
"Clown (klaun), der; -s, -s (engl.) (Spaßmacher)" - ein Clown ist also ein "Spaßmacher“, so nachzulesen im Duden. Blickt man mit etwas Abstand auf die umstrittene Äußerung des Kanzlerkandidaten der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), Peer Steinbrück, er sei darüber entsetzt, dass zwei Clowns (die Parlamentswahl in Italien) gewonnen haben, könnte man fast zu dem Urteil gelangen, der wahre Clown sei Steinbrück selbst. Doch eine solche Einschätzung wäre genauso verfehlt wie die Kritik aus den Reihen der Regierungsparteien heuchlerisch ist. Wer glaubt, Steinbrück habe nur spontan eine billige Pointe reißen wollen, unterschätzt den Mann. Dass Steinbrück sich als Enkel des inzwischen von der ganzen Bevölkerung ikonenhaft verehrten Alt-Kanzlers Helmut Schmidt sieht, ist bekannt. Und so eifert er "Schmidt Schnauze" nun auch rhetorisch nach - immer in der Hoffnung, mit seinen flotten Sprüchen die Wähler für sich zu gewinnen. Im Gegensatz zu Angela Merkel muss der Kandidat dabei keine besonderen außenpolitische Rücksichten nehmen: Merkel ist bereits Kanzlerin, Steinbrück will es erst noch werden. Der Duden definiert solcherlei Verhalten mit folgendem Begriff: "Populismus, der; - (opportunistische Politik, die die Gunst der Massen zu gewinnen sucht)".





Etwas mehr Respekt, bitte!
Doch mal ganz abgesehen davon, dass die Führer zweier Parteien, die in freien und demokratischen Wahlen substantielle Stimmenanteile auf ihre Parteien vereinen konnten, als "Clowns" zu verspotten, sicherlich nicht die feine englische Art ist - zumal, wenn es sich um ausländische Politiker handelt und man mit ihnen zugleich auch ihre Wähler zu Figuren eines Kuriositätenkabinetts herabwürdigt - stellt sich die Frage, ob Silvio Berlusconi und Beppo Grillo tatsächlich "Spaßmacher" im Sinne des Duden sind. In Bezug auf Beppo Grillo könnte man mit Blick auf seinen Lebenslauf durchaus versucht sein, Steinbrücks Einschätzung zu teilen. Schließlich wirkte Grillo über viele Jahre als Komiker und Kabarettist im italienischen Fernsehen. Doch aus dem "Spaßmacher" ist über die Jahre ein politischer Aktivist geworden, der die Zustände in seiner Heimat deutlich kritisiert und damit auf viel Zuspruch in der Bevölkerung stößt. Weniger allerdings bei den etablierten Parteien. Denn gerade in der politischen Kaste Italiens sieht Grillo das größte Problem des Landes. Fakt ist: Bei den Parlamentswahlen konnte Grillos Partei "MoVimento 5 Stelle" landesweit ein Viertel aller Stimmen auf sich vereinigen - ein beachtliches Ergebnis!
Düsteres Bild von Italien
Wer 25 Prozent aller abgegebenen Stimmen und damit mehr als jeder andere Kandidat errungen hat, kann wohl schwerlich ein "Clown" sein! Gewiss: Der Forderungskatalog Grillos klingt utopisch und seine Vorhersagen für die politische und wirtschaftliche Zukunft Italiens lassen einem das Blut in den Adern gefrieren. Doch wie jeder andere Politiker arbeitet auch der Vorsitzende der "5 Sterne Partei" mit dem Stilmittel der Übertreibung, zum einen, um bei einer eventuellen Regierungsbeteiligung einen Teil seiner Maximalforderungen im Wege des Kompromisses durchsetzen zu können, zum anderen, um den Bürgern Italiens und Europas die Augen über den schlechten Zustand des Landes zu öffnen. Erst am Wochenende malte Beppo Grillo wieder ein düsteres Bild von der Zukunft Italiens. Grillo geht davon aus, dass das politische System Italiens noch in diesem Jahr zusammenbrechen wird und forderte einen Schuldenschnitt, um Italien von seiner erdrückenden Zinslast zu befreien.