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Gbureks Geld-Geklimper

Anlageberatung ist ein Märchen

Manfred Gburek Freier Finanzjournalist

Die Bürokratie stellt die Finanzbranche vor große Herausforderungen und kostet viel Geld. Anleger, die sich an den Kosten nicht beteiligen und erfolgreich sein wollen, sind geradezu gezwungen, auf Beratung zu verzichten.

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Die beliebtesten Geldanlagen der Deutschen
Platz 6: Unternehmensanleihen6000 von 100.000 Euro würden die Deutschen noch in Unternehmensanleihen stecken, also 6 Prozent. Für die meisten Bundesbürger kommt ein solches Investment nicht infrage: 67 Prozent würden nicht ihr Geld nicht in Firmenanleihen anlegen. Quelle: imago images
Mehr als die Hälfte der Befragten können sich die Anlage in Staatsanleihen nicht vorstellen: 60 Prozent lehnen dies laut Umfrage ab. Quelle: dpa
5. Platz: StaatsanleihenZu hohes Risiko: Nur 9 Prozent von 100.000 Euro würden die Deutschen in Staatsanleihen anlegen. Quelle: dpa
Knapp zwei Drittel der Deutschen lehnt dankend ab: 63 Prozent würden kein Geld in Fonds anlegen. Quelle: dpa
Platz 4: FondsFonds als Anlage erwägen nur wenige Deutsche: 10 Prozent von 100.000 Euro würden die Befragten in Fonds stecken. Quelle: dpa
Vielen Bundesbürgern sind Aktien aber zu risikoreich: 48 Prozent der Deutschen schließen die Wertpapiere als Anlage aus. Quelle: dpa
3. Platz: AktienFür Aktien haben viele Deutsche nichts übrig: 14 Prozent von 100.000 Euro würden die Befragten in Wertpapiere investieren. Quelle: dpa

Sparer, Anleger, Altersvorsorger, ja alle, die mit ihrem Geld verantwortungsvoll umgehen wollen, müssen radikal umdenken, indem sie ihre Finanzen endlich selbst in die Hand nehmen. Denn was da von außen auf sie zukommt, ist unerträglich: Aus Brüssel, Berlin, Paris, Basel, Madrid, Frankfurt, London und sogar aus den USA – in dieser Reihenfolge – droht eine riesige Welle der Regulierung, die alle Bereiche der Geldanlage erfasst. Sie degradiert überforderte Anlageberater und sonstige Vermittler von Geldanlagen zu Statisten, die einer gigantischen Bürokratie, mächtigen Lobbyisten und immer stärker in den Vordergrund rückenden Begriffen aus der angelsächsischen Finanzwelt ausgeliefert sind.

Früher brauchte ich mir nur alle drei bis vier Jahre die „Beck-Texte im dtv“ zu besorgen, um bei den für Finanzen wichtigen Gesetzten à jour zu bleiben. Und heute? Allein in diesem Jahr sind aktualisiert erschienen: Europa-Recht in 26. Auflage mit 755 Seiten, Kapitalmarktrecht in 2. Auflage mit 825 Seiten und als Krönung des Ganzen Bankrecht in 42. Auflage mit 1533 Seiten. Das macht zusammen 3113 engstens bedruckte Seiten. Welcher Berater soll da noch den Überblick behalten?

Berater sind zum Scheitern verurteilt

Wollen Kunden einen professionellen, auf ihre persönlichen Geldziele zugeschnittenen Rat bekommen, sind sie folglich bei Beratern an der falschen Adresse. Und weil ihnen auch sonst kaum jemand helfen kann, sind sie zur Eigenregie für ihre Finanzen gezwungen. Für die Abwicklung nehmen sie dann einfach eine kostengünstige Direktbank und Direktversicherung, basta.

So sieht die Geldanlage der Deutschen aus

Die Frage, die sich hier aufdrängt: Können Unternehmer, Ingenieure, Architekten, Rechtsanwälte, Lehrer, Apotheker, Human- und Veterinärmediziner mit 3113 bedruckten Seiten professioneller umgehen als die Leute aus den Banken und Sparkassen? In der Regel natürlich nicht, aber weniger professionell auch nicht. Denn sie wissen über ihre Finanzen einschließlich der eigenen Geldziele, über ihre Konten, Depots, Steuern, Versicherungen und Kredite viel besser Bescheid als jegliche Berater. Daraus lässt sich im trauten Familienkreis durchaus ein individuelles Finanzkonzept erstellen.

Zu dessen Realisierung können Berater zwar theoretisch von Nutzen sein, aber in der Geldpraxis sind sie zum Scheitern verurteilt, und zwar aus einem einfachen Grund: Sie müssen sich mehr um ihre eigene juristische Absicherung und die ihrer Bank oder Sparkasse kümmern als um die Belange der Kunden. Das haben sie nun von Beratungsprotokollen, Produktinformationsblättern (im Volksmund Beipackzettel genannt) und weiteren bürokratischen Hürden.

Hinzu kommt, dass Banken und Sparkassen sich in einem derart radikalen, die Kosten treibenden Umbruch befinden, dass sie dringend Personal einsparen müssen. Viele Filialen rentieren sich nicht mehr, Niedrigstzinsen zehren am Kreditgeschäft, die Kosten für Software laufen davon, und die sogenannten Fintechs rollen die Branche über den Zahlungsverkehr auf. Sogar die Deutsche Bank, einst Paradebeispiel für eine erfolgreiche Universalbank, muss sich - wieder einmal - neu erfinden.

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