Ethereum-Merge 2022 Merge ist vorbei: Was man zur Ethereum-Reform wissen muss

Ethereum wechselt aufs Proof-of-Stake-Verfahren. Quelle: REUTERS

Ethereum setzt nun auf den Proof-of-Stake-Mechanismus – und soll dadurch grüner, schneller und günstiger werden. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Umstellung und was sie für die Kryptowährung bedeutet.

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Auf diesen Tag hat die Kryptowelt seit Jahren gewartet hat: Die Reform der Ethereum-Blockchain, dem Datenprotokoll der zweitgrößten Kryptowährung nach Bitcoin, fand an diesem Donnerstag statt. Neue Digitalmünzen entstehen nun nicht mehr auf Basis des Proof-of-Work-, sondern des Proof-of-Stake-Verfahrens.

Was klingt wie ein Randnotiz für Entwickler-Nerds, hat tatsächlich große Auswirkungen auf den Kryptosektor. Mit der Umstellung (auch Merge genannt) soll Ethereum grüner, schneller und günstiger werden. Viele Anleger spekulieren darauf, dass der Ether-Kurs davon profitieren wird. Schon im Vorfeld legte der Kurs deutlich zu. Doch was bedeutet der Merge und welche Vor- und Nachteile hat er? Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Ethereum-Merge 2022: Darum wurde Ether von Proof of Work auf Proof of Stake umgestellt

Was ist der Ethereum-Merge?

Als Ethereum-Merge wird der Übergang der Ethereum-Blockchain vom Konsensverfahren Proof of Work zum Konsensverfahren Proof of Stake bezeichnet. Das bedeutet, dass die Ethereum-Foundation in den vergangenen Jahren eine neue Blockchain entwickelt hat, die dem Proof of Stake-System folgt. Diese wurde jetzt mit der alten Proof-of-Work-Blockchain zusammengeführt.

Wann war der Ethereum-Merge?

Der Ethereum-Merge fand am Donnerstag, den 15. September 2022, gegen 8:45 Uhr deutscher Zeit statt. Anleger und Miner hatten gespannt darauf gewartet. In der Vergangenheit war der Termin mehrmals verschoben worden. Eigentlich hätte die Umstellung auf Proof of Stake bereits im Jahr 2019 stattfinden sollen.

Die erste Phase des Ethereum-Merge war zuvor bereits mit dem sogenannten Bellatrix-Upgrade am 6. September 2022 erfolgreich eingeleitet worden.

Warum wurde der Merge bei Ethereum durchgeführt?

Durch den Merge sollen Transaktionen auf der Blockchain schneller durchgeführt werden können. Gleichzeitig sinkt durch den Umstieg auf Proof of Stake der reine Energieverbrauch, da keine Miner benötigt werden, die die Sicherheit des Systems garantieren. Beim Mining werden komplexe mathematisch Aufgaben auf Hochleistungsrechnern gelöst. Belohnt werden die Miner mit Coins. Das bedarf viel Rechenleistung und somit viel Energie.

Anders als beim Bitcoin, ist künftig also nicht mehr die Zustimmung eines Großteils des Ethereum-Netzwerks für Transaktionen notwendig, sondern nur noch ein gewisser Anteil von Validatoren, die ihre Ether-Einlagen staken - also zur Absicherung des Netzwerkes verleihen. Über diese Personen werden Transaktionen im Netzwerk verifiziert oder abgelehnt. Dadurch sinkt der Energiebedarf deutlich, da die Rechenleistung, die zur Validierung benötigt wird, drastisch sinkt. Personen, die ihre Anteile ins System verleihen, bekommen dafür eine Belohnung in Form von Ether-Coins.

PoW versus PoS: Ist das Proof-of-Work-Verfahren wirklich so schlimm?

Bislang beruhte Ethereum ebenso wie der Bitcoin auf dem Konsensverfahren Proof of Work. Die Methode steht in Deutschland und Europa oft in der Kritik, weil das Verfahren in den Augen der Kritiker als sehr energieintensiv und damit klimaschädlich gilt. Das System benötigt viel Energie, um bestehen zu können: Miner, die mehr Rechenleistung beitragen, erhöhen ihre Gewinnchancen, einen Block verarbeiten zu können und damit die Einnahmen einzustreichen.

Aber: Der Bitcoin benötigt so viel Energie, um den höchsten Sicherheitsstandard sowie Dezentralität zu bieten – der Energieverbrauch ist also kein „Fehler“ in der Bitcoin-Blockchain, sondern erfüllt einen klaren Sinn. Befürworter von Proof of Work sprechen daher beim Bitcoin-Mining nicht vom Verbrauch, sondern vom Bedarf, den das Netzwerk benötigt, um sicher und vor allem dezentral zu arbeiten. Die Bitcoin-Miner nutzen darüber hinaus überproduzierte Energie und machen diese somit erst nutzbar. Diese überproduzierte Energie bliebe sonst ungenutzt.

Darüber hinaus stammt die Energie, die für das sogenannte Mining notwendig ist, bereits jetzt zu rund 60 Prozent aus nachhaltigen Energiequellen wie Wind- oder Solarenergie. Das Bitcoin-Mining hat damit im Vergleich den höchsten Anteil an nachhaltigen Energiequellen – und liegt damit deutlich vor dem Anteil Deutschlands, der EU oder den USA, zeigen Daten des Bitcoin Mining Councils. 

Diese wichtigen Punkte gehen in den Diskussionen um das Konsensverfahren Proof of Work aber oftmals unter.

Welche Vorteile soll der Merge Ether bringen?

Durch den Umstieg auf Proof of Stake wird der Energiebedarf der Ethereum-Blockchain maßgeblich gesenkt, da eine geringere Rechenleitung für die Validierung von Transaktionen notwendig ist. Schätzungsweise sinkt der Energieverbrauch von Ether nach dem Merge um 99 Prozent.

Gleichzeitig werden Transaktionen damit auch schneller durchgeführt als bislang, da weniger Teilnehmer die Transaktionen auf der Blockchain validieren. Außerdem sollen die Gebühren für Transaktionen auf der Ethereum-Blockchain deutlich sinken. Diese sind aktuell im Vergleich zu vielen anderen Kryptowährungen noch sehr hoch. Ether gilt daher teils als „Coin für Reiche“.

Mit dem Merge soll das Skalierungsproblem bei Ethereum gelöst werden. Denn mit einem Durchsatz von etwa 15 Transaktionen pro Sekunde liegt die Leistungsfähigkeit der Ethereum-Blockchain deutlich unter den Anforderungen als größte Smart-Contract-Plattform. Smart Contracts sind automatisch ausführbare Verträge auf der Blockchain. Viele NFTs (non-fungible Token), also nicht austauschbare Wertmarken, und DeFi-Anwendungen (dezentrales Finanzwesen) beruhen auf der Ethereum-Blockchain.

Das Defizit in Sachen Skalierung lässt sich immer dann beobachten, wenn die Transaktionsanfragen in die Höhe schnellen und mit ihnen die Transaktionskosten. Der Merge wird das Skalierungsproblem zwar nicht direkt lösen. Er ebnet aber den Weg für anschließende Lösungen.

Welche Nachteile könnte der Merge auf Ether haben?

Der Umstieg auf Proof of Stake könnte das Ethereum-Netzwerk weniger sicher machen, da es nicht mehr von Minern und ihren Rechenleistungen abgesichert wird, sondern durch sogenannte Validatoren. Das sind Personen, die ihre Ether-Einlagen verleihen. Personen, die also über große Einlagen verfügen, können auch mehr staken und so einen größeren Einfluss innerhalb des Netzwerkes nehmen. Personen, die wiederum nur über kleinere Ether-Einlagen verfügen, staken diese Anteile über zentrale Anbieter wie Coinbase oder Kraken.



Einige Experten fürchten daher, dass einzelne Teilnehmer wie zentrale Börsen zu viel Einfluss und Macht im Netzwerk bekommen können. Zusätzlich könnte der Einfluss von zentralen Plattformen wie Coinbase oder Kraken zunehmen, da diese Kleinanlegern den Stake erst ermöglichen. Die Dezentralität würde darunter leiden, da das Ethereum-Netzwerk auf weniger Schultern ruht.

Wie reagiert der Ethereum-Kurs auf den Merge?

Seit dem Kurstief am 18. Juni 2022 ist der Ether-Kurs um 77 Prozent Prozent auf zuletzt 1608 Dollar gestiegen (15. September, 10:55 Uhr). Die Anleger setzten also verstärkt auf den Merge bei Ethereum und trieben den Kurs nach oben. Von seinem bisherigen Rekordhoch im November vergangenen Jahres aber ist Ether aber noch weit entfernt. Da lag der Kurs bei 4892 Dollar.

Es bleibt allerdings spannend, wie der Ether-Kurs langfristig auf den Merge reagiert. Miner, die bislang das Ethereum-Netzwerk sichern, könnten mit ihrer Rechenleistung dann ein anderes Proof-of-Work-System unterstützen – beispielsweise Ethereum Classic. Folglich würde der Energiebedarf der Ethereum-Miner durch den Merge nicht wegfallen, er würde schlicht in ein anderes Proof of Work-Netzwerk wechseln.

Ethereum Classic ist die ursprüngliche Ethereum-Blockchain. Im Jahr 2016 erschütterte ein Hack gegen die Krypto-Organisation DAO die Grundfesten von Ethereum. Nach diesem Hack plädierten ein Teil der Community sowie die Ethereum-Gründer dafür, die Blockchain bis vor den Hack zurückzudrehen und ihn somit ungeschehen zu machen. Ein anderer Teil der Ethereum-Community empfand dies allerdings als zentralen Eingriff und unterstützte weiter die ursprüngliche Blockchain.

Aus dieser Hard Fork der zurückgedrehten Blockchain entstand das heutige Ethereum. Die ursprüngliche Blockchain lief als Ethereum Classic weiter. Unter einer Hard Fork versteht man eine Änderungen in einer Blockchain, durch die diese nicht mehr mit den alten Blöcken kompatibel ist.

Wie können Anleger vom Ethereum-Merge profitieren?

Wenig überraschend: Am einfachsten können Anleger, die an einen langfristigen Kursschub durch den Merge glauben, auf die Kryptowährung Ether setzen. Mittlerweile bieten nicht nur Kryptobörsen den Handeln mit der zweitgrößten Digitalwährung an, sondern auch viele Smartphonebroker.

Bereits heute gibt es mit Ethereum Classic eine andere Kryptowährung, die ein leicht verändertes Protokoll gegenüber Ethereum selbst nutzt. Es handelt sich praktisch um eine modifizierte Ethereum-Blockchain, die parallel läuft. Ursprünglich wurde sie 2016 als Reaktion auf einen Hack entwickelt.

Auch NFTs könnten von der Konsensumstellung profitieren. Die meisten nicht-austauschbaren Wertmarken basieren auf der Ethereum-Technologie. Auch NFTs stehen in der Kritik, klimaschädlich zu sein. Nachfragesteigernd könnte sein, dass die Transaktionsgebühren nun sinken: Bislang war es teuer, die Besitzrechte an einem NFT auf der Blockchain eintragen zu lassen.

Auch wenn der Merge Ether und NFTs positive Impulse geben könnte, sind die Rahmenbedingungen für die Kryptowelt derzeit nicht so gut: Die Kurse von Kryptowährungen stehen seit Jahresbeginn unter Druck. Um die Inflation zu bändigen, haben die Notenbanken das Ende der Niedrigzinspolitik eingeläutet. Für spekulative Assets wie Kryptowährungen ist das belastend, weil sichere Anlagen wie Anleihen attraktiver werden. Fraglich ist außerdem, inwiefern der Kryptomarkt einen erfolgreichen Merge bereits eingepreist hat. In diesem Fall hätte der Merge selbst dann praktisch gar keinen weiteren Kurseffekt mehr.

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