




Sparer, Anleger, Altersvorsorger, ja alle, die mit ihrem Geld verantwortungsvoll umgehen wollen, müssen radikal umdenken, indem sie ihre Finanzen endlich selbst in die Hand nehmen. Denn was da von außen auf sie zukommt, ist unerträglich: Aus Brüssel, Berlin, Paris, Basel, Madrid, Frankfurt, London und sogar aus den USA – in dieser Reihenfolge – droht eine riesige Welle der Regulierung, die alle Bereiche der Geldanlage erfasst. Sie degradiert überforderte Anlageberater und sonstige Vermittler von Geldanlagen zu Statisten, die einer gigantischen Bürokratie, mächtigen Lobbyisten und immer stärker in den Vordergrund rückenden Begriffen aus der angelsächsischen Finanzwelt ausgeliefert sind.
Früher brauchte ich mir nur alle drei bis vier Jahre die „Beck-Texte im dtv“ zu besorgen, um bei den für Finanzen wichtigen Gesetzten à jour zu bleiben. Und heute? Allein in diesem Jahr sind aktualisiert erschienen: Europa-Recht in 26. Auflage mit 755 Seiten, Kapitalmarktrecht in 2. Auflage mit 825 Seiten und als Krönung des Ganzen Bankrecht in 42. Auflage mit 1533 Seiten. Das macht zusammen 3113 engstens bedruckte Seiten. Welcher Berater soll da noch den Überblick behalten?
Berater sind zum Scheitern verurteilt
Wollen Kunden einen professionellen, auf ihre persönlichen Geldziele zugeschnittenen Rat bekommen, sind sie folglich bei Beratern an der falschen Adresse. Und weil ihnen auch sonst kaum jemand helfen kann, sind sie zur Eigenregie für ihre Finanzen gezwungen. Für die Abwicklung nehmen sie dann einfach eine kostengünstige Direktbank und Direktversicherung, basta.
So sieht die Geldanlage der Deutschen aus
35 Prozent der Deutschen haben eine Lebensversicherung abgeschlossen.
Fast ebenso viele, nämlich 32 Prozent, besitzen einen Bausparvertrag oder Bausparplan.
In Deutschland besitzen 29 Prozent der Bürger ein Tagesgeldkonto.
Ebenso viele, nämlich 29 Prozent, sehen ihre Immobilie als Geldanlage an.
20 Prozent besitzen Fondsanteile, 17 Prozent Festgeld/Termingeld und 12 Prozent Aktien.
Deutlich geringer ist dagegen der Anteil der Edelmetallbesitzer: sieben Prozent haben in Goldbarren oder -münzen investiert und vier Prozent zählen Silberbarren oder -münzen zu ihrem Besitz.
Sechs Prozent sehen ihre Antiquitäten (z. B. einen sehr alten Schrank) als Geldanlage und vier Prozent besitzen wertvolle Kunstgegenstände.
Jeweils zwei Prozent haben Geld in Anleihen bzw. Zertifikate angelegt.
Die Frage, die sich hier aufdrängt: Können Unternehmer, Ingenieure, Architekten, Rechtsanwälte, Lehrer, Apotheker, Human- und Veterinärmediziner mit 3113 bedruckten Seiten professioneller umgehen als die Leute aus den Banken und Sparkassen? In der Regel natürlich nicht, aber weniger professionell auch nicht. Denn sie wissen über ihre Finanzen einschließlich der eigenen Geldziele, über ihre Konten, Depots, Steuern, Versicherungen und Kredite viel besser Bescheid als jegliche Berater. Daraus lässt sich im trauten Familienkreis durchaus ein individuelles Finanzkonzept erstellen.
Zu dessen Realisierung können Berater zwar theoretisch von Nutzen sein, aber in der Geldpraxis sind sie zum Scheitern verurteilt, und zwar aus einem einfachen Grund: Sie müssen sich mehr um ihre eigene juristische Absicherung und die ihrer Bank oder Sparkasse kümmern als um die Belange der Kunden. Das haben sie nun von Beratungsprotokollen, Produktinformationsblättern (im Volksmund Beipackzettel genannt) und weiteren bürokratischen Hürden.
Hinzu kommt, dass Banken und Sparkassen sich in einem derart radikalen, die Kosten treibenden Umbruch befinden, dass sie dringend Personal einsparen müssen. Viele Filialen rentieren sich nicht mehr, Niedrigstzinsen zehren am Kreditgeschäft, die Kosten für Software laufen davon, und die sogenannten Fintechs rollen die Branche über den Zahlungsverkehr auf. Sogar die Deutsche Bank, einst Paradebeispiel für eine erfolgreiche Universalbank, muss sich - wieder einmal - neu erfinden.