Trotzdem sind Baudarlehen derzeit echte Schnäppchen: Nie zuvor konnten Immobilienkäufer in Deutschland ihr Eigenheim so günstig finanzieren wie heute. Glücklich ist auch, wer gerade jetzt eine Anschlussfinanzierung braucht. Denn Hypotheken mit zehn Jahren Laufzeit sind derzeit unter 2,5 Prozent zu haben, vor zwei Jahren mussten Kunden noch Effektivzinsen von fast 4,3 Prozent schlucken, vor fünf Jahren lag der durchschnittliche Effektivzins nach Zahlen der FMH-Finanzberatung gar bei 4,95 Prozent. Ewig werden die Hypotheken-Zinsen nicht auf dem aktuellen Schnäppchen-Niveau verharren. Stephan Gawarecki, Vorstandssprecher des Finanzdienstleisters Dr. Klein & Co., mahnt potenzielle Käufer bereits, nicht allzu lange zu zögern. Denn langfristig sei mit deutlich höheren Zinsen zu rechnen: „Bei Abschluss eines Darlehens ist daher auf eine lange Zinsbindung in Kombination mit einer erhöhten Tilgung zu achten.“
Gefahr der Immobilienblase wächst
Doch der günstige Zins hat für Menschen, die sich den Traum von den eigenen vier Wänden erfüllen wollen, auch eine Schattenseite. Gepaart mit der deutschen Angst vor Inflation und den schwachen Renditeaussichten bei alternativen Geldanlagen hat der Niedrigzins das Geschäft mit Betongold in Deutschland spürbar belebt - das freut Verkäufer, die höhere Preise verlangen können. In bevorzugten Wohnlagen der Metropolen wird der Wohnraum knapp. Allein 2012 zogen die Preise für Eigentumswohnungen in den sieben größten deutschen Städten laut Bundesbank um elf Prozent an. Ein Ende dieses Trends ist nicht in Sicht. Commerzbank-Analystin Ulrike Rondorf ist überzeugt: „Der Immobilienmarkt dürfte sich in den kommenden Jahren vor allem wegen der niedrigen Zinsen weiter beleben.“
Die zehn häufigsten Fehler bei der Baufinanzierung
Vielen Bauherren wird zum Verhängnis, dass sie zu wenig eigenes Kapital für den Immobilienkauf angespart haben. 20 bis 30 Prozent Eigenkapital in der Baufinanzierung sollten es mindestens sein. Wer vermieteten Wohnraum kauft, sollte sich nicht von Finanzberatern überreden lassen, möglichst viel über Kredit zu finanzieren, um Steuern zu sparen. Das ist unsinnig, denn das Finanzamt zahlt maximal die Hälfte der Zinsen zurück.
Baugeld über 15 Jahre kostet derzeit etwa 3,0 Prozent pro Jahr. Wer baut oder kauft, sollte die Niedrigzinsen nutzen, um mehr zu tilgen. Ein Beispiel: Ein Bauherr nimmt 200.000 Euro zu 3,0 Prozent über 15 Jahre auf. Nach Ende der Zinsbindung steigt der Zins auf 5,0 Prozent. Tilgt er 2,0 Prozent pro Jahr ist er nach 28 Jahren und zehn Monaten schuldenfrei. Bei einer Tilgung von 1,0 Prozent pro Jahr dauert es 40 Jahre und acht Monate. Je länger die Baufinanzierung läuft, desto mehr Zinsen zahlt der Kreditnehmer.
Nicht alle Kosten, die die Bank für einen Baukredit berechnet, sind im effektiven Jahreszins enthalten. Einige Banken berechnen beispielsweise Bereitstellungszinsen, wenn das Darlehen bewilligt ist, aber nicht abgerufen wird, andere verzichten darauf. Diese Nebenkosten verteuern den Kredit. Wer diese Extras übersieht, schließt möglicherweise ein schlechteres Angebot ab.
Wer ein Haus baut oder eine gekaufte Immobilie saniert, muss immer mit bösen Überraschungen rechnen. Meist liegen die Baukosten höher als ursprünglich veranschlagt. Wenn das Ersparte und der Kredit nicht ausreichen, steht das Projekt auf der Kippe. Baufinanzierer sollten daher Mehrkosten von zehn bis 15 Prozent einplanen.
Viele Bauherren wollen selbst anpacken, um Geld zu sparen. Sie überschätzen oft ihre Fähigkeiten oder ihr Zeitbudget. Wenn dann doch Handwerker ranmüssen, stimmt die Kalkulation nicht mehr. Besser ist es, den Wert der Eigenleistung konservativ anzusetzen.
Baufinanzierungen laufen über 30, 35 Jahre. In dieser Zeit fallen weitere Kosten für die Instandhaltung und Sanierung der Immobilie an. Wer nach Zins und Tilgung sein Budget ausgeschöpft hat, kann die Substanz seiner Immobilie nicht erhalten. Immobilieneigentümer sollten daher pro Jahr mindestens ein Prozent des Immobilienwerts als Rücklage ansparen.
Eine Baufinanzierung ist ein Projekt mit vielen Unbekannten. Schicksalsschläge lassen sich weder einplanen noch vermeiden. Tod oder Berufsunfähigkeit des Hauptverdieners können die Angehörigen in finanzielle Not bringen. Ohne ausreichenden Versicherungsschutz, muss die Immobilie unter Umständen zwangsversteigert werden. Sinnvoll sind Risikolebensversicherungen und Berufsunfähigkeitsversicherungen.
Banken haben kein Interesse daran, bei sinkenden Marktzinsen, ihre eigenen Konditionen nach unten anzupassen. Wer nicht rechtzeitig umschuldet, zahlt für die Anschlussfinanzierung wahrscheinlich zu hohe Zinsen. Baufinanzierer sollten sich spätestens sechs Monate vor Auslaufen der Zinsbindung nach einer Anschlussfinanzierung umschauen. Dabei sollten sie auch Angebote von anderen Banken als nur von der Hausbank einholen.
Viele Kinder bekommen schon bei der Geburt einen Bausparvertrag. Sie sollen sich damit später ein eigenes Heim finanzieren. Wer allein auf Bausparen setzt, zahlt jedoch am Ende zu viel für seine Baufinanzierung. Meist sind Bankkredite günstiger. Das liegt an der ungünstigen Kombination aus unattraktivem Sparzins und niedrigem Bauzins. Besser ist es, in Eigenregie anzusparen und damit den Eigenkapitalanteil erhöhen.
Wer eine Immobilie finanziert, kann neben der klassischen Finanzierung über Bankkredit oder Bauspardarlehen auch eine Lebensversicherung zur Tilgung einsetzen. Der Bauherr spart dabei in eine Lebensversicherung und zahlt Zinsen für das Baudarlehen. Später tilgt das Guthaben aus der Lebensversicherung den Kredit. Risiko: Oft ist das Guthaben aus der Police zu klein. Es bleibt eine Restschuld, die der Immobilieneigentümer abstottern muss. Besser ist es, auf tilgungsfreie Darlehen ganz zu verzichten.
Aus Rücksicht auf die Krisenländer werde die EZB ihre expansive Geldpolitik noch lange fortsetzen: „Wir erwarten in den kommenden Jahren einen Anstieg der Immobilienpreise um jährlich drei bis fünf Prozent, gestärkt durch spürbare Reallohnzuwächse, die hohe Beschäftigung und die niedrigen Zinsen.“ Das berge das Risiko einer Immobilienblase, auch wenn diese in Deutschland weniger wahrscheinlich sei als in Spanien oder Irland. Noch sei davon aber nichts zu spüren: In Deutschland seien die Preise seit 2009 insgesamt nur um rund acht Prozent gestiegen. Zum Vergleich: In Spanien legten sie von 2000 bis 2007 um mehr als 130 Prozent zu.
Die Bundesbank sieht bisher keine Anzeichen für eine Immobilienblase in Deutschland, beobachtet die Entwicklung aber genau. Aus anderen Ländern wisse man, dass es in einer langen Phase niedriger Zinsen bei gleichzeitig hoher Liquidität zu ungesunden Entwicklungen am Immobilienmarkt kommen kann, sagte Notenbank-Vorstand Andreas Dombret: „Dem muss man entgegenwirken.“
Experten der Rating-Agentur Standard & Poor's sehen aktuell gar eher eine Normalisierung denn eine Blase. Denn bereinigt um die Inflation seien die Immobilienpreise hierzulande von 1999 bis 2008 gesunken, während sie in weiten Teilen Europas kräftig anzogen. Langfristig werde die demografische Entwicklung die Nachfrage nach Häusern und Wohnungen ohnehin bremsen.