Fairvesta Beim Fondsanbieter sieht es düster aus

Seite 4/4

Ein oder zwei Investoren?

Wohnblöcke Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern)

Die letzten im Fonds verbliebenen Immobilien sollen an zwei ausländische Investoren gegangen sein, so Knoll im Gespräch mit der WirtschaftsWoche. Die beiden hätten nichts miteinander zu tun. Es sei Zufall, dass sie gleichzeitig gekauft hätten. „Der eine hat um die 60 Prozent und der andere um die 40 Prozent“ übernommen. Auch das ist wohl falsch: In einer schriftlichen Stellungnahme sprach er am Donnerstag nur noch von einem Investor: Das Portfolio des Fairvesta 2 sei „an einen institutionellen Investor (Fonds) verkauft“ worden. Seltsam: Die Fairvesta-Fondsgesellschaft steht immer noch als Eigentümerin der angeblich verkauften Immobilien im Grundbuch. Knoll erklärte das damit, dass der Investor die Immobilien nicht physisch, sondern nur eine Art Wertpapier gekauft hätte, das ihm die Eigentumsrechte an den Immobilien garantiert. Für diese Rechte soll er 15,8 Millionen Euro auf den Tisch gelegt haben. Eingekauft hatte Fairvesta die Objekte für 8,7 Millionen.

Dass ein institutioneller Investor – ein Profi also – sich ausgerechnet dieses Portfolio geschnappt hat, ist angesichts von dessen fragwürdiger Qualität unglaubwürdig:

  • Ein Wohn- und Geschäftshaus am Stadtrand von Pirmasens von 1970 (Verkehrswert laut Fairvesta 1,5 Millionen Euro) macht einen heruntergekommenen Eindruck. Viele Wohnungen stehen leer. „Das Haus ist eine absolute Katastrophe“, sagt eine ehemalige Mieterin. Niemand kümmere sich um Wasserschäden. Mieter würden nach kurzer Zeit frustriert ausziehen.
  • Ein „Augsburger“ Bürogebäude steht gar nicht in Augsburg, sondern im Gewerbegebiet des benachbarten Kleinorts Affing. Das Gebäude steht derzeit für 1,69 Millionen Euro – und damit deutlich unter dem von Fairvesta angegebenen Verkehrswert von 2,2 Millionen Euro – zum Verkauf.
  • Ein Bürohaus in Ansbach scheint gut vermietet, etwa an den DGB. Doch auch hier Leerstand: Aktuell wird für 168 Quadratmeter im dritten Stock ein Mieter gesucht.
  • Das größte Objekt in dem Paket ist eine Plattenbausiedlung im Schweriner Problemviertel Mueßer Holz. Die Gegend ist unbeliebt. Bei einer Umfrage 2007 bewerteten 56 Prozent der befragten Bewohner die Wohnqualität negativ. So manche Wohnung steht leer. 2007 hatte Fairvesta schon einmal behauptet, die Mehrfamilienhäuser mit 60 Prozent Rendite verkauft zu haben – was sich als unwahr herausstellte. Damals sei die finanzierende Bank des Käufers abgesprungen und habe das Geschäft so platzen lassen, sagt Knoll dazu.

Die Höhe der in den Grundbüchern dieser Immobilien eingetragenen Grundschulden nährt den Verdacht, dass die Gebäude bei Fairvesta nahestehenden Gesellschaften landeten. Laut Knoll wurden die Schulden auf die Häuser auf Wunsch des Investors eingetragen. Auf deren Höhe hatte er angeblich keinen Einfluss: „Damit haben wir nichts am Hut.“

Mit Eintragung einer solchen Grundschuld bekommt Fairvesta eine Urkunde, eine Art Wertpapier, welche die Höhe der Grundschuld bescheinigt. Fairvesta kann die Urkunde nun an Investoren weiterreichen, diese können jederzeit die Immobilie verkaufen. Ob die eingetragene Grundschuld dem Wert der jeweiligen Immobilie entspricht, wird nicht geprüft.

Wohn- und Geschäftshaus Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern)

Die Grundschulden aber machen stutzig. Sie wurden genau so hoch angesetzt, dass – wenn die Grundschuld gleich dem neuen Verkehrswert ist – die Immobilien problemlos in andere Fairvesta-Gesellschaften gepackt werden können. Die dürfen laut Anlagestrategie für Immobilien nämlich maximal 70 Prozent des Verkehrswerts bezahlen.

Für das Objekt in Ansbach etwa wurde eine Grundschuld über 2,23 Millionen Euro im Grundbuch bestellt. 70 Prozent davon wären 1,56 Millionen Euro – exakt der alte von Fairvesta ausgewiesene Wert. Bei Auflösung des Fonds Fairvesta 2 hätte Fairvesta die Immobilie zu 1,56 Millionen Euro in eine andere Gesellschaft verschieben können, ohne gegen die Anlageregeln zu verstoßen.

Auffällig: Ende 2010 hatte Fairvesta begonnen, über ihre Liechtensteiner Töchter Geld mittels Anleihen einzusammeln. Deren Käufer wissen nicht, in welche Objekte ihr Geld geflossen ist. Im Emissionsprospekt der Anleihen steht, dass die Eintragung einer „Briefgrundschuld“ zur Freigabe einer Investition ausreiche. Bis Ende 2011 investierte die Fairvesta Europe AG 5,3 Millionen Euro in Immobilien, aber nicht direkt, sondern indirekt als Finanzanlagen. Dahinter könnten Briefgrundschulden stehen.

Die Auszahlung der Anleger des Fonds Fairvesta 2 erfolgte Mitte 2011. Theoretisch hätten die 5,3 Millionen Euro aus den Liechtensteiner Anleihen gereicht, um vier der sechs vom Fonds gehaltenen Objekte, nämlich die in Pirmasens, Augsburg, Ansbach und Chemnitz, zu kaufen.

Theoretisch – Knoll sagt, es habe keine internen Verschiebungen über die von Anlegern genehmigten hinaus gegeben. Der ausländische Investor sei „weder direkt noch indirekt der Fairvesta Unternehmensgruppe zuzuordnen“. Wohin das Geld aus den Liechtensteiner Anleihen denn dann geflossen sei, sagt Fairvesta nicht.

Alles nur Zufall also? Im Gespräch sagt Knoll, er würde „liebend gerne“ die zwei Käufer nennen. Aus diesen angeblich „richtig guten Namen“, die an der Börse jeder kenne, wird in der späteren Stellungnahme plötzlich nur noch ein Investor.

Klar ist am Ende nur eins: Ein Händchen für Immobilien hat dieser große Unbekannte sicher nicht. Und dass Fairvesta es hat, darf mehr denn je bezweifelt werden.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%