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Gbureks Geld-Geklimper

Was Anleger aus der NSA-Affäre lernen können

Manfred Gburek Freier Finanzjournalist

Die NSA-Affäre hat Konsequenzen auch für Börsianer. In erster Linie sogar positive, denn Chartisten wie Fundamentalisten können auf Umwegen von ihr profitieren.

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Schild "Bundesnachrichtendienst" Quelle: AP
Schilder US. Cyber Command, National Security Agency, Central Security Service Quelle: dpa
Ein Mann mit Fotoapparat Quelle: Fotolia
Kabel Quelle: dpa
Eine Frau telefoniert mit einem Telefon Quelle: obs
Ein E-Mail-Symbol Quelle: dpa
Bildcollage zum Thema Telekommunikation Quelle: dpa

Erst zwei erschütternde Zahlen, dann eine bedenkliche Erkenntnis: „500 Millionen E-Mails, Telefonate, SMS und mehr überwacht der US-Militärgeheimdienst NSA allein in Deutschland Monat für Monat. 4,2 Milliarden Euro Schaden verursachte Industriespionage im vergangenen Jahr in Deutschland. Jedes fünfte Unternehmen war davon betroffen. Spione können E-Mails so leicht mitlesen wie Postkarten.“ Die Zitate entstammen der Wirtschaftswoche vom 8. Juli dieses Jahres, geradezu ein Kontrastprogramm zum damals unerträglichen Herumlavieren der Minister Hans-Peter Friedrich und Ronald Pofalla, die es sich inzwischen zwar anders überlegt haben, aber dadurch um keinen Deut glaubwürdiger wirken.

Dass die NSA-Lauschangriffe nun zum weltweiten Politikum geworden sind, ist eine Sache, was Anleger aus ihnen lernen können, eine andere. Mittlerweile zeigen Hacker uns ja schon vielfach zur besten Sendezeit im Fernsehen, welche mehr oder weniger intimen Daten anderer Menschen sie per Knopfdruck herausbekommen. Zum Ausspionieren von PIN und TAN ist es dann nicht mehr weit, zum Erschnüffeln elektronischer Postkarten auch nicht – und damit zu einer weiteren Erkenntnis: Was auch immer Vermögensverwalter und Fondsmanager, Großspekulanten und Algotrader kaufen oder verkaufen, kann nicht lange verborgen bleiben. Daraus folgt: Aktionen und Reaktionen an der Börse finden in einer immer schneller werdenden Abfolge statt, ja sie verschmelzen miteinander und entwickeln sich so zu einem gigantischen Spiel.

Das sind die Lieblinge der Anleger
Platz 20: Thyssen-KruppDem Traditionsunternehmen aus Essen stehen schwere Zeiten bevor. Noch immer quält sich Thyssen-Krupp mit dem Stahlwerk in Brasilien herum. Der Verkauf ist schon seit Monaten geplant, einen richtigen Käufer haben sie bisher aber nicht gefunden. Wie schwer die Verluste des Stahlwerks auf dem Konzern lasten, zeigt ein Blick auf die Zahlen: Statt der geplanten 1,9 Milliarden Euro musste Thyssen-Krupp satte acht Milliarden Euro für den Bau des Werks hinblättern. Der Aktienkurs ging im August auf Talfahrt. Über sechs Prozent verlor das Papier. An der Stuttgarter Börsen betrugen die Umsätze im vergangenen Monat rund 10,4 Millionen Euro. Quelle: dpa
Platz 19: Nikkei-225Die aggressive Geldpolitik in Japan hat den Blick der Anleger auf den japanischen Auswahlindex Nikkei-225 gerichtet. Premierminister Shinzo Abe hat der seit über zwei Dekaden andauernden Deflationsspirale den Kampf angesagt. Seine Mittel sind zwar nicht neu, billiges Geld der Bank of Japan soll für den nötigen Impuls sorgen, allerdings gibt es erste Anzeichen einer Erholung der japanischen Wirtschaft. Für risikoorientierte Anleger bietet der japanische Aktienmarkt attraktive Anlagemöglichkeiten. Dementsprechend hoch fielen die Umsätze im August aus. Für rund 12,1 Millionen wechselten Nikkei-Zertifikate den Besitzer. Den Großteil machten Index-Produkte aus. Quelle: dpa
Platz 18: ShortDax x8 TR IndexDer Index-Fonds ShortDax erhielt im August regen Zulauf. Die Umsätze betrugen in Stuttgart rund 12,3 Millionen Euro. Der Fonds wettet auf einen fallenden Dax. Steigende Kurse sorgen für Verluste. Betrachtet man den Chart des Dax, so dürften sich besonders die letzten Tage des vergangenen Monats für Anleger eines solchen Fonds gelohnt haben. Von einem Kurs von über 8400 Punkten rutschte der Dax bis unter 8100 Zähler. Auf Monatssicht sank der Leitindex um 2,7 Prozent. Quelle: dpa
Platz 17: Münchener RückDer Rückversicherer ist der weltweite Branchenführer unter den Rückversicherern. Der Kurs der Münchener Rück musste im August größere Rückschläge hinnehmen. Um knapp zehn Prozent verbilligten sich die Papiere. Der Konzern musste aufgrund der Hagelschäden und des Jahrhunderthochwassers in Deutschland große Rücklagen schaffen. Allein das Hochwasser im Sommer dürfte den Konzern über vier Milliarden Euro kosten. Für die Hagelschäden hat das Unternehmen einen Schadenswert von rund 600 Millionen Euro berechnet. Die Umsätze an der Stuttgarter Börse betrugen im vergangenen Monat 13,5 Millionen Euro. Quelle: dpa
Platz 16: AppleSeit Steve Jobs' Tod läuft es bei Apple nicht mehr so rund. Viel Häme erhielt der Konzern für seinen fehlerhaften Kartendienst. Seit Jahresanfang mussten die erfolgsverwöhnten Apple-Anleger einen Verlust von 8,4 Prozent hinnehmen. Im Hinblick auf die Vorstellung des neuen iPhones zogen die Kurse im August allerdings wieder an. Gut 5,6 Prozent konnten die Papiere zulegen. Die Umsätze an der Börse Stuttgart betrugen 13,9 Millionen Euro. Doch ein Restrisiko bleibt. Denn Apple muss liefern. Große Innovationen kommen derzeit eher von der Konkurrenz. Die Apple-Fans erwarten nichts Geringeres als eine Art „Revolution“ ähnlich der Erstvorstellung des iPhones im Jahre 2007. Quelle: dpa
Platz 15: Brent Crude Oil Future 10/2013 (ICE-Europe) USDDie mögliche Eskalation des Syrien-Konflikt hat den Ölpreis in den Fokus der Märkte rücken lassen. Syrien ist zwar ein Öl-Zwerg, allerdings könnten die Unruhen in der Region des Nahen Ostens die Lieferungen durch den Suez-Kanal beeinträchtigen. Anleger dürften deswegen zuletzt vermehrt Öl-Zertifikate nachgefragt haben. In Stuttgart wurden diese im August im Volumen von 14,2 Millionen Euro gehandelt. Quelle: dpa
Platz 14: EonDer Versorger hat mit den fallenden Strompreise zu kämpfen. Die Quartalszahlen fielen miserabel aus. Der Gewinn sank im Vergleich zum Vorjahr um satte 15 Prozent auf 5,7 Milliarden Euro. Der nachhaltige Nettoüberschuss rauschte sogar um 42 Prozent in den Keller. Auf Monatssicht gab die Eon-Aktie 5,3 Prozent nach. Die vermehrten Verkäufe ließen die Umsätze auf 15,7 Millionen Euro steigen. Quelle: dpa

Charts sind demokratisch

Wie viel von diesem Spiel bereits stattfindet, wie hoch also der Anteil der für alle Anleger sichtbaren elektronischen Postkarten an der Summe anlagerelevanter Daten ist, lässt sich nicht ermitteln; fest steht indes, dass dieser Anteil mit jedem Sprung der Informationstechnologie und so mit noch mehr Möglichkeiten zum Erschnüffeln elektronischer Postkarten zwangsläufig nach oben katapultiert wird. Besonders private Anleger, die sich weder mit Kurs-Gewinn- noch mit Kurs-Buchwert-Verhältnissen oder anderen fundamentalen Daten lange beschäftigen können, sollten sich darüber freuen. Denn sie bekommen das große Spiel ums Geld quasi auf dem silbernen Tablett serviert: Die an der Börse zu Kursen verschmelzenden Aktionen und Reaktionen der Großanleger schlagen sich in Charts aller Art nieder, von der einfachen Liniengrafik bis zur relativen Stärke einer Aktie im Vergleich zu anderen Aktien oder bis zur vielsagenden Kursreaktion nach einer Ad hoc-Mitteilung.

Charts sind im Gegensatz zu fundamentalen Daten demokratisch, das heißt, wir alle können sie täglich, stündlich oder je nach verfügbarer Zeit auch minütlich verfolgen. Welche Fakten in ihnen enthalten sind, hat zwar zu vielfachen pseudowissenschaftlichen Auseinandersetzungen unter Professoren geführt, sollte Anlegern aber egal sein. Für sie entscheidend ist der jeweilige Kurs einschließlich der Kursentwicklung in der Vergangenheit.

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