Fed erhöht Leitzins Amerika, Du hast es besser

USA: Fed erhöht Leitzins zum achten Mal Quelle: dpa

Die Leitzinsen in den USA steigen. Der Zinsabstand zur Eurozone wächst. Die Sparer hierzulande zahlen damit einen hohen Preis für die Rettung der Währungsunion.

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Amerika, Du hast es besser, könnte man als Sparer meinen. Am Mittwoch hob die US-Notenbank Fed ihren Leitzins zum achten Mal in Folge auf nunmehr 2,0 bis 2,25 Prozent an. Von Zinsen in dieser Höhe können die Menschen in Europa nur träumen. Hierzulande haben die Währungshüter der Europäischen Zentralbank (EZB) die Leitzinsen bei null Prozent festgetackert. Frühestens im Herbst nächsten Jahres werde man darüber nachdenken, an der Zinsschraube zu drehen, lässt EZB-Chef Mario Draghi wissen.

Bis dahin könnte sein Kollege Jerome Powell von der Fed die US-Leitzinsen schon auf drei Prozent oder mehr gehievt haben. Darauf deuten jedenfalls seine Äußerungen vom Mittwoch hin. Die raschere Gangart der Fed spiegelt das starke Wirtschaftswachstum, die gute Lage auf dem Arbeitsmarkt und den zunehmenden Lohndruck wider. Die Verbraucherpreise kletterten zuletzt um 2,7 Prozent über ihr Vorjahresniveau. Gemessen am Preisindex für die Konsumausgaben, dem von der Fed bevorzugten Maß für die Inflation, liegt die Teuerungsrate bei 2,3 Prozent.

Trotz der jüngsten Straffungsaktion kann jedoch auch in den USA keine Rede von einer restriktiven Geldpolitik sein. Bereinigt man den Leitzins um die Inflationsrate, ergibt sich je nach Inflationsmaß ein realer Zinssatz zwischen minus 0,1 und minus 0,5 Prozent. Kurzfristige Geldanlagen sind für Anleger in den USA also weiterhin ein schlechtes Geschäft.
Für die Sparer in der Eurozone gilt das umso mehr. Sie erleiden hierzulande bei kurzfristigen Geldanlagen einen Kaufkraftverlust von zwei Prozent (null Prozent Nominalzins minus Verbraucherpreisinflation von 2,0 Prozent).

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Dass die Notenbanken dies- und jenseits des Atlantiks darauf bedacht sind, die Realzinsen im Minusbereich zu halten, ist ein Zeichen dafür, dass das Zeitalter der finanziellen Repression noch nicht vorüber ist. Fed und EZB verstehen sich als Garanten des staatlichen Schuldgeldsystems. Dieses steht und fällt mit der Zahlungsfähigkeit seiner Schuldner, allen voran den Regierungen. Diese haben sich in der Finanzkrise mit der Rettung von Banken und Konjunktur finanziell übernommen und schieben nun einen riesigen Schuldenberg vor sich her. In den USA liegt die staatliche Schuldenlast bei mehr als 107 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – Tendenz steigend. Derart hohe Werte hat es zuvor nur in Kriegszeiten gegeben.

In der Eurozone sind die Schuldenquoten mancher Staaten noch höher. In Griechenland, Italien und Portugal liegen sie weit über der Marke von 100 Prozent. Ohne die Niedrig- und Negativzinsen der Zentralbanken würde der Schuldendienst die Regierungen überfordern. Sie müssten die Steuern erhöhen und/oder die Sozial- und Personalausgaben kürzen, um die Zinskosten zu tragen. Der Wohlfahrtsstaat geriete ins Wanken – und mit ihm das gesamte demokratische Gesellschaftssystem. Das will keine Zentralbank riskieren.

In Europa kommt hinzu, dass die EZB ihre Aufgabe darin sieht, die dysfunktionale Währungsunion unbedingt zusammenzuhalten. Deshalb orientiert sie ihre Geld- und Zinspolitik an den schwächsten Mitgliedern des Währungsclubs. Zurzeit sind dies Italien und Griechenland. Das erklärt den großen und wachsenden Zinsabstand zu den USA. Auf dem alten Kontinent zahlen die Sparer nicht nur die Zeche für die Entschuldung der Regierungen. Sie zahlen zusätzlich einen Preis für die künstliche Stabilisierung der Währungsunion. Zumindest in diesem Punkt gilt: Amerika, du hast es besser.

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