WirtschaftsWoche: Herr Flaschka, haben Sie, als Sie im Jahr 1990 ihre Fondsmanager-Karriere begannen, jemals damit gerechnet, dass die Zinsen so tief fallen würden?
Michael Flaschka: Nein, nicht im Traum! Im Jahr 1990 gingen wir durch die Phase eines kräftigen Zinsanstiegs von rund sechs bis auf neun Prozent. Nach wenigen Wochen verpuffte an den Rentenmärkten die erste Euphorie des Mauerfalls, und die deutlich unterschätzten Kosten der Wiedervereinigung, verbunden mit einem massiven Anstieg der Staatsverschuldung, führte zu diesem steilen Zinsanstieg. Das heutige, teilweise negative Zinsniveau war damals, aber auch noch vor kurzem, unvorstellbar.
Was waren damals die favorisierten Geldanlagen bei den Anlegern und vielleicht verraten Sie uns auch, was sie damals im Fondsdepot favorisiert haben und was dabei etwa an Rendite herauskam?
Aufgrund des hohen Zinsniveaus von rund neun Prozent konnten die Anleger damals ihre Renditeziele leicht und annähernd „risikolos“ über Rentenanlagen erreichen. Effiziente Märkte für Unternehmensanleihen und Hochzinsanleihen gab es noch nicht, sodass man überwiegend in Pfandbriefe und Bundesanleihen investierte. Aktienanlagen waren damals bei Kleinanlegern wahrscheinlich populärer als heute. Und auch institutionelle Anleger, wie die Versicherer, waren stärker in Aktien investiert.
Zur Person
Michael Flaschka (53) arbeitet seit 2001 bei der genossenschaftlichen Union Investment in Frankfurt. Er lenkt unter anderem den Fair World Fonds. Die Anlagekriterien des Fonds haben das Hilfswerk „Brot für die Welt“, und mehrere Wirtschafts- und Entwicklungsexperten mitgestaltet. Jeder kann ab 50 Euro monatlich investieren, besonders gefragt ist der Fonds bei kirchlichen Institutionen und Stiftungen.
Beim FairWorldFonds haben Sie in den vergangenen fünf Jahren im Schnitt fünf Prozent Plus pro Jahr erzielen können. Der Fondskurs hat sich glatt und gleichmäßig aufwärts bewegt. Aber was dürfen die meist risikoscheuen Anleger, die den Fonds kaufen, in den nächsten Jahren erwarten?
Rund 60 Prozent der in dem Fonds insgesamt angelegten 289 Millionen Euro sind in Zinspapiere investiert. Sie bringen im Schnitt aktuell nur noch 0,7 Prozent Rendite. Sollten die Zinsen weiter sinken, sind weitere Kursgewinne möglich. Aber klar ist, dass die Zinserträge in den künftigen Jahren magerer sein werden als in der Vergangenheit. Aber um die vier Prozent sollten wir längerfristig durchschnittlich pro Jahr erreichen können.
Wie soll das gelingen?
Also beispielsweise Staatsanleihen der Bundesrepublik, die vor einer Woche bei einer Laufzeit von zehn Jahren pro Jahr nur noch 0,07 Prozent Rendite brachten, kaufe ich schon geraume Zeit nicht mehr. Zwar ist die Rendite in kürzester Zeit auf jetzt 0,5 Prozent gestiegen, aber auch das ist nicht sehr attraktiv. Ich halte noch ältere Bundespapiere, weil die sehr liquide sind und ich sie jederzeit zu Geld machen kann, aber Neuanlagen tätige ich in diesem Bereich erstmal nicht mehr. Stattdessen greife ich stärker zu Anleihen aus Schwellenländern wie Uruguay oder Costa Rica, die noch vier bis fünf Prozent Rendite bringen oder zu etwas höher verzinslichen Unternehmensanleihen. Außerdem liegt der Aktienanteil nah am 30-prozentigen Maximalanteil.
Warum erhöhen Sie nicht einfach den Aktienanteil, um die Renditechancen zu verbessern?
Wir haben uns im Beirat und Anlegerkreis darauf verständigt, dass wir die Anlagegrundsätze eines konservativen Mischfonds nicht opfern wollen, nur weil die Rentenpapiere im Moment keinen Ertrag erbringen. Die bestehenden Leitplanken für den Fonds sollen für die Anleger verlässlich sein. Wenn wir beispielsweise die Aktienquote von 30 Prozent auf 50 Prozent anheben, dann verändert sich auch das Risikoprofil der Anlage ganz erheblich. Und viele Anleger haben ja ganz bewusst in einen defensiven Mischfonds investiert, da dieser ihrem individuellen Chancen- und Risikoprofil entspricht. Derzeit ist es am Aktienmarkt ja bereits etwas holpriger geworden. Ich bin aber optimistisch, dass die Aktienseite noch längerfristig einen guten Beitrag zum Kursgewinn leisten kann.