Finanzbildung für Teenager Diese Finanz-Expertin setzt auf die 50-30-20-Regel

Junge Menschen sollten sich mit Geld auskennen. Magdalena Sporkmann gibt in ihrem Buch „Miss Money“ Tipps, wie das gelingt. Im Interview spricht sie über finanzielle Unabhängigkeit, erklärt „Trockenshopping“ und verteidigt das Grundeinkommen.

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Finanzwissen und Geldanlage sind an den Schulen häufig kein Thema. Eltern müssen die Dinge selbst in die Hand nehmen, und das möglichst früh, denn Sparen und Ausgeben können schon kleinere Kinder lernen. Wenn die Kinder älter werden, wird das Thema komplexer. Der Ratgeber „Miss Money – Was schlaue Mädchen über Geld wissen sollten“ von Magdalena Sporkmann richtet sich an Mädchen im Teenageralter und soll ihnen helfen, klug mit Geld umzugehen. Es geht nicht allein darum, schnell die Million Euro an der Börse zu machen, sondern auch um gesellschaftliche Ziele. Sporkmann wurde jüngst für ihr Engagement von der Vereinigung der FinanzFachFrauen als „Geldverbesserin 2023“ ausgezeichnet.

WirtschaftsWoche: Frau Sporkmann, Ihr Buch „Miss Money“ führt Teenager behutsam an das Thema Finanzen heran. Es geht etwa darum, was es bedeutet, wenn man mehr Geld hat als die Freundin und wie man sich in dieser Situation verhalten kann. Haben Sie sich dabei an die eigene Kindheit erinnert?
Magdalena Sporkmann: Durchaus. Ich bin relativ privilegiert aufgewachsen. Meine Mutter war alleinerziehend und als niedergelassene Ärztin die Hauptverdienerin. Finanzielle Probleme habe ich nicht mitbekommen. Meine Mutter hat mir Klassenreisen, Urlaub und außerschulische Aktivitäten ermöglicht. Manche meiner Mitschülerinnen und Mitschüler mussten die Ferien im Nachbarort bei der Oma verbringen und wünschten sich, solche Möglichkeiten wie ich zu haben. Gelegentlich hat mich das beschämt.

Warum haben Sie sich nach dem Studium der Literaturwissenschaften und als Theaterexpertin überhaupt mit Finanzen beschäftigt?
Mit Mitte 20 hat mir mein damaliger Verlobter einen Ehevertrag vorgelegt, der mich in einen goldenen Käfig gesperrt hätte. Darin tauchten auch die Fallen einer klassischen Frauenbiografie auf. Mich schockiert noch heute, wie wenig ich zu dem Zeitpunkt über meine persönlichen Finanzen wusste. Das grenzte an Verantwortungslosigkeit. Ab diesem Moment kümmerte ich mich um meine Finanzen, informierte mich und merkte: Man kann viel tun, um sich finanziell abzusichern, und es ist darüber hinaus leicht zu verstehen.

Zur Person

Warum richtet sich Ihr Buch an Mädchen und nicht an  Jugendliche aller Geschlechter?
Wenn ich mit Freundinnen über Finanzen gesprochen habe, merkte ich, dass sie wenig darüber wussten. Die Hemmschwelle für Frauen, sich mit Geld zu beschäftigen, ist noch immer groß. Deshalb spreche ich in erster Linie Mädchen an, damit sie Lust bekommen, ihre Finanzen selbst in die Hand zu nehmen. Dass Finanzen auch Frauensache sind, sollte selbstverständlich werden.

Jüngst wurden alarmierende Zahlen veröffentlicht: Ein Drittel der Arbeitnehmerinnen in Vollzeit bekommt nach 40 Jahren Einzahlung in die gesetzliche Rentenkasse maximal 1000 Euro Monatsrente. Für diese Frauen kommt Ihr Buch zu spät.
Es ist nie zu spät, etwas zu tun. Wichtig ist es, den Tatsachen ins Auge zu sehen, den Ist-Zustand zu prüfen und sich realistische Ziele zu setzen. Wenn man schon 60 Jahre alt ist und mit der privaten Rentenvorsorge erst anfängt, wird man nicht mehr auf eine Million Euro kommen. Aber es ist immer besser, ein wenig zu tun als gar nichts. Ich rate dazu, sich finanziell zu bilden und dann möglichst schnell mit dem Sparen und Investieren zu beginnen. Es muss nicht sofort der perfekte Fonds oder ETF sein. Viel wichtiger ist es, schnell mit kleinen Beträgen erste Erfahrungen zu sammeln.

Wie haben Sie das Thema Finanzen nach dem Erlebnis mit dem Ehevertrag angepackt?
Ich habe viel gelesen, Podcasts gehört, Videos gesehen, mit Expertinnen gesprochen und habe mir überlegt, wie ich leben möchte. Möchte ich selbstständig oder angestellt arbeiten? Möchte ich Kinder? Ist mir ein Eigenheim wichtig oder ist die Mietwohnung okay? Ich habe mir diese existentiellen Fragen gestellt und ausgerechnet, wie viel Geld ich vermutlich im Leben benötige. Mir ist beispielsweise klargeworden, dass ich eine private Altersvorsorge benötige, da ich überwiegend selbstständig als Autorin arbeite. Dann habe ich mich mit Fonds und ETFs beschäftigt und mit einem monatlichen 25-Euro-Sparplan angefangen. Dabei habe ich gemerkt, wie wichtig es ist, erste Erfahrungen zu sammeln.

Welche waren das?
Ich habe das Börsengeschehen beobachtet und wie es sich auf meine Gefühle bei der Geldanlage auswirkt. Das hat mich bestärkt, weiterzumachen. Ich habe auch mal Einzelaktien gekauft, dabei aufs falsche Pferd gesetzt und den Ärger und Frust gespürt. Aber letztendlich ist es gut gelaufen. Die Entwicklung meines Portfolios geht komplett in die richtige Richtung, und das deutlich schneller als erwartet. Der Zinseszins ist so eine mächtige Kraft! Ich hatte mit einem konservativeren Szenario gerechnet und wurde trotz Coronacrash und Ukrainekrieg positiv von der Wertentwicklung meiner Geldanlagen überrascht.

Mehr Kindergeld, höhere Freibeträge: Es gibt gute Gründe für Eltern, mit dem Investieren für den Nachwuchs zu beginnen. Das klappt mit einem speziellen Kinderdepot. Was dort reingehört, was nicht reinsollte.
von Julia Groth, Niklas Hoyer

Aber das ist die Vergangenheit. Man weiß nie genau, was in Zukunft an der Börse passiert. Haben Sie sich beraten lassen?
Natürlich war ich auch bei Beraterinnen. Damals war ich aber bereits belesen und deren Ratschläge haben mich nicht überzeugt. Später habe ich gemeinsam mit einer anderen Beraterin mal durchgerechnet, ob sich für mich langfristig eher eine fondsgebundene Rentenversicherung oder ein Fondssparplan im eigenen Depot als Altersvorsorge lohnt.

Wofür haben Sie sich entschieden?
Für den Fondssparplan und gegen die Versicherung. Die Kosten der Versicherung konnten die Steuerersparnis, die sie gegenüber dem Fondssparplan bietet, nicht wettmachen.

Sie gehen in Ihrem Buch darauf ein, dass Teenager sich kleinere Träume mit selbstverdientem Geld erfüllen können. War das bei Ihnen auch so?
Ja, ich wollte als Kind Rollschuhe und meine Mutter hat mir vorgeschlagen, ich solle selbst darauf sparen. Ich weiß noch, wie stolz ich war, als ich die Summe zusammen hatte und mir selbst diesen Wunsch erfüllen konnte. Das fühlte sich viel besser an, als andere um Geld zu bitten. Später, mit 13 Jahren, hatten meine Freundin und ich den Wunsch, nach Paris zu reisen. Zwei Jahre haben wir mit Straßentheater, Pantomime und Musik machen Geld gesammelt. Mit 15 Jahren konnten wir damit eine Woche in Paris verbringen.

Sie betonen im Buch, dass man mit Geld auch etwas Sinnvolles für die Gesellschaft tun kann. Was schwebt Ihnen da vor?
Wenn man viel Geld hat, fällt es sicher oft schwer, davon etwas abzugeben, weil man sich schnell an ein neues Level von Wohlstand gewöhnt. Freiwillig geben zu wenige etwas davon ab, da ist die Politik gefordert. Aber wer entweder mit viel Geld aufgewachsen ist oder die Chance hat, viel Geld zu verdienen, kann und sollte sich meiner Meinung nach für nicht so privilegierte Menschen engagieren. Wer in finanzieller Sicherheit lebt, hat meist auch die mentalen Kapazitäten, über den Tellerrand zu schauen. Das haben Menschen mit wenig Geld häufig nicht. Ich habe länger bei der NGO „Mein Grundeinkommen“ gearbeitet und dort Menschen kennengelernt, die erst mit einem festen Grundeinkommen über andere Dinge als den täglichen Überlebenskampf nachdenken konnten. Der Wohlstand in unserer Gesellschaft wird ja nicht nur von denen erwirtschaftet, die ihn abschöpfen, sondern von allen. Und denen sollte geholfen werden, finanziell sicher zu leben.

Sie empfehlen zum Sparen eine 50-30-20-Regelung, mit der man sein Einkommen aufteilt. Haben Sie das selbst ausprobiert?
Ich habe damit experimentiert. Die Hälfte der Einnahmen sind nach dieser Regel für wichtige Ausgaben gedacht, 30 Prozent für Dinge, die man gerne möchte, und 20 Prozent werden gespart. Wer noch kein eigenes Konto hat, kann dafür etwa drei Gefäße nutzen. Das ist ein sehr einfaches Modell. Ich habe es zum Erlernen der Ein- und Ausgabenkontrolle angewandt. Es ist entscheidend, ein Gefühl dafür zu bekommen, wie viel etwas kostet und wie viel Zeit man braucht, um es zu verdienen. Ich mache das jetzt nicht mehr, weil ich mittlerweile gelernt habe, meine Ressourcen gut einzuschätzen.

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Das sogenannte Trockenshopping, Bummeln ohne Kaufen, fand ich einen interessanten Vorschlag, um Spaß zu haben ohne Geld auszugeben. Wie sind Sie darauf gekommen?
Ich habe das als Jugendliche mit meiner besten Freundin gemacht. Wir sind in Läden gegangen, die wir uns nicht leisten konnten. Die Verlockungen sind vielfältig, wenn man durch die Stadt bummelt. An jeder Ecke schreit etwas: „Kauf mich!“ Wir haben damals viel anprobiert und diskutiert, aber nichts gekauft. Für die Einzelhändler war das sicher eine Zumutung, aber wir haben die Sachen immer vorsichtig behandelt und wieder zurückgehängt.

Jetzt haben Sie bereits seit längerem ein Wertpapierdepot. Verraten Sie mal, was drinsteckt.
Ich habe ein breit gestreutes Depot mit einem ETF auf die Haupt- und einem auf die Nebenwerte im MSCI World. Zudem habe ich einen Schwellenländer-ETF und auch Technologieaktien. Die laufen gerade nicht gut, aber das ist eine Phase, ich bin sicher, es geht wieder aufwärts. Ich habe auch einen japanischen Nikkei-ETF, ein paar Branchen-ETFs mit Wasserreinigung und erneuerbaren Energie sowie Fonds, die auf Geschlechtergleichheit achten.

Wie oft schauen Sie sich das Depot an?
Ich gucke nur ein paar Mal im Jahr hinein. Es hat für mich viel mit Lebensqualität zu tun, dass ich weiß, ich habe eine gute Entscheidung getroffen und mein Vermögensaufbau läuft nahezu automatisch. Ich kann mich jetzt darauf konzentrieren, mein aktuelles Einkommen zu erhöhen.

Sie geben in Ihrem Buch auch Tipps fürs eigene Business. Hatten Sie selbst ein Vorbild?
Meine Mutter war niedergelassene Ärztin, und sie hat ihre Unabhängigkeit immer betont. Dadurch habe ich hautnah miterlebt, welche Verantwortung die Selbständigkeit bedeutete, aber auch: welche Freiheit. Mir wurde zudem schnell klar, dass man als Festangestellte nur in wenigen Berufen so viel verdient, dass man eine gute Rente aufbauen kann.

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Wie ging die Sache mit dem Ehevertrag aus?
Den habe ich nie unterschrieben, auf Ehe und den Verlobten verzichtet, dafür aber mein eigenes Depot aufgebaut.

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