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Fondsmanager-Gipfel Ratlose Geldelite

Die Schuldenkrise macht selbst erfahrene Börsianer ratlos. In ihrer Not rufen auch sie nun nach der Notenpresse. Wer ihnen zuhört, dem bleibt nur eins: Galgenhumor.

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Peter E. Huber, Jens Ehrhardt, Eckhard Sauren, Christoph Bruns und Klaus Kaldemorgen (v.l.nr.) beim

Köln Die besten Geldmanager, alle seit mehreren Jahrzehnten im Geschäft, jeder verwaltet Milliarden – und keiner weiß eine überzeugende Antwort. Wie sollen wir aus der Schuldenkrise wieder rauskommen? Das Einzige, was den Experten - Klaus Kaldemorgen, Jens Ehrhardt, Christoph Bruns und Peter E. Huber – beim „Sauren Fondsmanagergipfel“ in Köln darauf entgegnen: Die Europäische Zentralbank muss Geld drucken. Sie soll Anleihen der Schuldenstaaten aufkaufen, die Märkte beruhigen und den endgültigen Kollaps noch ein wenig aufschieben.

„Mir fällt nichts Besseres ein“, gibt Kaldemorgen zu. Er stand lange an der Spitze der DWS, Deutschlands größter Fondsgesellschaft. Jetzt schaut Kaldemorgen ein wenig hilflos drein. „Entweder die EZB kauft die Schulden auf oder die Staaten zahlen die Schulden nicht zurück“, sagt er. Eine Wahl zwischen Pest und Cholera sei das.

Der Moderator, Eckhard Sauren, der gleichzeitig auch Ausrichter der Veranstaltung ist, fragt in die Runde: „Fällt niemandem etwas Besseres ein?“ Der spöttisch, scherzende Unterton ist dabei nicht zu überhören. Das Publikum lacht. Galgenhumor nennt man das wohl.

Die Schuldenkrise frisst sich quer durch ganz Europa. Es geht längst nicht mehr allein um Griechenland, Portugal oder Irland. Es geht ums Ganze. Italien und Spanien haben es immer schwerer, sich an den Märkten mit Kredit zu versorgen. Selbst Frankreich, die Niederlande oder Österreich müssen mit ansehen, wie die Zinsen ihrer Anleihen klettern. Nur die Bundesrepublik genießt uneingeschränktes Vertrauen bei den Anlegern - noch. „Das ist an Dramatik nicht zu überbieten“, sagt Peter E. Huber, Chefvolkswirt der Vermögensverwaltung Starcapital. Schließlich seien alle westlichen Industriestaaten betroffen. Kaldemorgen ergänzt: „Die Grenzen der Staatsverschuldung sind definitiv erreicht.“

Ein Streitgespräch sollte es werden, so war es auf der Internetseite des Veranstalters angekündigt. Der Einzige, der ein wenig auf Krawall gebürstet ist, ist Christoph Bruns von der Loys AG. „Wir haben als Experten auch versagt“, sagt er. Streit liegt ansonsten nicht wirklich nicht in der Luft, stattdessen einstimmige Ratlosigkeit.


Die "einzig sinnvolle Alternative" für Anleger

„Ich weiß gar nicht, wo am Ende der Exit sein soll“, sagt Jens Ehrhardt, Vermögensverwalter aus München. Auch er fordert: Die EZB muss kaufen – auch wenn die steigende Geldmenge die Inflation anheizt. Ein bisschen Inflation sei in Ordnung, sagt Ehrhardt, nur nicht zu viel. „Das ist wie mit dem Rauschgift: Ein bisschen ist mal ganz nett. Aber auf die Dauer wird man abhängig.“ Dazu muss man wissen: In der Branche redet man normalerweise nicht so. Inflation ist sozusagen der natürliche Feind eines jeden Vermögensverwalters. Aber was ist in diesen Zeiten schon normal. Die Alternative ist offenbar noch schlimmer.

Huber hält ein wenig dagegen. Das Schuldenproblem werde nicht durch immer neue Schulden gelöst, sagt er. „Man gewinnt Zeit, macht die Sache aber schlimmer.“ Huber plädiert für eine seriöse Finanzpolitik (Schuldenbremse, Konsolidierung), an die sich alle Euro-Länder halten sollten. Das klingt gut, nur hilft das in der akuten Krise kaum weiter, dafür ist es in einigen Schuldenstaaten schon zu spät.

Natürlich ist es eine undankbare Aufgabe - eine Lösung für eine Krise präsentieren, die unlösbar scheint. Aber immerhin zählen die Herren zur Elite unter den deutschen Fondsmanagern und Vermögensverwaltern. Wenn die nicht wissen, was zu tun ist, wer dann?

„Ich gehöre nicht zu den Defätisten“, sagt Bruns. „Wir bezahlen durch Inflation, das ist möglich. Wir bekommen auf lange Sicht niedrige Zinsen, schön ist das nicht. Aber soll man deshalb den Kopf in den Sand stecken?“ Bruns lebt inzwischen in den USA. Die Mentalität der Amerikaner – immer optimistisch – hat es ihm angetan. Sein Rezept gegen die Krise: „Die Beteiligung an einem Unternehmen ist das klügste, was man machen kann. Wir nennen es Aktie, auch wenn der Begriff in unserem Vaterland nicht sehr beliebt ist“, sagt Bruns. Die Aktie sei „die einzig sinnvolle Alternative“.


Gold - jetzt kaufen oder nicht?

Die anderen drei stimmen zu, wenn auch nicht ganz so enthusiastisch. Die Anleger sollten „mal wieder einen Blick auf die Aktie werfen“, findet auch Kaldemorgen, wendet aber ein, dass sich das kaum vermitteln ließe. Der deutsche Sparer scheut nichts mehr als das Risiko – statt in Aktien steckt er sein Geld lieber in Bundesanleihen, auch wenn deren Rendite nicht mal die Inflation ausgleicht. „Die Deutschen haben Angst, nominal Geld zu verlieren. Dass sie real Geld verlieren, scheint ihnen egal zu sein“, sagt Kaldemorgen.

Peter E. Huber zählt zu den besonnenen Fondsmanagern. Auch er rät zum Aktienkauf, aber noch nicht sofort: „Ich kaufe ganz gerne in der Rezession, wenn die Unternehmensgewinne schlecht ausfallen. Ich würde noch etwas warten und dann preiswert einkaufen.“ Vorübergehend parkt er das Geld in Unternehmensanleihen.

Bei Gold sind sich die vier Experten weniger einig. Für die einen ist der Goldpreis schon zu stark gestiegen (Huber, Bruns), ein anderer setzt nach wie vor auf Gold (Ehrhardt), schließlich habe das Edelmetall über Jahrtausende seinen Wert erhalten. „Im alten Rom haben sie für eine Unze Gold eine Toga bekommen, heute bekommen sie dafür einen Anzug“, sagt Ehrhardt. „Eher vier Anzüge“, erwidert Huber. Ehrhardt scherzt: „Das kommt auf die Marke an“.

Die Nöte und Sorgen der großen Fondsmanager – letztlich sind es dieselben, die jeden Kleinanleger umtreiben. Und mehr Ahnung, wie es weitergehen soll, scheinen die Experten auch nicht zu haben. Das ist – ganz ohne Häme – die bittere Erkenntnis des Tages.

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