Felix und Roman Zulauf "Erholungsfantasien sind eine Fata Morgana"

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Währungsunionen endeten nicht gut

Roman Zulauf Quelle: Christian Grund für WirtschaftsWoche

Wird sich die bedingungslose Haltung einer deutschen Regierung zum Euro ändern, wenn die Anti-Euro-Partei Alternative für Deutschland in den Bundestag einziehen sollte?

Felix Zulauf: Wenn die AfD in den Bundestag einziehen sollte, dann wird das vermutlich mit weniger als zehn Prozent der Stimmen sein. Sie wird vielleicht die FDP ersetzen, aber insgesamt nichts ausrichten können gegen eine große Koalition. Die Sozialdemokraten sind mit Blick auf die Eurokrise derart naiv, dass Deutschland nach der Wahl den Forderungen der anderen Länder eher noch etwas mehr nachgeben wird. Die Köpfe der heutigen Regierung haben eingesehen, dass der Euro eine Fehlkonstruktion ist. Ich glaube, Wolfgang Schäuble ist sich dessen bewusst, und Angela Merkel auch. Aber sie können das nicht sagen, und sie können nicht zurück.

Macht die Bundesregierung Politik gegen ihre eigene Überzeugung?

Felix Zulauf: Sie macht eine Politik der kleinen Zugeständnisse, wenn der Druck zu hoch wird. Aber diese Zugeständnisse sind immer zu gering, kommen zu spät und werden das Projekt Euro nie gesunden lassen. Die Bundesregierung zieht zwar Deutschland in seinen Verpflichtungen immer tiefer rein, aber der große Wurf kommt nicht.

Roman Zulauf: Ich glaube, wir fahren einfach mit offenen Augen auf eine Wand zu und können nicht aussteigen – bis es crasht. Dann muss alles neu organisiert werden, unter furchtbaren Schmerzen.

Geben Sie den Vereinigten Staaten von Europa nach dem Vorbild der USA keine Chance mehr?

Roman Zulauf: Die Geschichte kennt vor allem Währungsunionen, die ungut endeten.

Zum Beispiel?

Roman Zulauf: In Jugoslawien gab es auch eine Währungsunion von verschiedenen Völkern, die in dieser Form nicht zusammengepasst haben. Die Konsequenzen waren verheerend. Oder nehmen Sie die Sowjetunion nach der Wende. Die Situation war damals ähnlich wie jetzt in der Eurozone. Moskau hatte nicht mehr die politische Hoheit über die abtrünnigen Republiken. Die hatten aber alle noch den Rubel als Währung und konnten mit den dezentralen Notenbanken in der Peripherie der ehemaligen Sowjetunion beliebig Rubel schöpfen, so wie jetzt die nationalen Notenbanken in der Eurozone über die Notfallkreditlinien ELA und Target-2. Das haben Sie in der WirtschaftsWoche ja immer wieder prominent gebracht, etwa mit den Beiträgen von Professor Hans-Werner Sinn. Die Eurozone macht also eine ähnliche Rubelisierung durch wie damals die ehemalige Sowjetunion nach der Wende.

Und die Bundesbank schaut nur zu?

Felix Zulauf: Die Bundesbank erkennt dieses Risiko und sperrt sich deshalb gegen diese Eingriffe der EZB, die den nationalen Notenbanken die Erlaubnis zum Gelddrucken gibt. Innerhalb der EZB tobt ein großer Kampf zwischen dem Lager der Bundesbank und ihrem Präsidenten Jens Weidmann auf der einen Seite und dem Lager um Mario Draghi. Und Draghi ist in seiner Philosophie bei den Angelsachsen, die ein Problem stets mit der Notenpresse lösen wollen.

Wird die Bundesbank Rückendeckung vom Bundesverfassungsgericht bekommen?

Felix Zulauf: Das glaube ich nicht. Das Verfassungsgericht wurde von der Politik und der EZB eingeseift. Karlsruhe wird die Gelddruckerei absegnen und sein Urteil bestenfalls mit ein paar Fußnoten versehen, damit das Drucken vielleicht etwas langsamer abläuft als es sonst ablaufen würde.

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