Euro-Krise Notfallplan für Ihr Geld

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Wird die EZB mehr Geld drucken?

Bei einem Ausstieg Griechenlands aus dem Euro könnte sich die EZB gezwungen sehen, noch mehr Geld in die Banken zu pumpen - Sinnvoll wäre das aber nicht Quelle: dpa


Mario Draghi , Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), will verhindern, dass die EZB immer tiefer in Staatsfinanzierung und Bankenrettung hineingezogen wird. Die Euro-Hüter sind erst dann zu weiteren Rettungsaktionen bereit, wenn die Regierungen sich auf die Rekapitalisierung der Banken in Krisenländern geeinigt haben.

Doch das Kalkül der Notenbanker könnte rasch Makulatur werden, wenn Griechenland Hals über Kopf aus dem Euro aussteigt und die Märkte in Panik geraten. Die EZB wäre die einzige Institution, die rasch reagieren könnte und über genügend Munition verfügte, um die Märkte zu beruhigen. So dürften die Notenbanker im Notfall den Leitzins weiter senken. Die Banken könnten sich dann noch billiger Geld verschaffen und neue Kredite vergeben.

Wohin steuert Mario Draghi die EZB?
Eines kann man Mario Draghi sicher nicht vorwerfen: Tatenlosigkeit. Seit der Italiener vor bald 100 Tagen an die Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB) aufrückte, kramt er tief im Instrumentenschrank. Schließlich brennt es im Euroraum lichterloh - und nicht wenige sehen in der EZB den einzigen potenten Retter im Kampf gegen Schuldenkrise, drohenden Bankenkollaps und Rezession. „Realistisch gesehen verfügt gegenwärtig nur noch die Geldpolitik über die Mittel, die Wirtschaft zu beleben“, sagt etwa Ansgar Belke vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Quelle: dpa
Draghi wurde fündig. Gleich zum Amtsantritt nahm der Bank- und Finanzexperte die Zinserhöhungen von Jean-Claude Trichet (rechts) zurück. „Dies war ein Einstand mit Pauken und Trompeten, denn Draghi korrigierte die viel zu restriktive Geldpolitik seines Vorgängers“, lobt Thomas Steinemann, Chefstratege der Bank Vontobel. Quelle: dapd
Dass der renommierte Ökonom Draghi, der seit seiner Zeit bei den Analysten von Goldman Sachs den Beinamen „Super-Mario“ trägt, mit der Lockerung der Zinsschraube typisch südländisch handelte und vor allem seinem angeschlagenen Heimatland diente, glaubt in Notenbankkreisen niemand. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann soll sogar überrascht sein, in Draghi einen engen Verbündeten zu haben, für den Geldwertstabilität auch bei Konjunkturflauten das Oberziel der Notenbank bleibt. Quelle: Reuters
Während er den Leitzins bisher „nur“ auf das frühere Rekordtief senkte, betrat der Italiener mit einer anderen Maßnahme Neuland: Um einen Bankenkollaps samt Kreditklemme zu verhindern, flutete die EZB die Banken mit billigem Geld für die Rekordlaufzeit von drei Jahren. Die Draghi-„Bazooka“ wirkte: Seither können sich klamme Staaten günstiger finanzieren, Aktienkurse starteten zum Höhenflug. „Wir haben eine schwere Kreditkrise verhindert“, ist Draghi überzeugt. Quelle: dpa
Ohne Zweifel: Der Schritt hat die hypernervösen Märkte nicht nur beruhigt, sondern beflügelt. Für Ende Februar ist ein zweites Dreijahresgeschäft geplant, bei dem sich Europas Banken womöglich bis zu einer Billion Euro bei der Zentralbank leihen. „Sollte sich die Lage verschärfen, dann wäre die EZB bereit, auch einen dritten und vierten Tender mit einer Laufzeit von drei Jahren durchzuführen“, ist Jürgen Michels, Europa-Chefvolkswirt der Citigroup, überzeugt. Quelle: dpa
Der Präsident des Privatbankenverbandes BdB, Andreas Schmitz, lobt den „Schuss Pragmatismus“, mit dem die EZB in den vergangenen Monaten für Entschärfung der Krise gesorgt habe. „Aber Geld- und Fiskalpolitik müssen wieder getrennte Wege gehen“, betont Schmitz. Er habe „nicht den leisesten Zweifel“, dass Draghi das auch so sehe. Quelle: dpa
Das gigantische Verleihgeschäft birgt Gefahren. Während das Inflationsrisiko nicht unmittelbar steigt, rückte die Notenbank näher an die Politik. Denn obwohl dies nach Draghis Bekunden nicht das Ziel war, lädt das Dreijahresgeld quasi zum Nulltarif die Banken förmlich dazu ein, staatliche Bonds zu kaufen. Damit werde die EZB durch die Hintertür zum Staatsfinanzierer, moniert DIW-Experte Ansgar Belke. Quelle: PR

Anleihekäufe letzter Trumpf

Allerdings ist es fraglich, ob das Drehen an der Zinsschraube die Euro-Wirtschaft stabilisiert. Die Bürger in den Krisenländern sind noch immer damit beschäftigt, ihre hohen Schulden abzubauen. Lust aufs Einkaufen auf Pump dürfte auch bei niedrigeren Zinsen kaum aufkommen.

Daher könnte sich die EZB gezwungen sehen, nach der bisherigen Billion Euro weitere Schüsse aus der Dicken Bertha abzufeuern und den Geschäftsbanken noch mehr Geld in unbegrenzter Höhe zu leihen. Ergänzend könnte sie die Anforderungen an die Qualität der dabei zu stellenden Sicherheiten herunterschrauben. Mehr als weiße Salbe wäre aber auch dieser Schritt nicht. Denn die Banken in den Krisenländern leiden nicht unter einem Mangel an Liquidität. Die können sie sich wöchentlich in unbegrenzter Höhe bei der EZB leihen. Ihr Problem ist der Mangel an Eigenkapital. Der lässt sich durch mehr Geld der EZB jedoch nicht lindern.

Der letzte Trumpf im Ärmel der Währungshüter ist der Kauf von Staatsanleihen. Da er auf die Finanzierung der Staaten durch die Notenpresse hinausläuft, ist er im EZB-Rat stark umstritten. Zudem nehmen die Währungshüter damit weitere Ausfallrisiken in ihre Bilanz. Dazu kommt, dass die EZB-Käufe private Investoren vom Anleihemarkt verdrängen. Denn nach den Erfahrungen mit Griechenland, als die EZB sich nicht am Schuldenschnitt beteiligte, müssen private Investoren fürchten, dass die EZB auch von möglichen Umschuldungen anderer Krisenländer ausgenommen wird. Dadurch stiege der Forderungsverzicht, den die privaten Gläubiger leisten müssen. Daher könnten sie sich immer weiter vom Bondmarkt zurückziehen. Am Ende bliebe die EZB der einzige Käufer von Staatsanleihen. Die Schulden der Staaten würden komplett durch die Notenpresse finanziert. Das Ergebnis: noch mehr Geld, neue Preisblasen auf den Vermögensmärkten – und höhere Teuerungsraten.

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