Deutsche Schuldenhochburgen
Dem Finanzreport 2013 der Bertelsmann Stiftung zufolge ist Oberhausen die Stadt mit den höchsten Schulden. Auf einen Einwohner kommen 6.870 Euro Miese durch Kassenkredite. Die Stadt schloss Musikhäuser und machte bereits fünf der acht Schwimmbänder dicht.
Auf Platz zwei folgt Pirmasens in Rheinland-Pfalz mit 6.215 Euro Schulden pro Einwohner. Vor allem der Rückgang der Einwohnerzahl macht der Stadt zu schaffen.
In Kaiserslautern liegen die Schulden bei 6.040 Euro pro Einwohner.
Auch wenn sich der Schuldenstand im Vergleich zu 2007 etwas verringert hat - Hagen gehört mit 5.618 Euro Schulden pro Einwohner zu den Schuldenhochburgen. 19 der 30 besonders verschuldeten deutschen Städte liegen in Nordrhein-Westfalen.
Remscheid, ebenfalls NRW-Kommune, hat es mit knapp unter 5.000 Euro Schulden pro Einwohner in die Top 5 geschafft.
Das rheinland-pfälzische Zweibrücken ist mit rund 34.000 Einwohnern die kleinste kreisfreie Stadt Deutschlands und doch eine der Schuldenhochburgen. Auf einen Einwohner kommen 4.230 Euro Schulden durch Kassenkredite.
Wuppertal, berühmt durch seine Schwebebahn, steckt ebenfalls tief in der Miese. Pro Einwohner sind es 4.215 Euro Schulden.
Auf Platz acht folgt Ludwigshafen mit 4.043 Euro Schulden pro Bürger.
Von Platz acht auf neun ist die rheinland-pfälzische Hauptstadt Mainz mit 3.857 Euro Schulden pro Einwohner gefallen.
An zehnter Stelle kommt Essen im Ruhrgebiet (3.766 Euro pro Einwohner). Die Stadt ist laut der Bertelsmann Stiftung mehr als dreimal so hoch verschuldet wie alle bayerischen, sächsischen und baden-württembergischen Kommunen zusammen.
Problematisch wird die staatliche Verschuldung hingegen dann, wenn die aufgenommenen Gelder nicht für Investitionen in die Zukunft des Landes verwendet werden. Hohe Arbeitslosigkeit kann eine Staatskasse dabei ebenso über ihre Grenzen hinaus belasten wie die Zahlungsverpflichtungen gegenüber Rentnern und Pensionären.
Insbesondere mit Blick auf die Versorgung einer stetig alternden Gesellschaft steht der Staat vor einer besonders großen Herausforderung – der demographische Wandel lässt grüßen.
Auch wenn Schulden dazu aufgenommen werden, fragwürdige Projekte zu finanzieren, droht Gefahr. Viele Menschen dürften die Bankenrettungen der vergangenen Jahre zum Kreis solch fragwürdiger Projekte zählen. Auch wenn der Staat mehr Schulden aufnehmen muss, weil sich ein Teil der Bevölkerung seiner Verpflichtung zur Steuerzahlung auf mehr oder minder dubiosen Wegen entzieht, sollten im Finanzministerium die Warnleuchten blinken. Haben die Schulden eines Landes erst einmal eine gewisse Höhe erreicht, droht eine gefährliche Abwärtsspirale, an deren Ende der Wohlstand aller Bürgern in Gefahr ist.
Nur fürs Eigenheim
Auch für private Haushalte kann es sinnvoll sein, einen Kredit aufzunehmen. Allerdings gilt hier das Gleiche wie für Unternehmen: Ein Kredit sollte nur für eine Investition aufgenommen werden. Dahinter steckt in der Regel einzig der Kauf einer eigennutzten Immobilie. Sie dürfte ihren Wert über die Jahre kaum einbüßen. Die Kreditaufnahme für jeden anderen Zweck ist gefährlich.
Doch die Sirenen der Werbung singen das hohe Lied der „Null-Prozent-Finanzierung“ und so mancher glaubt, bei einem Leasing-Vertrag handele es sich gar nicht um einen Kredit.
Dass viele Privathaushalte ihren Konsum über Kredite finanzieren, dürfte ebenso in einem grundsätzlichen Mentalitätswandel begründet liegen wie in schierer Notwendigkeit. In der Generation unserer Großeltern wurde gespart, bis man das notwendige Geld zusammenhatte. Heute orientieren wir uns eher am amerikanischen Beispiel. Wozu noch zehn Jahre auf einen Neuwagen sparen, wenn man ihn unmittelbar nach Abschluss eines Leasingvertrages vom Hof des Händlers fahren kann?
Immer öfter ist die Kreditaufnahme aber auch purer Notwendigkeit geschuldet: Zwar erklären uns Notenbanker wir Politiker gleichermaßen, dass wir hierzulande eher eine Deflation als eine Inflation zu fürchten haben. Doch der Blicks ins eigene Portemonnaie offenbart etwas anderes.
Wie schnell sind 50 Euro heute ausgegeben? Und wer eine Wohnung einrichten, ein Auto kaufen oder in Urlaub fahren möchte, der weiß, wie teuer das Leben in Deutschland ist. Für manchen Haushalt sind Kleinkredite und Leasing die einzige Möglichkeit, bestimmte Grundbedürfnisse zu befriedigen.
Gefährlich wird der Konsum auf Pump regelmäßig dann, wenn der Kreditnehmer seinen Arbeitsplatz verliert. Dann fällt das Kartenhaus des auf Pump finanzierten Lebenswandels in sich zusammen. Eine zunehmende Überschuldung der Bevölkerung dürfte auch den Staat langfristig vor schwerwiegende Probleme stellen.
Weniger ist mehr
„Es ist alles nur geliehen“ wurde – 1978 veröffentlicht – zum größten musikalischen Erfolg Heinz Schenks. Schon damals warnte er vor den Folgen ungehemmten Konsums, Raffgier und Habsucht. Sein Couplet gipfelte in der Forderung, sich wieder an den kleinen Dingen des Lebens zu erfreuen.
Zwar war Schenks Lied sicher nicht als Warnung vor übermäßiger Verschuldung gedacht. Und doch wollen erscheinen seine Zeilen heute wie eine Aufforderung zu jenem Deleveraging erscheinen, dass die Banken schon seit einiger Zeit vorantreiben und Staaten wie Privathaushalte ebenso in Angriff nehmen sollten.
Weniger ist manchmal mehr. Das gilt auch in Bezug auf Kredite.
Hinweis: Herr Engelmann ist Mitarbeiter der Citigroup in Deutschland. Der von ihm verfasste Text gibt allein seine persönliche Meinung wieder und ist keine Analyse, Beratung oder Empfehlung der Citigroup.