Felix und Roman Zulauf "Erholungsfantasien sind eine Fata Morgana"

Der berühmte Vermögensmanager Felix Zulauf und sein Sohn Roman rechnen mit einer neuen, von Japan ausgehenden globalen Krise. Im Interview verraten sie, wie weit die Anleihekurse noch fallen, wie die Geldschwemme der Notenbanken wirkt, über die Rückkehr der Eurokrise und die richtige Anlagestrategie für heraufziehende Risiken.

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Roman Zulauf und Felix Zulauf Quelle: Christian Grund für WirtschaftsWoche

WirtschaftsWoche: Meine Herren, platzt gerade die globale Anleihenblase?

Felix Zulauf: Sie müssen das, was gerade passiert, in ein Großwetterszenario einordnen. Wir hatten 30 Jahre fallende Renditen und vor wenigen Jahren eine große Finanzkrise. Weltweit haben Notenbanken ihren Banken Geld nahezu gratis zur Verfügung gestellt. Die Banken haben damit unter anderem Anleihen gekauft. Sie haben dabei immer weniger auf die Kreditqualität geachtet, weil die Notenbanken ihnen ja gesagt haben: Ihr habt ein bescheidenes Risiko, weil wir da sind und das alles aufkaufen. EZB-Präsident Mario Draghi hat vor einem Jahr gesagt, dass er den Euro verteidigen werde, koste es was es wolle. Das war unverantwortlich, weil er die Banken damit geradezu ermutigt hat, weiter viele Schrottanleihen von bankrotten Staaten auf ihre Bücher zu nehmen. Seither sind die Staatsanleihebestände der europäischen Banken von 2500 auf 2900 Milliarden Euro gewachsen. Jetzt sind Banken, Schattenbanken und andere Anleger vollgestopft mit solchen Zinspapieren, und zwar in einem Umfang, wie noch nie zuvor in der Geschichte. Und in dieser Situation setzt sich plötzlich die Meinung durch, dass es der amerikanischen Wirtschaft besser geht, und die US-Notenbank sagt: Weil die Wirtschaftslage sich bessert, werden wir das Gelddrucken schrittweise zurückfahren. Es ist doch ganz klar, dass Anleihebesitzer dann verkaufen.

Wird die Fed das Gelddrucken denn tatsächlich zurückfahren? Oder haben die heftigen Reaktionen der Börsen Bernanke vorsichtiger gemacht?

Felix Zulauf: Bernanke hat den Ausstieg ja an Bedingungen geknüpft...

...eine Arbeitslosenquote unter 6,5 Prozent und eine erwartete Inflationsrate von 2,5 Prozent...

Felix Zulauf: Die erste Bedingung wird schlichtweg nicht erfüllt werden. Deshalb wird er immer sagen können: Wir sind noch nicht so weit und drucken weiter. Ich gehe davon aus, dass die strukturellen Rahmenfaktoren in den Industrieländern mit Blick auf Verschuldung, Demografie und Bankensysteme in der Zukunft kaum mehr Wirtschaftswachstum zulassen werden. Entsprechend gehe ich davon aus, dass die Notenbanken aus ihrer Rolle als Finanziers für Staatsanleihen nicht herauskommen. Wir werden weiter in großem Stil Defizitwirtschaft betreiben, um das System einigermaßen über Wasser zu halten. Weil diese Defizite vom Kapitalmarkt allein nicht mehr finanziert werden können, wird neues Geld gebraucht. Dieses Geld werden die Zentralbanken schöpfen müssen.

Obwohl die Zentralbanken kaufen, fallen aber die Anleihekurse, und die Renditen steigen.

Felix Zulauf: In den Banken und Schattenbanken mit großen Anleiheportfolios, die zudem hochgradig auf Kredit finanziert wurden, kommen jetzt die Risikomanager und sagen: Wir haben das 1994 schon einmal erlebt. Da ist auch der Zins raufgegangen und plötzlich wurde daraus der größte Bondmarkt-Crash der neueren Geschichte. Aus dieser Angst hat sich jetzt eine Eigendynamik entwickelt. Es ist also vorerst gar nicht entscheidend, ob sich die Konjunktur nun besser entwickelt oder nicht. Es geht darum, die Risiken in den Bilanzen des Banken- und Schattenbankensystems weltweit zu beschränken. Und wenn das Risiko runter muss, wird verkauft. Dann fallen die Kurse und der Zins geht nach oben. Das läuft gerade.

Stehen die Aussagen Bernankes im Zusammenhang mit dem Ende seiner Amtszeit im Januar 2014?

Felix Zulauf: Er will natürlich nicht mit voll durchgetretenem Gaspedal aufhören, sondern einen Ausstiegsweg vorzeichnen, damit seine Legende nicht gefährdet ist. Ich glaube gar, er ist ehrlich davon überzeugt, dass sich die Konjunktur erholt. Er mag ein guter Geldtheoretiker sein, aber er ist kein guter Volkswirt. Das trifft heute leider für die meisten Zentralbanker zu. Die sind so verschroben in ihren Ansichten und verdorben durch den Monetarismus. Und sie werden von ihren eigenen Regierungen immerzu genötigt, die Kohlen aus dem Feuer zu holen.

Die US-Regierung muss in den nächsten drei Jahren die Hälfte ihrer Schulden refinanzieren. Ist es vor diesem Hintergrund ein Zufall, dass US-Präsident Barack Obama ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, an dem über ein Zurückfahren der Anleihekäufe durch die Fed spekuliert wird, die Nachfolge von Bernanke öffentlich diskutiert? Oder will Obama damit nur einen noch aggressiveren Gelddrucker als Bernanke installieren?

Felix Zulauf: Das glaube ich nicht. Bernanke wirkt tatsächlich amtsmüde. Aber seine dauernden und aus meiner Sicht richtigen Mahnungen an den Präsidenten und den Kongress, endlich den Finanzhaushalt ins Lot zu bringen, ärgern Obama. Entsprechend entlässt ihn Obama schon frühzeitig aus der Verantwortung.

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