
Die Finanzkrise war nicht für alle Banken schlimm. Die Sparkassen und Volksbanken etwa galten jahrelang als staubig und langweilig. Aber mit der Lehman-Pleite im Jahr 2007 und dem Bekanntwerden immer neuer Skandale über die Zockermentalität in den Investmentbanken sowie immense Bestände an Ramschhypotheken in den Bankbilanzen konnten die genossenschaftlichen Institute bei den Kunden wieder punkten. Ihre solide Einlagensicherung, ihr vergleichsweise langweiliges Image und die große Kundennähe im Filialgeschäft kamen mit einem Mal wieder prima an. Wegen ihrer konservativen Geschäftspolitik waren sie als Hort der Stabilität wieder hoch geschätzt.
Die in Krisenzeiten erworbenen Pluspunkte könnten zumindest einige Sparkassen nun wieder einbüßen. Denn wie das Handelsblatt exklusiv berichtet, haben die Sparkassen in den Jahren 2002 bis 2008 Kunden gegen hohe Provisionen in hochriskante und letztlich auch ethisch fragwürdige Anlagevehikel getrieben: Lebensversicherungsfonds.





Geschäft mit dem Tod
Diese Fonds erwirtschaften – wie der Name schon nahelegt – ihre Renditen mit Lebensversicherungen. Dazu übernehmen sie die Lebensversicherungspolicen von Versicherten noch während der Laufzeit. Dafür zahlen sie dem Vorbesitzer etwas mehr als den Rückkaufwert, den der Sparer selbst von der Versicherung erhalten würde. Die Fonds werden so die Begünstigten des Vertrags und müssen weiter die Versicherungsprämien zahlen. Die Fonds verdienen, wenn der angesparte Vertrag gut verzinst zur Auszahlung kommt – was insbesondere für alte Lebensversicherungspolicen mit hohem Garantiezins gilt. Entweder die Lebensversicherung zahlt am Ende der Laufzeit die angesparte Summe aus oder der Versicherte verstirbt vor dem Laufzeitende und der Fonds kassiert die Versicherungssumme. Bei vielen Versicherungen angelsächsischer Prägung ist der „Erlebensfall“, also die Ausschüttung nach Vertragsablauf, gar nicht vorgesehen. Weil die Lebensversicherungsfonds umso mehr Rendite erwirtschaften, je früher der Versicherte stirbt – die Fonds sparen sich so die fortgesetzten Prämienzahlungen - , sind diese Anlagevehikel auch als „Todeswetten“ verschrien.
Die wichtigsten Fondstypen im Überblick
Wie der Name schon sagt, legen diese Investmentfonds in Aktien an. Aufgrund der breiten Anlagestreuung ist ein Investment in Aktienfonds weniger risikoreich als eine Direktanlage in Einzeltitel. Aktienfonds haben spezielle Anlageschwerpunkte – etwa bestimmte Branchen, Länder, Regionen oder Anlagestile.
Dieser Investmentfonds – auch Exchange Traded Funds (kurz ETF) genannt – bildet einen Index wie beispielsweise den Dax eins zu eins nach. Die Zusammensetzung dieses Fonds verändert sich nur, wenn sich die Zusammensetzung des zugrunde liegenden Index verändert. Deshalb spricht man von einem passiven Investment. ETFs können fortlaufend über die Börse gehandelt werden. Ihre Verwaltungsgebühren sind sehr gering, Ausgabeaufschläge wie bei „aktiv“ gemanagten Fonds entfallen.
Für die kurzfristige Anlage eignen sich vor allem Geldmarktfonds. Sie investieren in Geldmarktinstrumente wie beispielsweise Festgeld und kurz laufende, festverzinsliche Wertpapiere. Die Kursschwankungen dieser Fonds sind gering, die Renditeaussichten allerdings auch.
Offene Immobilienfonds legen das Geld der Anleger in Grundstücken, Erbbaurechten und Beteiligungen an Büro- und Geschäftsimmobilien an. Anleger profitieren von den Miet- und Zinseinnahmen sowie den Wertsteigerungen der Immobilien. Die Anzahl der ausgegebenen Anteile ist anders als bei geschlossenen Immobilienfonds nicht begrenzt.
Sogenannte Lebenszyklusfonds sind im Grunde Mischfonds mit einem bestimmten Anlageziel beziehungsweise -horizont. Die Lebenszyklusfonds haben eine feste Laufzeit, gegen Ende dieses Zeitraums – das können 20, 25 oder 30 Jahre sein – schichtet das Fondsmanagement schrittweise von Aktien in Anleihen um, um das Kapital und die angefallenen Kursgewinne zu sichern.
Diese Fonds legen in Aktien und Anleihen an. Der Fondsmanager kann so in stagnierenden oder fallenden Märkten verzinsliche Wertpapiere übergewichten, bei steigenden Akteinkursen den Anlageschwerpunkt aber wieder verlagern. Das Ziel: einen höheren Ertrag als reine Rentenfonds zu erzielen und beim Risiko niedriger als bei einem Aktienfonds zu liegen. Der typische Aktienanteil liegt zwischen 30 und 70 Prozent – je nach Geschmack der Anleger.
Rentenfonds investieren ausschließlich oder überwiegend in festverzinsliche Wertpapiere wie Pfandbriefe, Kommunalobligationen oder Länder- beziehungsweise Unternehmensanleihen. Da regelmäßig Erträge in Form von Zinszahlungen anfallen, bieten Rentenfonds in der Regel stetige Erträge.
Das Makabre am Fall der Sparkassen: Offenbar haben sie die Lebensversicherungsfonds den Kunden als grundsolide und sehr sichere Geldanlage angepriesen, die Risiken verschwiegen und auch auf die hohen Provisionen von bis zu acht Prozent der Anlagesumme für die Bankberater bei Geschäftsabschluss nicht hingewiesen. Die Fonds erzielten jedoch bei weitem nicht immer die in Aussicht gestellten Renditen. Schon 2009 brach der Markt für Lebensversicherungsfonds ein, weil die aus den Versicherungspolicen erwarteten Überschussbeteiligungen deutlich sanken. Einzelne Fonds verzeichnen daher nach Handelsblatt-Recherchen Verluste von bis zu 27 Prozent. US-Lebensversicherungen, die nur im Todesfall zahlen, haben beispielsweise die Lebenserwartung der Versicherten unrealistisch niedrig geschätzt, so dass die Renditeprognosen nicht aufgingen. Selbst ein Totalverlust der Lebensversicherungsfonds ist für den Fall einer Fondspleite nicht ausgeschlossen.