Lange hat sich Spanien gesträubt, den Euro-Rettungsschirm EFSF in Anspruch zu nehmen. Doch am vergangenen Wochenende hat das Mittelmeerland – auch auf Druck der anderen Euroländer – beschlossen, einen Antrag auf Finanzhilfe zu stellen. Der Grund ist, dass die spanischen Banken mit ihrer unvorsichtigen Kreditvergabe eine Immobilienblase aufgepumpt haben, deren Platzen sie zu milliardenschweren Abschreibungen gezwungen hat. Viele Banken befinden sich in der Schieflage. Der Internationale Währungsfonds schätzt den Kapitalbedarf der Institute auf 40 bis 80 Milliarden Euro. Um einen ausreichenden Puffer einzubauen, wollen die Euro-Länder Spanien über den Rettungsschirm EFSF rund 100 Milliarden Euro an Kredit zur Verfügung stellen. Das entspricht rund neun Prozent des spanischen Bruttoinlandsprodukts. Da die Zahlungen an den staatlichen spanischen Bankenrettungsfonds FROB gehen, erhöht sich die staatliche Schuldenquote um rund neun Prozentpunkte.
Anders als Griechenland, Irland und Portugal begibt sich Spanien nicht komplett unter den Rettungsschirm, sondern stellt nur seine Banken darunter. Das ist seit der Änderung des EFSF-Vertrags im vergangenen Jahr möglich. Die Auflagen für den Kredit, dessen Details noch verhandelt werden müssen, dürften sich daher auf den Bankensektor beschränken. Madrid wird der EU in Zukunft wohl mehr Einfluss bei der Aufsicht der spanischen Institute gewähren müssen. Weitergehende Auflagen, die den Arbeitsmarkt oder die Staatsfinanzen betreffen, soll es nicht geben.
Die Teilnehmer an den Finanzmärkten haben den Schritt begrüßt. Denn er bedeutet, dass den Finanzinstituten in Europa Abschreibungen auf ihre Kreditengagements bei spanischen Banken erspart bleiben. Allein deutsche Banken stehen mit rund 42 Milliarden Euro gegenüber Spaniens Finanzhäusern im Feuer. Doch das Aufspannen des Rettungsschirms über Spaniens Banken widerspricht den vertraglichen Grundlagen des EFSF. Diese sehen vor, dass die EFSF-Mittel nur als Ultima Ratio abgerufen werden dürfen, wenn ein Land nachgewiesen hat, dass es seine Banken allein nicht retten kann. Spaniens Finanzminister Cristóbal Montoro hat Anfang vergangener Woche zwar lauthals geklagt, die Finanzmärkte gäben Spanien keinen Kredit mehr zu akzeptablen Konditionen. Doch nur wenige Tage später platzierte er erfolgreich eine neue zehnjährige Staatsanleihe zu sechs Prozent Zinsen.
Spanien könnte seine Banken daher durchaus mit eigenem Geld retten. Doch das Land will es nicht, weil es bequemer ist, die EFSF-Kredite zu Billigkonditionen in Anspruch zu nehmen. Hat Madrid erst einmal Gefallen an den Niedrigzinsen der EFSF-Kredite gefunden, wird es wohl bald komplett unter den Rettungsschirm schlüpfen. Zumal die Geberländer auf strenge wirtschaftspolitische Auflagen verzichten dürften. Hinzu kommt, dass sich private Investoren zunehmend aus Spanien-Bonds zurück ziehen werden. Denn sie müssen befürchten, dass Madrid vorrangig die Kredite des EFSF bedienen wird und private Anleger im Fall von Zahlungsschwierigkeiten das Nachsehen haben.
Für die Steuerzahler der Geberländer wird die Euro-Rettung immer teurer. Allein für die avisierten 100 Milliarden für Spaniens Banken haften die deutschen Steuerzahler gemäß ihrem Anteil am EFSF von 27 Prozent mit 27 Milliarden Euro. Schlüpft Spanien komplett unter den Rettungsschirm, benötigt das Land nach Berechnungen der US-Bank JP Morgan bis zum Jahr 2014 insgesamt 350 Milliarden Euro, um Banken, laufenden Haushalt und Altschuldentilgung zu finanzieren. Verliert der Rettungsschirm wegen des Verzichts auf harte Anpassungsauflagen seine abschreckende Wirkung, ist es zudem nur noch eine Frage der Zeit, bis auch Italien darunter schlüpft. Die Haftungssummen für die Geberländer, allen voran für Deutschland, werden dann auf aberwitzige Größenordnungen steigen.