fühlen, wenn sie sich nicht mehr als Gleiche unter Gleichen empfinden wird?  Wie macht der Vater einem Volljährigen klar, dass er eine ganz gewisse Art im Umgang mit seinem Vermögen erwartet, wenn er es eines Tages schenkt oder vererbt? Zwingen kann er ihn ja nicht. Wie kann die Mutter sichergehen, dass die erwachsenen Kinder ihre Wünsche – zu ihrem Besten – auch befolgen werden? Fragen über Fragen, die sich da aufhäufen. Es ist ein Dilemma und es dominiert die Sorge, etwas falsch zu machen.

Das Spektrum der Einstellungen zu dieser Thematik ist breit gefächert. Im einen Extrem finde ich häufig die Haltung: „Nach mir die Sintflut“, kombiniert mit Wegducken und „im Dunkeln halten“. Die Generationen gehen sich aus dem Weg. Man scheut das intime Gespräch. Der Faden der Kommunikation ist aus verschiedenen Gründen sowieso gerissen. Also bloß nicht auch noch das Thema der Firmennachfolge und des Kapitalvermögens anschneiden.

Das Resultat ist vorprogrammiert: Ein Leben lang geht die ganze Kraft und Energie in die Arbeit und den Aufbau eines Vermögens. Der Erblasser hat aber bis zum Schluss das ungute Gefühl, sich um den heißen Brei gedrückt zu haben. Die Ungewissheit, was später einmal aus dem Ganzen wird, entwickelt sich im Zeitablauf zur Gewissheit: Je älter man wird, umso mehr stellt sich die Frage nach dem Sinn der Schufterei. Die Erben sind auf nichts vorbereitet. Der Fall „Buddenbrocks“ lässt grüßen.

Auf Stärken der Nachfahren wird nicht eingegangen

Eine andere anzutreffende Variante sehe ich im Modellverhalten: „Diktatur und Rechthaberei“ - der Patriarch, der allen anderen in der Familie überlegen ist. Der Senior mit dem Durchblick. Ungefragt, ob sie es hören wollen oder nicht, zwingt er der nachfolgenden Generation seine Sicht der Dinge auf. Eisern und einsam lässt er keinen an das Zentrum seines Wirkens heran. Nach den Wünschen und Bedürfnissen der Kinder wird nicht gefragt. Auf den individuellen Zuschnitt der Stärken und Schwächen der Nachfahren wird nicht eingegangen. Unmissverständlich lässt man sie spüren, wie wenig man ihnen letzten Endes zutraut. Bei Einweihungs- oder Jubiläumsfeiern im mittelständischen Sektor ist es ein gewohntes Bild. Voller Stolz führt der Erfolgsunternehmer coram publicum das Wort, während sein Sohn und seine Tochter schweigend und betroffen im Hintergrund stehen. Mit der Faust in der Tasche vermitteln sie ein klares Bild: „Sobald der Alte hier weg ist, wird das Ganze endlich verkauft!“

Was in keinem Testament fehlen darf
HandschriftWer sein Testament selber erstellen will, muss das handschriftlich machen. Denn ein maschinell geschriebenes Exemplar ist nicht gültig und wird von den Gerichten nicht anerkannt. Der Verfasser muss anhand der Handschrift identifizierbar sein. Viele machen den Fehler, und benutzen einfach maschinelle Vordrucke aus dem Internet. Alternativ kann einem ein Notar das Testament als Urkunde erstellen. Auch die muss aber handschriftlich unterschrieben werden. Außerdem sollte das Testament mit einer eindeutigen Überschrift versehen werden, damit es nicht verwechselt wird. Die genaue Bezeichnung ist aber frei wählbar, beispielsweise "Testament" oder "Mein letzter Wille". Quelle: dpa
UnterschriftEgal ob Sie das Testament allein anfertigen oder mit Hilfe des Notars - vergessen Sie nie die Unterschrift. Ohne die ist das Schreiben nicht gültig. Sie sollte immer am Ende des Dokuments stehen. So verdeutlicht sie, dass der letzte Wille hier zu Ende ist. Sobald das Testament mehrere Seiten lang ist, sollte jedes Blatt einzeln unterschrieben sein. Auch wenn das Dokument zu einem späteren Zeitpunkt ergänzt wird, ist wieder eine Unterschrift nötig, damit der Zusatz auch gültig ist. Im Idealfall sollte der Verfasser des Testaments mit seinem Vor- und Nachnamen unterschreiben. Wurde anders unterschrieben, beispielsweise mit "Euer Vater", ist das Testament trotzdem gültig, wenn der Verfasser sicher ausfindig gemacht werden kann. Quelle: AP
Datum und Unterschrift Quelle: dpa
Nicht verlieren! Ist das Testament fertig erstellt, sollte es nicht zu Hause zwischen den heimischen Papier- und Aktenbergen verschwinden. Auch der Nachtschrank oder Schreibtisch ist kein guter Aufbewahrungsort. Die Gefahr, dass keiner der Hinterbliebenen das Testament findet, ist zu groß. Sicherer ist es, den letzten Willen gleich beim Nachlassgericht zu hinterlegen. Dort wird das Testament dann auch eröffnet. Anfang 2012 wurde zudem das Zentrale Testamentsregister bei der Bundesnotarkammer in Berlin eingeführt. Dort werden Testamente registriert und ihr Verwahrungsort hinterlegt. Im Todesfall kann die Kammer so überprüfen, ob ein Testament vorliegt und gegebenenfalls das zuständige Nachlassgericht informieren. Quelle: Fotolia
Pflichtteil beachten! Auch mit einem Testament muss die gesetzlich vorgeschriebene Erbfolge eingehalten werden. Das gilt insbesondere für den Pflichtteil. Wird der vom Verfasser nicht beachtet, können die Betroffenen ihn einklagen. Einen Anspruch auf ihren Pflichtteil haben die in der Erbfolge nächsten Angehörigen – die Kinder und Enkel des Verstorbenen, der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner sowie die Eltern. Der Pflichtteil umfasst die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Quelle: Fotolia
Alles verteilen!Legen Sie in Ihrem Testament möglichst genau fest, wer am Ende was bekommt - nur so lassen sich nervige Streitereien vermeiden. Schreiben Sie also detailliert, wer Schmuck, Ferienhaus, Wertpapierdepot oder Auto erben soll. Nennen Sie dabei möglichst den vollständigen Namen des jeweiligen Erben, keine Spitznamen. Je detaillierter und genauer das Testament geschrieben ist, desto leichter haben es die Erben und der Notar. Quelle: dpa
Berliner TestamentOft wird auch ein sogenanntes Berliner Testament abgeschlossen. So nennt die Fachwelt ein gemeinsames Testament von zwei Verheirateten oder Lebenspartnern. Beide Unterzeichner setzen sich für den Fall des Todes gegenseitig als Erben ein. So erbt der Hinterbliebene zunächst alles, während bei einem normalen Testament auch die Kinder ihren Anteil bekämen. Beim Berliner Testament sind die Kinder Schlusserben, sie bekommen das Vermögen erst, wenn beide Elternteile gestorben sind. Wer sich für ein solches gemeinsames Testament entscheidet, muss allerdings bedenken, dass es auch nur gemeinsam wieder geändert werden kann. Wenn einer der Partner bereits verstorben ist, kann der Hinterbliebene das Testament nur ändern, wenn es eine entsprechende Freistellungsklausel enthält. Quelle: dpa

Die vererbende Generation trägt eine große Verantwortung. Zur Übergabe größerer Ersparnisse und Kapitalien gehört eben auch, die Dinge so zu richten, dass das gut gemeinte Vererben auch schlussendlich Gutes bewirkt. Wie soll eine junge Krankenhausärztin damit zurechtkommen, wenn sie unvermittelt nach dem Studium erfährt, dass sie das Dreifache ihres Monatslohns ohne Arbeit erhält  - dank jährlicher Ausschüttungen? Wo soll das Stehvermögen in schwierigen Berufssituationen herkommen, wenn der Erbe gar nicht auf sein Arbeitseinkommen angewiesen ist? Hier geht es ja nicht um die Frage des Überlebens, sondern um den sinnvollen Aufbau eines eigenbestimmten Lebensweges.

Der Sorge der älteren Generation, wie ein zu leichtfertiger Umgang mit dem Ererbten verhindert werden kann, steht ein anderes Phänomen gegenüber. Viele Erben wachsen mit einem schlechten Gewissen auf, dass sie erheblich privilegiert sind. Sie können es psychologisch nicht verarbeiten, dass ihnen so viel quasi vom Zufallsschicksal „geschenkt“ wird. Ein Leben lang hadern sie im tiefsten Inneren damit und leben in der ständigen Furcht, das Erbe zu verlieren. Sie sind auf ein Parkett geführt worden, auf dem sie sich nicht wohl fühlen, geschweige denn, es beherrschen. Sie sind nicht stolz auf ihre noch so schöne Existenz.

Verfügung erst im Alter von 60 Jahren

In der Not greifen viele Erblasser zu radikalen Maßnahmen. Ein Bekannter von mir erbte von seinem kinderlosen Großonkel, zu dem er zu Lebzeiten kein gutes Verhältnis hatte, ein Millionenvermögen. Der Haken? Da der Onkel umgekehrt auch von seinem Neffen nicht viel hielt, stellte er das Erbe sozusagen unter Testamentsvollstrecker-Verschluss. Erst im Alter von 60 Jahren darf mein Bekannter über das Ererbte verfügen. Bis dahin muss er zuschauen, wie ein Anwalt in „seinem“ Depot rumhantiert. In anderen Fällen werden so steuereffiziente Erbkonstruktionen erstellt, dass die nachfolgende Generation kaum noch außerhalb Deutschlands leben und arbeiten kann. Die steuerlichen Folgen eines Auslandswohnsitzes wären verheerend.

Aus meiner langjährigen Erfahrung lohnt es sich, den Stier bei den Hörnern zu packen. Entwickeln sie eine klare Familienphilosophie, behandeln Sie alle Kinder gleich und legen ihre Angst vor schwierigen Gesprächen ab. Wie die Auswahl einer Schule, das Ergreifen einer Ausbildung, das Erlernen eines Sports, so gehört auch das Heranführen an das Thema „Geld und Kapital“ zur Erziehung der nachfolgenden Generation. In welcher Art und Weise Sie die Aufgabe angehen, hängt von ihnen ab. Fangen Sie früh mit ihren Überlegungen an. Das Ganze will wohl überlegt sein. Falls Sie es sich selbst nicht zutrauen oder die Familienverhältnisse zu emotional geladen sind, dann holen Sie sich eben professionelle Hilfe. Ganz gleich wie, in jedem Fall schieben Sie das Thema nicht auf die lange Bank. Sie werden unter Umständen überrascht sein. Vielleicht sind Ihre Kinder ja vernünftiger als Sie denken und haben selber sehr klare Vorstellungen.

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