Fair-World-Fondsmanager Flaschka "Vier Prozent sollten wir erreichen"

Bei Union Investment lenkt Michael Flaschka den Fair World Fonds. Im Interview verrät der Fondsmanager eine Anlagestrategie, die den Niedrigzinsen auch mit besonders nachhaltigen Unternehmen trotzen soll.

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Michael Flaschka Quelle: PR

WirtschaftsWoche: Herr Flaschka, haben Sie, als Sie im Jahr 1990 ihre Fondsmanager-Karriere begannen, jemals damit gerechnet, dass die Zinsen so tief fallen würden?

Michael Flaschka: Nein, nicht im Traum! Im Jahr 1990 gingen wir durch die Phase eines kräftigen Zinsanstiegs von rund sechs bis auf neun Prozent. Nach wenigen Wochen verpuffte an den Rentenmärkten die erste Euphorie des Mauerfalls, und die deutlich unterschätzten Kosten der Wiedervereinigung, verbunden mit einem massiven Anstieg der Staatsverschuldung, führte zu diesem steilen Zinsanstieg. Das heutige, teilweise negative Zinsniveau war damals, aber auch noch vor kurzem, unvorstellbar.

Was waren damals die favorisierten Geldanlagen bei den Anlegern und vielleicht verraten Sie uns auch, was sie damals im Fondsdepot favorisiert haben und was dabei etwa an Rendite herauskam?

Aufgrund des hohen Zinsniveaus von rund neun Prozent konnten die Anleger damals ihre Renditeziele leicht und annähernd „risikolos“ über Rentenanlagen erreichen. Effiziente Märkte für Unternehmensanleihen und Hochzinsanleihen gab es noch nicht, sodass man überwiegend in Pfandbriefe und Bundesanleihen investierte. Aktienanlagen waren damals bei Kleinanlegern wahrscheinlich populärer als heute. Und auch institutionelle Anleger, wie die Versicherer, waren stärker in Aktien investiert.

Zur Person

Beim FairWorldFonds haben Sie in den vergangenen fünf Jahren im Schnitt fünf Prozent Plus pro Jahr erzielen können. Der Fondskurs hat sich glatt und gleichmäßig aufwärts bewegt. Aber was dürfen die meist risikoscheuen Anleger, die den Fonds kaufen, in den nächsten Jahren erwarten?

Rund 60 Prozent der in dem Fonds insgesamt angelegten 289 Millionen Euro sind in Zinspapiere investiert. Sie bringen im Schnitt aktuell nur noch 0,7 Prozent Rendite. Sollten die Zinsen weiter sinken, sind weitere Kursgewinne möglich. Aber klar ist, dass die Zinserträge in den künftigen Jahren magerer sein werden als in der Vergangenheit. Aber um die vier Prozent sollten wir längerfristig durchschnittlich pro Jahr erreichen können.

Wenn das Gewissen über die Geldanlage entscheidet
Euromünzen Quelle: Fotolia
Platz 17: Bergbau (6 Prozent)Die großen Bergbaukonzerne der Welt stehen häufig am Pranger – nicht nur wenn es um Nachhaltigkeit geht. Anleger mit Nachhaltigkeitsfokus haben trotzdem eher wenige Bedenken bei der Branche: Nur Sechs Prozent würden hier kein Geld investieren. Quelle: dpa
Platz 16: Hersteller von Verhütungsmitteln/Betreiber von Abtreibungseinrichtungen (6 Prozent)Ebenfalls 6 Prozent finden Verhütungen und Abtreibungen ethisch bedenklich und würden hier kein Geld investieren. Erfahrungen mit ethisch-ökologischen Geldanlagen hatte übrigens nur jeder zwanzigste der Befragten. Quelle: AP
Platz 15: Autobranche (7 Prozent)Knapp ein Drittel der übrigen Befragten hat aber generell Interesse. Diejenigen, die aus dem Osten der Bundesrepublik stammen oder älter als 60 Jahre sind, sind seltener für ethisch-ökologische Geldanlagen zu begeistern. Sieben Prozent der Verbraucher haben ein grundsätzliches Problem damit, Geld in die Automobilbranche zu investieren. Quelle: dpa
Platz 14: Chemiebranche (9 Prozent)Vor die Wahl gestellt hielt fast die Hälfte der Teilnehmer ethische Aspekte für wichtiger als ökologische. Nur ein gutes Viertel gab der Umwelt den Vorzug, der Rest mochte sich nicht entscheiden. Fast zehn Prozent der Befragten können sich nicht vorstellen, ihr Geld in der Chemiebranche anzulegen. Quelle: dpa
Platz 13: Pharmabranche (12 Prozent)Trotz ihrem Beitrag zum medizinischen Fortschritt: In der Bevölkerung herrscht traditionell das Bild der bösen Pharmaindustrie vor. Das spiegelt sich auch in der Umfrage wieder: Für 12 Prozent der Befragten käme eine Investition in das Geschäft mit den Medikamenten nicht in Frage. Quelle: dpa
Platz 12: Biogas- und Biosprit-Herstellung (13 Prozent)Ein Großteil der landwirtschaftlich angebauten Lebensmittel wird mittlerweile für die Produktion von Biogas und Biosprit verwendet. Das ist in manchen Regionen der Welt problematischer als in anderen, denn die Verknappung der Lebensmittel kann die Konkurrenz zwischen Teller und Tank verschärfen. 13 Prozent der Befragten schließen die Branche bei ihren Geldanlagen deshalb kategorisch aus. Quelle: dpa

Wie soll das gelingen?

Also beispielsweise Staatsanleihen der Bundesrepublik, die vor einer Woche bei einer Laufzeit von zehn Jahren pro Jahr nur noch 0,07 Prozent Rendite brachten, kaufe ich schon geraume Zeit nicht mehr. Zwar ist die Rendite in kürzester Zeit auf jetzt 0,5 Prozent gestiegen, aber auch das ist nicht sehr attraktiv. Ich halte noch ältere Bundespapiere, weil die sehr liquide sind und ich sie jederzeit zu Geld machen kann, aber Neuanlagen tätige ich in diesem Bereich erstmal nicht mehr. Stattdessen greife ich stärker zu Anleihen aus Schwellenländern wie Uruguay oder Costa Rica, die noch vier bis fünf Prozent Rendite bringen oder zu etwas höher verzinslichen Unternehmensanleihen. Außerdem liegt der Aktienanteil nah am 30-prozentigen Maximalanteil.

Warum erhöhen Sie nicht einfach den Aktienanteil, um die Renditechancen zu verbessern?

Wir haben uns im Beirat und Anlegerkreis darauf verständigt, dass wir die Anlagegrundsätze eines konservativen Mischfonds nicht opfern wollen, nur weil die Rentenpapiere im Moment keinen Ertrag erbringen. Die bestehenden Leitplanken für den Fonds sollen für die Anleger verlässlich sein. Wenn wir beispielsweise die Aktienquote von 30 Prozent auf 50 Prozent anheben, dann verändert sich auch das Risikoprofil der Anlage ganz erheblich. Und viele Anleger haben ja ganz bewusst in einen defensiven Mischfonds investiert, da dieser ihrem individuellen Chancen- und Risikoprofil entspricht. Derzeit ist es am Aktienmarkt ja bereits etwas holpriger geworden. Ich bin aber optimistisch, dass die Aktienseite noch längerfristig einen guten Beitrag zum Kursgewinn leisten kann.

"Strenge soziale und umweltpolitische Anforderungen"

In welche Aktien investieren Sie?

International in derzeit rund 50 Einzelwerte. Darunter sind große bekannte Unternehmen wie beispielsweise die Hotelgruppe Marriott, der deutsche Software-Riese SAP, das US-Transportunternehmen Union Pacific oder das Medienhaus Reed Elsevier aus Großbritannien.

Was macht diese Unternehmen besonders nachhaltig?

Grundsätzlich müssen sämtliche investierbare Unternehmen unsere strengen sozialen und umweltpolitischen Anforderungen übertreffen. SAP gilt als vorbildlich bei Unternehmensführung und der Mitarbeiterbeteiligung, und das auch bei Standorten in Entwicklungsländern. Bei Marriott gefällt uns, dass die Chancengleichheit von Mann und Frau in den Unternehmensleitlinien verankert ist, genauso wie die Förderung von lokalen Mitarbeitern in den internationalen Standorten. Reed Elsevier betreibt gesellschaftliches Engagement, das als „Informations-Philanthropie“ bezeichnet wird und für sozial, kulturell und wirtschaftlich Benachteiligte gratis Zugang zu Informationen schafft. Union Pacific schneidet im Umweltmanagement sehr gut ab und setzt beispielsweise Züge mit Hybridantrieb ein.

Welche Grünanleihen sich für Privatanleger lohnen

Haben kleinere Unternehmen keine Chance?

Doch. Wir investieren auch in weniger bekannte Namen, die aber durchaus unter nachhaltigen Aspekten besonders positiv herausragen. Dazu zählt etwa Jain Irrigation, ein indisches Unternehmen, das Bewässerungssysteme für die Landwirtschaft herstellt, aber auch in der Nahrungsmittelherstellung und bei Solarenergie engagiert ist. Ebenfalls aus Indien stammt die Fondsposition Dr. Reddy’s Laboratories, ein weltweit tätiger Hersteller von pharmazeutischen Nachahmer-Präparaten, so genannten Generika, der ärmeren Menschen einen besseren Zugang zu Medikamenten ermöglicht. Mit Hikma Pharmaceuticals, die in Jordanien gegründet wurden, aber an der Londoner Börse gelistet sind, haben wir das größte Pharmaunternehmen aus der Region Middle-East-North-Africa im Portfolio. Auch Hikma hat sich auf Generika spezialisiert. Mit der österreichischen EVN Energieversorgung Niederösterreich haben wir ein Unternehmen im Portfolio, das unter anderem in Osteuropa stark bei dezentraler Energieversorgung und Energie aus Wasserkraft engagiert ist.

Wie stark schränkt Sie der Nachhaltigkeitsfaktor bei der Aktiensuche ein?

Durch Ausschlusskriterien, wie etwa den Verzicht auf Waffenproduzenten oder Hersteller von Gentechnik wird das Universum natürlich kleiner. Aus dem gesamten Weltuniversum von vielen tausend Werten erfüllen derzeit auch nur etwa 70 unsere strengen Auswahlkriterien.

Worüber reden Sie mit dem Beirat aus Wirtschafts- und Entwicklungsexperten, der Sie bei der Anlageauswahl berät?

Wir diskutieren jeden einzelnen Fondsbestandteil sehr intensiv. So war der Kaffeehersteller Keurig Green Mountain lange Zeit im Fonds enthalten. Doch dann begann der Fairtrade-Pionier sein Geschäftsmodell verstärkt auf Einweg-Kaffeekapseln auszurichten und das gefiel uns und den Beiratsmitgliedern nicht. Ein Nachhaltigkeits-Vorreiter hat sich dadurch leider negativ entwickelt. Südafrikanische Anleihen haben wir verkauft, als die dortige Polizei streikende Minenarbeiter erschossen hat, ungarische Staatsanleihen sind auch nicht mehr im Portfolio, weil Ungarn wegen regelmäßig wiederkehrender Menschenrechtsverletzungen auffällig ist. Und Anleihen der Landwirtschaftlichen Rentenbank aus Frankfurt nehmen wir ebenfalls nicht mehr, weil die Bank auch Gentechnik-Projekte finanziert.

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