
Der Gehaltszettel eines Top-100-Profis im deutschen Fußballgeschäft ist ein schwindelerregendes Dokument. Zwei Nullen machen den Unterschied, die an der Grundvergütung hängen und an jeder Prämie, zwei Stellen bloß, die einem Normalarbeitnehmer den Atem rauben: sagen wir 230.000 Euro netto im Monat statt 2300 – was für eine Vorstellung! Einen Lamborghini könnte man sich kaufen von dem Geld, das teuerste Penthouse in München, Madrid oder Mailand mieten, sich jeden Abend in einem Sterne-Lokal bekochen lassen – und noch immer blieben 30, 40, 50 Tausend übrig, je nach Tageslust und Wochenlaune. Antonio Rüdiger lacht. „Im Profifußball wird mit Sicherheit gut bezahlt“, sagt der vom VfB Stuttgart gegenwärtig an den AS Rom ausgeliehene Nationalspieler. Aber „man muss sich klar sein, dass die Fußballerkarriere sehr schnell zu Ende sein kann“.





Das Ziel: In kürzester Zeit für den Rest des Lebens vorsorgen
Für einen Vermögensverwalter gibt es daher kaum anspruchsvollere Kunden als Profifußballer. Anders als bei Bankern, Managern und Unternehmern, aber auch vielen Pop-, Film-, Medienstars und Erben, ist das Gehalt von Sportlern sehr früh und sehr plötzlich enorm – und das Zeitfenster für den Vermögensaufbau sehr klein. Wie die meisten seiner Branchenkollegen möchte auch Antonio Rüdiger „in einem begrenzten Zeitraum genügend Reserven schaffen“, um „eine finanzielle Basis für das Leben nach dem Sport“ zu haben. „Finanzielle Unabhängigkeit“ und „Sorgenfreiheit“ – das sind die Ziele, die der 23-Jährige in den nächsten sieben, acht Jahren erreicht haben will. Natürlich, einigen Profis gelingt eine zweite Karriere am Spielfeldrand, als Trainer, Manager oder Moderator. Aber andere müssen im Dschungelcamp anheuern. Etwa jeder vierte Profi sei am Ende seiner Karriere pleite oder überschuldet, warnte die Vereinigung der Vertragsfußballspieler, eine Art Spielergewerkschaft, vor einigen Jahren.
Ihnen mangelt es an Glück, Kompetenz oder guten Beratern. „Unseren Mandanten dabei helfen, dass Arbeit optional für sie wird“, sagt Roman Enders, Geschäftsführer der Vermögensberatung Freymund und Cie. – darum also geht es.
Viele Profis begreifen ihr Traumgehalt als „Schmerzensgeld“
Enders hat in den vergangenen drei Jahren 17 Profis aus der ersten und zweiten Bundesliga sowie 40 Personen aus dem Umfeld der Spieler – Eltern, Freunde, Trainer, Vereinsfunktionäre – befragt, um das Wertesystem seiner Mandanten noch besser kennenzulernen. Das Ergebnis der Studie: Viele Profis begreifen ihr Traumgehalt als „Schmerzensgeld“, als Kompensation für den Druck, dem sie sich ausgesetzt fühlen. Zu den wichtigsten Stressfaktoren zählen der volle Körpereinsatz und das alltägliche Risiko einer schweren Verletzung, die wöchentlichen Rauscherlebnisse im Stadion und der medial verstärkte Erfolgszwang, die Ausschaltung aller Selbstzweifel und das Gefühl, oft fordernd auftretenden Eltern, Geschwistern, Freunden und Beratern etwas zurückgeben zu müssen.
Lässt sich das Gehalt von Profifußballern rechtfertigen?
Hinzu kommt, dass die meisten Profis nicht Herr ihres (Berufs-)Lebens sind, dass andere bestimmen, wie sie zu trainieren, was sie zu essen, wann sie ins Bett zu gehen haben. Und schließlich ist eine Mannschaft keine Teameinheit, sondern ein Konkurrenzensemble, in dem es um die Verteilung und Verteidigung von Stammplätzen, Spitzengehältern und demonstrativen Konsumgütern wie Autos und Uhren geht.