Feri-Chef Renné „Die Zeit, in der man mit fast jeder Immobilie Geld verdienen konnte, ist vorbei“

Geld verdienen mit Immobilien? Das war mal. Quelle: imago images

Der Investmentmanager Feri verwaltet die Milliarden der Superreichen. Vorstandschef Marcel Renné nennt seine Favoriten für das Anlagejahr 2023 – und sagt, von welchen Investments er abrät.

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WirtschaftsWoche: Herr Renné , wie lief das Krisenjahr 2022? Haben Sie viel Anlegergeld verloren?
Marcel Renné: Wir sind um etwa fünf Prozent runtergegangen, auf 52 Milliarden Euro, hatten aber wenig Kündigungen. Die Leute sind aber immer noch in Schockstarre, weil sie nicht einschätzen können, wie es weitergeht.

Welche Veränderungen lösen denn die Starre der Anleger im Jahr 2023?
Es gibt wieder Zinsen. Das ist die schönste Veränderung. Dass sie allerdings sprunghaft angestiegen sind, war schlimm und hat in der Form überrascht. In dem aktuellen Zinsbereich können wir für unsere Kunden in Deutschland wieder schöne Portfolien aus Anleihen und Pfandbriefen zusammenstellen. Für Renditen von vier bis fünf Prozent müssen Anleger nicht mehr ins Risiko gehen. Wir können wieder mit klassischen Aktien- und Rentenfonds Geld verdienen. Über 40 Prozent unserer Vermögenswerte liegen in festverzinslichen Wertpapieren. Das war in den vergangenen Jahren ganz anders. 

Bieten Sie Ihren Kunden auch Krypto-Währungen an?
Nein. Als Anlageklasse sind Krypto-Währungen nicht so aufgestellt, dass sie in die Portfolien unserer Kunden passen. Aber wir verstehen Krypto analytisch nicht.  Daher werden wir es auch nicht umsetzen. Anders sieht das bei Digitalassets aus, also technischen Lösungen, die sich mit der Frage auseinandersetzen: Wie nutze ich die Blockchain, um Gemälde und andere Anlageformen zu digitalisieren und ihre Einzigartigkeit zu beweisen. Über die technische Umsetzung via Blockchain eröffnet sich eine noch breitere Investitionsbasis.

Feri-Vorstandschef Marcel Renné Quelle: Presse

Zur Person

Was wird 2023 der größte Anlagetrend sein?
Es wird sicher viel Bewegung bei Kryptowährungen geben…

... also doch ...
Wie gesagt, wir werden es nicht mitmachen, weil es ein sehr spekulatives Umfeld ist. Ich erwarte aber durchaus zweistellige positive Renditen in den einzelnen Währungen. Die Frage ist: ist das wirtschaftlich hinterlegt? Aus meiner Sicht nicht. Mining zum Beispiel ist absolut nicht nachhaltig. Aber auch mit den klassischen Anlagen wird sich dieses Jahr Geld verdienen lassen. Wir werden eine ordentliche Rendite festverzinslicher Anlagen von vier bis fünf Prozent sehen. In der Aktienanlage gehen wir sogar von sechs bis acht Prozent aus. 

Junge Anleger setzen auf Krypto-Währungen, wollen gleichzeitig aber auch mehr Nachhaltigkeit. Das zeigt sich auch bei der Wahl der Anlageformen von jungen Menschen. Wie viele Ihrer Kunden legen ihr Geld denn nachhaltig an?
Von allen Kundengeldern, die wir verwalten, sind aktuell ca. 10 Prozent in nachhaltige Anlagen investiert. Wir verwalten im Durchschnitt ein Privatkundenvermögen von ca. 8,5 Millionen Euro pro Familie. Dabei sind 30 Prozent, der von uns verwalteten Gelder, privat angelegt und 70 Prozent institutionell.

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Ist Superreichen nachhaltiges Investieren nicht wichtig?
Primäres Ziel unserer vermögenden Kunden ist der Vermögenserhalt. Grundsätzlich legen wir das Geld unserer wohlhabenden Kunden nicht komplett anders an als das der jungen Anleger. Wichtig ist vor allem, dass überhaupt angelegt wird, denn der Zinseszins-Effekt über einen langfristigen Zeitraum ist enorm, egal bei welcher Vermögensgröße. Deswegen fragen wir, wie risikobereit sind unsere Kunden? Das Jahr 2022 war in dieser Hinsicht interessant: Die deutsche 10-jährige Staatsanleihe, eine der vermeintlich sichersten Anlagen der Welt, hat 18 Prozent verloren. Das gab es zuletzt Ende des 17. Jahrhunderts. Da sieht man ein Flackern in den Augen des Anlegers, wenn dieser vorher fünf Millionen Euro angelegt hatte und jetzt nur noch vier Millionen Euro hat. Für wenig risikobewusste Kunden war 2022 die Wahl der richtigen Anlageklasse enorm schwierig. Eine der wenigen, mit denen man Geld verdienen konnte, waren in den letzten zwei Jahren Rohstoffe. Deshalb haben wir unsere großen Vermögen auch vermehrt dort investiert.

Von welchen Investitionen raten Sie den Superreichen dann aktuell ab?
Immobilien-Investments sind sehr viel anspruchsvoller geworden: Die Zinsen von Hypothekenkrediten liegen nicht mehr bei unter 1 Prozent wie noch 2021, sondern bei 3,6 Prozent. Und gerade die Projektentwicklung ist betroffen, weil sie oft sehr hoch fremdfinanziert ist. Die Phase der jahrelangen Sonderkonjunktur, in der man mit fast jeder Immobilie Geld verdienen konnte, ist vorbei.

Einen Wandel sehen wir auch bei den großen Tech-Unternehmen. Da ist gerade viel Bewegung drin, das zeigt sich an der großen Zahl von Entlassungen. Der positive Effekt der Kursschwankungen bei den Tech-Unternehmen ist allerdings, dass der US-Index S&P 500 nicht mehr von vier bis fünf Big Tech-Unternehmen dominiert wird. Die Indizes erholen sich und sind wieder breiter aufgestellt. Ein Index, der von fünf Werten getrieben wird, ist kein ausgewogener Index.

Nachhaltigkeit in der Finanzberatung: Schub für „grüne“ Anlagen?

Sie sagen, mit Immobilien lässt sich künftig nur schwer Geld verdienen. Glauben Sie, die Immobilienblase wird platzen?
Nicht in den nächsten zwei, drei Jahren. Die Preise werden vielleicht sinken, aber da wird nichts platzen. Die Frage ist: Wie heiß wurden einige Reifen gefahren bei der Finanzierung? Die letzte Finanzierung zu unter einem Prozent war vor ungefähr anderthalb Jahren. Interessant wird es in fünf bis sieben Jahren werden, wenn die Refinanzierung kommt. Wie stehen die Immobilien dann als Anlageklasse da? Da kann ich mir vorstellen, dass Unruhe in den Markt kommen wird.

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