Felix Zulauf "Dann gibt es Löcher im Markt"

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"Wir bauen Europa um zu einer DDR light"

Wie werden die Notenbanken reagieren?
Das ist die große Frage. Was machen die Notenbanken, wenn sich die Konjunktur einmal abschwächen sollte? In der Krise war es richtig, das Finanzsystem zu stabilisieren. Das gehört zu ihren Aufgaben. Aber damit hätte nach einem Jahr Schluss sein müssen. Heute ist es so, dass Geld- und Fiskalpolitik nicht mehr in der Lage sind, den Volkswirtschaften die eigentlich notwendigen Schmerzen einer Rezession, was lediglich eine Bereinigung der vorangegangen Exzesse ist, zuzumuten. Je länger und je mehr sie eingreifen, desto stärker schwächen sie die Systeme strukturell. Das bedeutet langfristig abnehmenden Wohlstand. Der Glaube an den Interventionismus und an ein kleines Gremium von Menschen ist ein Irrglaube.

Sind wir überhaupt noch in der Lage, den Hebel umzulegen?
Wir sehen ja, dass die großen europäischen Volksparteien alle am Ende sind. In Deutschland ist die SPD kaputt, mit nicht mal mehr 20 Prozent Zustimmung. Und Frau Merkel hat die CDU kaputt gemacht. Dadurch kommen neue Parteien an den Rändern, links wie rechts. Und es ergibt sich eine politische Landschaft, die immer mehr der Weimarer Republik ähnelt. Unsere Regierungen werden immer schwächer und können keine harten Entscheidungen mehr treffen, die eigentlich notwendig wären, um unsere Volkswirtschaften wieder auf einen gesunden Kurs zu bringen. Das ist ein fataler Trend, den unsere Politik da eingeleitet hat – und ich sehe da keine Änderungen.

Ich habe vor einigen Jahren mal gesagt, wir bauen Europa um zu einer DDR light. Wir haben immer mehr Staat, immer mehr Intervention, immer mehr Regulierung, immer mehr Dirigismus und immer weniger Freiheit und Eigenverantwortung. Das ist das Modell des Sozialismus. Und der endet immer im Bankrott. Das wissen wir aus der Geschichte. Das kann über Jahrzehnte gehen. Es ist ein furchtbarer Weg. Da bin ich sehr negativ. Das gilt nicht nur für Europa. Das ist in Amerika auch so. Trump ist ja ein Produkt dieser Entwicklung. Man hat den großen Parteien nicht mehr getraut. Trump war ein Außenseiter, ein Straßenköter sozusagen, der sich auf die Liste der Republikaner geschmuggelt und dann alle an die Wand gespielt hat.

Werden die Verteilungskämpfe in der Handelspolitik weiter zunehmen?
Die Fronten werden sich weiter verhärten, es wird mehr Protektionismus geben, vor allem zwischen China und den USA. Trump hat für die Galerie schon ein paar Maßnahmen getroffen. Ich gehe davon aus, dass er das verstärken wird. Auch die EU ist ein sehr protektionistisches Gebilde. Je mehr Protektionismus wir bekommen, desto weniger Wachstum und Wohlstand haben wir. Schon die Demografie lässt eigentlich nur noch wenig Wachstum zu. In den 1990er-Jahren wuchs die Bevölkerungsgruppe in der Altersklasse unter 65 Jahren in China, Russland, Brasilien und den Ländern der OECD um 25 bis 30 Millionen Menschen pro Jahr. Dieses Jahr wird das Wachstum null sein und in Zukunft wird die Bevölkerung schrumpfen, um bis zu 12 Millionen pro Jahr bis 2035. Wenn die Bevölkerung schrumpft und wir kaum mehr Produktivitätssteigerungen haben, dann gibt es kein Wirtschaftswachstum mehr. Wir bekommen immer weniger Wachstum und die Notenbanken schaufeln Stimulanz ins System. Man schüttet immer mehr Benzin in ein Auto, dessen Tank längst voll ist, aber dessen Getriebe kaputt ist. Deshalb fährt es nicht mehr.

Was macht Sie noch optimistisch?
Dass unsere Wissenschaftler und Ingenieure immer neue Produkte erfinden, die den Menschen das Leben leichter und angenehmer machen.

Es muss jedoch Menschen geben, die sich die neuen Produkte leisten können.
Das ist das Problem.

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